| # taz.de -- Autor will nicht mehr schreiben: Roth zurückgetreten | |
| > Philip Roth ist einer der wichtigsten US-Schriftsteller und Daueranwärter | |
| > für den Literaturnobelpreis. Nach 31 Büchern zieht er nun den | |
| > Schlussstrich. | |
| Bild: Preisgekrönter Romanautor: Philip Roth hat keine Lust mehr zu schreiben. | |
| NEW YORK dpa | Mit 79 Jahren in den Ruhestand? Das kann man niemandem | |
| verdenken. Vor allem, wenn einer 31 Bücher geschrieben und viele wichtige | |
| Literaturpreise gewonnen hat. Dennoch überraschte Philip Roth die | |
| Literaturwelt mit der Ansage, dass er seinen Job an den Nagel hängt. | |
| Den Rückzug aus dem Literaturbetrieb hatte der bedeutende US-Literat | |
| bereits im Oktober verlauten lassen. Allerdings nicht mit einem | |
| Paukenschlag in den USA, sondern eher beiläufig in einem Interview mit dem | |
| französischen Magazin Les Inrockuptibles. „Ich habe nicht die Absicht, in | |
| den zehn nächsten Jahren zu schreiben. Um offen zu sein: Ich habe damit | |
| abgeschlossen. 'Nemesis' wird mein letztes Buch gewesen sein", sagte Roth. | |
| Erst jetzt sprach sich die Nachricht herum. Sein amerikanischer | |
| Herausgeber, Houghton Mifflin, bestätigte am Freitag dem US-Internetmagazin | |
| Salon.com die überraschende Entscheidung des Autors. „Er sagte, dies sei | |
| wahr“, teilte Verlagssprecherin Lori Glazer mit. Am Samstag stellte | |
| Salon.com prompt eine „Lobrede auf einen lebenden Mann“ ins Netz, um das | |
| Werk des Schriftstellers zu würdigen. | |
| Roth selbst nennt in dem französischen Magazin einen simplen Grund: Er hat | |
| einfach keine Lust mehr. „Ich habe mein ganzes Leben dem Roman gewidmet. | |
| Ich habe ihn studiert, ich habe ihn unterrichtet, ich habe ihn geschrieben | |
| und ich habe ihn gelesen. Dabei ist praktisch alles andere auf der Strecke | |
| geblieben. Ich empfinde nicht mehr diesen Fanatismus zu schreiben, den ich | |
| mein ganzes Leben lang gespürt haben. Die Vorstellung, noch einmal mit der | |
| Schriftstellerei konfrontiert zu sein, ist mir unmöglich.“ | |
| ## Rückkehr in die alte Heimat | |
| Sein letztes Werk, „Nemesis“, war 2011 in Deutschland erschienen. Darin | |
| kehrte der gefeierte Autor in seine alte Heimat zurück, das jüdische | |
| Viertel der Industriestadt Newark bei New York. Es ist das Jahr 1944, eine | |
| Polio-Epidemie rafft Kinder dahin und zerstört das Leben von Erwachsenen. | |
| Roth verrät Les Inrockuptibles, dass er mit 74 Jahren begonnen habe, alle | |
| seine früheren Lieblingsromane - und anschließend seine eigenen Bücher - | |
| noch einmal zu lesen. „Ich wollte wissen, ob ich meine Zeit mit dem | |
| Schreiben vergeudet habe“, sagte Roth. Er sei jedoch zu der Einsicht | |
| gekommen, dass es größtenteils ein Erfolg war. Er halte es exakt mit dem | |
| Boxer Joe Louis, resümierte der Autor. Er würde über seine Arbeit sagen: | |
| „Ich habe mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln das Beste | |
| herausgeholt.“ | |
| Schon sein erster Erzählband „Goodbye, Columbus!“ (1959) wurde mit dem | |
| National Book Award gewürdigt, einem der höchsten amerikanischen | |
| Literaturpreise. 1969 gelangte Roth mit dem Bestseller „Portnoys | |
| Beschwerden“ zu Weltruhm. Das Buch handelt von der Beichte eines | |
| sexbesessenen jüdischen Intellektuellen auf der Couch seines | |
| Psychoanalytikers. | |
| Es folgte die Roman-Trilogie „Der Ghost Writer“, „Zuckermans Befreiung“… | |
| „Die Anatomiestunde“. Für „Sabbath's Theater“ erhielt Roth 1995 seinen | |
| zweiten National Book Award, für „Amerikanisches Idyll“ den renommierten | |
| Pulitzerpreis. | |
| ## Daueranwärter auf den Literatur-Nobelpreis | |
| Nur der Literaturnobelpreis blieb dem Daueranwärter bisher verwehrt. Vor | |
| der Vergabe der diesjährigen Nobel-Ehrungen im Oktober höhnte das | |
| US-Internetmagazin Huffington Post: „Der Countdown für das jährliche | |
| Vorbeigehen an Philip Roth hat begonnen.“ | |
| Roths Geschichten sind witzig, sarkastisch, gleichzeitig melancholisch und | |
| bedrückend. Es geht oft um die Scheinmoral der amerikanischen Gesellschaft, | |
| die jüdische Familie als Brutstätte von Neurotikern und die Suche nach | |
| Glück durch sexuelle Befriedigung. Spätestens seit „Jedermann“ (2006) aber | |
| stehen Krankheit, körperlicher Verfall und Tod im Mittelpunkt seiner | |
| literarischen Reflexionen. „Das Alter ist kein Kampf; Alter ist ein | |
| Massaker“, heißt es in „Jedermann“. | |
| „Es gibt nur ein Rezept gegen das Altern: Die Verluste hinnehmen und das | |
| Beste aus dem machen, was uns noch bleibt“, verriet der Autor vor seinem | |
| 75. Geburtstag in einem Interview des US-Senders NPR. Roth lebt seit mehr | |
| als drei Jahrzehnten auf seiner Farm im ländlichen Connecticut. An diesem | |
| Platz „gibt es wenig anderes zu tun als zu schreiben“, sagt er damals. | |
| 11 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Munker | |
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