# taz.de -- Präsidentschaftswahl bei der Fifa: Zahlen und anschaffen | |
> Gianni Infantino steht vor einer ungefährdeten Wiederwahl als | |
> Fifa-Präsident. Ethische Debatten sind beim Verbandskongress nicht zu | |
> erwarten. | |
Bild: Der beste Verkäufer, den die Fifa je hatte: Gianni Infantino findet sich… | |
Gianni Infantino wird der Fußballwelt erhalten bleiben. Das stand schon | |
lange vor dem Kongress des Internationalen Fußballverbands fest, der am | |
Donnerstag in der ruandischen Hauptstadt Kigali stattfindet. Die meisten | |
der 211 Mitgliedsverbände der Fifa haben längst angekündigt, für den | |
Schweizer zu stimmen, der 2016 die Nachfolge seines Landmanns Joseph S. | |
Blatter angetreten war. Als im November des Vorjahres die Frist abgelaufen | |
war, bis zu der ein Gegenkandidat benannt hätte werden können, stand fest, | |
dass [1][die Wiederwahl für Infantino] ein Spaziergang wird. | |
Das liegt vor allem an einer Zahl: 2,3 Milliarden US-Dollar. So viel Geld | |
möchte die Fifa im Vierjahreszyklus bis zur nächsten Weltmeisterschaft der | |
Männer, die 2026 in den USA, Mexiko und Kanada stattfinden wird, an die | |
Verbände ausschütten. Das sind gut 500 Millionen US-Dollar mehr als im | |
vergangenen WM-Zyklus, der mit der ertragreichen WM in Katar vergangenen | |
Dezember zu Ende gegangen ist. | |
Was die Fifa veranstaltet, lohnt sich vor allem für kleinere Verbände. Sie | |
profitieren vom Mega-Business der WM, auch wenn sie keine Chance haben, je | |
an einem großen Turnier teilzunehmen. In der Fifa singt man gerne das | |
Hohelied der „Entwicklung des Fußballs“. Als oberster Entwicklungshelfer | |
ist Infantino die Unterstützung dieser Verbände sicher, deren | |
Haupteinnahmequelle die Zahlungen aus der Fifa-Zentrale sind. | |
Ethische Diskussionen über die Missachtung von Menschenrechten in einem | |
WM-Gastgeberland, wie sie in Deutschland während der WM in Katar geführt | |
wurden, werden in Kigali kaum einen Widerhall finden. Die paar kritischen | |
Stimmen, die sich gegen Infantinos Wiederwahl ausgesprochen haben, werden | |
nicht ins Gewicht fallen. Die gibt es vor allen in Europa. Norwegens | |
Verbandschefin Lise Klaveness wird Infantino ebenso wenig wählen wie der | |
Präsident des dänischen Fußballverbands Jesper Möller. | |
Der hatte während der WM in Katar die Fantasie vieler Fifa-Kritiker | |
beflügelt, als er meinte, er könne sich einen Austritt seines Verbands aus | |
dem Internationalen Fußballverband vorstellen. Aus diesen Worten, die im | |
Zusammenhang mit dem Verbot der Fifa fielen, [2][eine bunte Kapitänsbinde | |
mit der Aufschrift „One Love“ auf dem Feld zu tragen], folgten keine Taten. | |
## Zurückhaltend kritischer DFB | |
Große moralische Zeigefingergesten sind auch vom Deutschen Fußball-Bund | |
nicht zu erwarten, auch wenn dessen Präsident Bernd Neuendorf angekündigt | |
hat, nicht für Infantino zu votieren. Er hatte zuvor Bedingungen für eine | |
mögliche Zustimmung formuliert. So habe er bei der Fifa nachgefragt, ob es | |
denn nun endlich konkrete Verbesserungen der Arbeitnehmerrechte in Katar | |
gebe oder gar einen Entschädigungsfonds, und wie es denn zu dem | |
Sponsoringvertrag gekommen sei, den die Fifa zur Frauen-WM mit | |
Saudi-Arabien abgeschlossen hat. Auch wenn er Infantino also nicht wählt, | |
persönlich wolle er ihn nicht attackieren, so Neuendorf. | |
Auch in Südamerika, wo der Kontinentalverband Conmebol zusammen mit der | |
Europäischen Fußballunion Uefa heftig und letztlich erfolgreich [3][gegen | |
eine Fußball-WM im Zweijahresrhythmus opponiert hatte], wird Infantino | |
unterstützt. Die Südamerikaner möchten wohl nicht als Oppositionelle in | |
das Rennen um die Vergabe der WM 2030 gehen. | |
Uruguay, Argentinien, Chile und Paraguay haben angekündigt, sich gemeinsam | |
für das Turnier zu bewerben. Auch Spanien, Portugal und Marokko haben | |
gerade erklärt, gemeinsam das Turnier ausrichten zu wollen. An einer | |
Bewerbungsallianz von Saudi-Arabien, Griechenland und Ägypten wird | |
ebenfalls gebastelt. | |
Dass sich die Länder um ein wahres Mega-Turnier bewerben, stand schon am | |
Dienstag vor dem Kongress fest. Da beschloss der Fifa-Rat, das | |
Leitungsgremium des Verbands, dass bei der nächsten WM 104 statt wie bisher | |
64 Spiele ausgetragen werden. Die 56 Teilnehmer sollen in zwölf | |
Vierergruppen die 32 Teilnehmer für die erste K.-o.-Runde ausspielen. Durch | |
das Aufblähen des Turniers rechnet die Fifa mit weiter steigenden | |
Einnahmen. Davon profitieren letztlich wieder die Verbände. Die können sich | |
schon auf die Einnahmen freuen, welche die Fifa mit der 2025 erstmals | |
ausgetragenen Klub-WM mit 32 Teams erwirtschaften wird. Läuft für die Fifa | |
– und für Infantino. | |
16 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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