Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Philip Roth zieht sich zurück: Es wird stiller an der Ostküste
> Der US-amerikanische Schriftsteller Philip Roth kündigt an, nie wieder
> Interviews zu geben – in einem BBC-Interview.
Bild: Eine der wichtigsten Schriftsteller der USA: Philip Roth, 81 Jahre alt, v…
Mit dem Roman „Nemesis“ beendete der US-amerikanische Autor Philip Roth
2010 seine Karriere als Schriftsteller. Jetzt hat er in einer
BBC-Dokumentation angekündigt, sich ganz aus der Öffentlichkeit
zurückzuziehen. Für die Reihe „Imagine“ gab er dem Journalisten Alan Yent…
ein Interview, das sein letztes sein soll.
Welche Bedeutung er für seine Leser und seine Leserinnen hat, zeigt das
Filmporträt ganz am Anfang. Ein Reisebus fährt durch Roth' Heimatort
Newark, New Jersey, es wird aus Romanen gelesen, und eine Reiseleiterin
zeigt Roth' alte Schule und die Orte, die ihm als Kind und Jugendlicher
wichtig waren.
Die Nachbarschaft nämlich war für Roth die erste Inspirationsquelle. Seine
Geschichten drehen sich häufig um das kleinbürgerliche,
amerikanisch-jüdische Milieu, das er gut kennt.
Im Interview mit Alan Yentob erzählt er davon, wie er als Kind einen
Einblick in das Leben seiner Nachbarn bekommen hat: „Da haben zwölf,
dreizehn Menschen in einem Haus gelebt. Das heißt, allein in meiner Straße
wohnten 500 Leute. Als Kind hatte man überall Zutritt, in die Küche, die
Badezimmer, die Schlafzimmer, man hat ja auch ständig bei Freunden
übernachtet.“
## Ewiger Anwärter für den Literaturnobelpreis
So war es für ihn nur logisch, seine ersten Werke aus der Sicht eines
jungen Menschen zu schreiben. Seine Beschreibungen erster sexueller
Erfahrungen, Masturbation eingeschlossen, wurden von Konservativen als
Tabubruch bezeichnet und von den Literaturkritikern anfangs als zu profan
abgetan. Sein Debüt „Goodbye, Columbus“ bekam trotzdem 1960 den „National
Book Award“, eine der höchsten US-amerikanischen literarischen
Auszeichnungen, auf die noch viele weitere renommierte Preise folgen
sollten – nur nicht der Literaturnobelpreis, zu dessen Anwärtern er seit
Jahren zählt.
Roth hat seinen Lesern und Leserinnen immer wieder Rätsel aufgegeben, wie
viel von seinen Geschichten Fiktion oder Wahrheit war. Die
„Zuckerman“-Trilogie zum Beispiel begleitet den Lebensweg eines fiktiven
jüdischen Schriftstellers. „The Facts“ („Die Tatsachen“), das 1988
erschien, war dann der erste Band einer Reihe autobiografischer Fiktionen.
In „Patrimony“ (1991, „Mein Leben als Sohn“) verarbeitete Roth den
Leidensweg seines an einem Hirntumor erkrankten Vaters.
Im BBC-Interview erzählt er von dieser Erfahrung, wie er seinen Vater
täglich besuchte, ihn pflegte und abends alles aufschrieb. Daraus entstand
das Buch, das laut Roth ein ungeschöntes Porträt seines Vaters werden und
das Vergessen verhindern sollte.
## Journalistische Erdung
Roth selbst glaubt, dass ein Schriftsteller auch immer journalistisch
arbeiten muss: „Ich brauche die Fakten, Informationen und Details, um einen
Roman zu schreiben.“ So finden sich immer wieder Verweise auf das aktuelle
Zeitgeschehen, etwa in „The Human Stain“ (2000, „Der menschliche Makel“…
einem Buch, das vor dem Hintergrund der Affäre des ehemaligen
US-Präsidenten Clinton mit der Praktikantin Monica Lewinsky entstanden ist.
Dass Philip Roth sich jetzt, mit 81 Jahren, aus der Öffentlichkeit
zurückziehen möchte, ist kaum überraschend. „Ich war in der Literaturszene
berühmt, aber auch als sexuelle Person und als Verrückter“, sagt er im
Interview. Um seine Ruhe zu haben, zog er sich in ein Landhaus in
Connecticut zurück. „Wenn ich ein Projekt hatte, dann konnte ich das
nirgendwo anders beenden. Ich arbeitete am Tag, trieb ein bisschen Sport,
aß etwas, las ein Buch und ging ins Bett; all das ohne je die Verbindung zu
meiner Arbeit zu verlieren. Anders geht es nicht, denn die Arbeit
entwickelt einen gewissen Stil, einen Ton, den kann man nicht mit ein paar
Notizen wieder herauf beschwören.“
28 May 2014
## AUTOREN
Julia Brummert
## TAGS
BBC
Literatur
Literatur
US-Literatur
Roman
Literatur
## ARTIKEL ZUM THEMA
Biografie über Philip Roth: Tango tanzt hier nur einer
Blake Bailey analysiert den Schriftsteller Philip Roth in seiner Biografie
nur unzureichend. Dessen Neurosen schildert Bailey aus allzu großer Nähe.
Nachruf auf US-Autor Philip Roth: Er war nicht allen geheuer
Seine Figuren umtrieb ein Wunsch: Ein Leben, das von anderen unbeurteilt
bleibt. Philip Roth war ein Großer, dem die größte Huldigung verwehrt
blieb.
Starautor Philip Roth ist tot: Ohne Erben
Er war Realist. Philipp Roths direkter Schreibstil verhöhnte falsche
Sentimentalität oder Hoffnungen auf ein Leben nach dem Tod. Jetzt ist Roth
gestorben.
Romandebüt von Heinz Helle: Schnörkellose Gefühlsvorgänge
Wie ein Mann aufhört, seine Freundin zu lieben: Heinz Helles
Entwöhnungsroman „Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin“.
Autor will nicht mehr schreiben: Roth zurückgetreten
Philip Roth ist einer der wichtigsten US-Schriftsteller und Daueranwärter
für den Literaturnobelpreis. Nach 31 Büchern zieht er nun den
Schlussstrich.
Neue Romane von Walser und Roth: Degeneration X
Große alte Männer über das Scheitern großer alter Männer: "Exit Ghost" und
"Ein liebender Mann" sind eine Zumutung, erbärmlich und peinlich. Aber
gerade darin liegt ihr Gelingen.
Zum Tode von Norman Mailer: Patriot, Rebell und Macho
Das Weltkrieg-II-Epos "Die Nackten und die Toten" machte ihn früh berühmt.
Es folgte eine Karriere mit Starruhm und Skandalen, Machotum und Debatten,
Sex und Gewalt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.