| # taz.de -- Pegida-Demonstration in Dresden: Einheiz- gegen Einheitsfront | |
| > Zur 200. Pegida-Demo sprach am Montag Björn Höcke in Dresden. Widerstand | |
| > schlug ihm dieses Mal auch aus dem Bürgertum entgegen. | |
| Bild: Bürgerliche Mitte und fröhliche Linke vereinten sich gegen diese Pegidi… | |
| Dresden taz | Bei [1][Pegida] lief zum 200. Mal die immergleiche zerkratzte | |
| Platte mit den immergleichen Drop-outs. Neu war an diesem Montagabend auf | |
| dem Dresdner Neumarkt aber die zweite Front, der sich die etwa 4.000 | |
| Apokalyptiker eines untergehenden Deutschlands gegenübersahen. | |
| Neben der auf etwa 2000 Gegendemonstranten angestiegenen Zahl linker, | |
| bunter und einfach nur tanzender Gruppen flankierte überraschend auch eine | |
| Lautsprecherbühne mit dem Motto „Demokratie braucht Rückgrat“ den | |
| Pegida-Aufmarsch. Zur Teilnahme aufgerufen hatten die Kreisverbände von CDU | |
| und FDP, Kirchen, die Jüdische Gemeinde und zahlreiche prominente | |
| Unterstützer, an der Spitze Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer | |
| (CDU). | |
| CDU-Generalsekretär Alexander Dierks verriet, dass es bereits seit längerem | |
| Sondierungen gebe, auch der viel beschworenen bürgerlichen Mitte sozusagen | |
| ein niedrigschwelliges Artikulationsangebot zu unterbreiten. Solchen | |
| potenziellen Pegida-Gegnern wolle man Berührungsängste mit einer links | |
| dominierten Gegendemonstration nehmen. Redner spielten denn auch auf das | |
| Meine-erste-Anti-Nazi-Demo-Gefühl bei vielen an. 2.500 Demonstrierende | |
| sollen es nach Veranstalterangaben gewesen sein. | |
| Dierks schloss nicht aus, dass man bei der nächsten vergleichbaren | |
| Gelegenheit mit SPD und Grünen zusammengehen werde. Die Grünen waren sogar | |
| schon zu sehen. Das größte Transparent dieser Gutbürgerdemo aber kehrte | |
| einen Spruch der damals gerade gegründeten CDU von 1946 um. | |
| „Christdemokrat*innen, bekennt Euch und kommt zur Antifa“, prangte da | |
| unwidersprochen. | |
| ## Bass machte den Rechten zu schaffen | |
| An Bekenntnisstärke hätte denn auch die Rede des stellvertretenden | |
| FDP-Kreisvorsitzenden mit jeder Antifa-Demo mithalten können. Als hätten | |
| die Freidemokraten nach dem [2][Erfurter Eklat] etwas gutzumachen, wandte | |
| sich Carsten Biesok gegen „professionelle Demagogen“, „geistige | |
| Brandstifter“ und Leute wie Björn Höcke, die mit ihrer „schrecklichen | |
| Rhetorik“ der Gesellschaft „das Krebsgeschwür der Verrohung eingepflanzt | |
| haben“. | |
| Biesok forderte die bürgerlichen Kräfte auf, „die Komfortzone zu | |
| verlassen“, weil man sich in diesem Stadium der Auseinandersetzung mit | |
| rechts nicht mehr zurückziehen könne. | |
| Solche und die ernsthaften Sätze anderer Redner wurden nur noch übertroffen | |
| von den Kommentaren zweier Sprecher der linken Demo vom Dach des | |
| Lautsprecherwagens. Bürgerliche Mitte und fröhliche Linke vereinten sich | |
| bei dieser Pegida-Selbstfeier zumindest mit den Kilowatts ihrer | |
| Verstärkeranlagen. | |
| Im Kampf um Dezibel klar unterlegen, stand sogar der dreiste | |
| Pegida-Anführer Lutz Bachmann mehrmals vor der Kapitulation: Auflösung der | |
| Versammlung und spontanen Neuanmeldung an anderem Ort. Hilferufe ergingen | |
| an die Polizei, „den Bass leiser zu stellen“. | |
| ## Höcke enttäuscht sogar die Pegida-Anhänger | |
| Die 445 eingesetzten Polizisten verfolgten an diesem vermeintlichen | |
| Pegida-Jubelabend eine riskante, aber letztlich erfolgreiche Taktik. | |
| Gegendemonstranten durften nicht nur in Hör- und Sichtweite auf dem | |
| Neumarkt protestieren. Sie rückten Pegida in „Fühlweite“ auf die Pelle, n… | |
| getrennt von einer Polizei- und Ordnerkette durch einem etwa fünf Meter | |
| breiten Korridor. | |
| Nicht anders beim sehr kurzen Pegida-„Abendspaziergang“, als die | |
| angeblichen Patrioten geradezu Spießruten durch ein Spalier rufender | |
| Gegendemonstranten laufen mussten. Das Vertrauen der Polizei lohnte sich, | |
| über verbale Attacken hinaus wurde niemand tätlich. Nur eine nicht näher | |
| bezeichnete Gruppe von 50 Personen musste laut Polizeibericht an einer | |
| Stelle mittels Reizgas zurückgedrängt werden. | |
| Gemessen am tatsächlichen Effekt des Auftritts von AfD-„Flügel“-Führer | |
| Björn Höcke hätten sich die Gegendemonstrationen kaum gelohnt. Der | |
| „künftige Kanzler der Herzen“, so ein Plakat, kam zu spät, las seine | |
| vierzigminütige Rede ab und erntete vom teils überforderten Publikum auf | |
| dem Neumarkt am Ende nur Pflichtbeifall. Die Zuhörer warteten lediglich auf | |
| Stichworte wie „Medien“ oder „Kanzlerin“, um die in fünf Jahren einge�… | |
| Antiphon „Lügenpresse“ und „Merkel muss weg“ aufzufrischen. | |
| Zwei Drittel seiner Redezeit widmete Höcke der formaldemokratischen | |
| Rechtfertigung seines [3][infamen Coups zur Vorführung der anderen | |
| Fraktionen im Thüringer Landtag.] Die Pegida-Anhänger aber hatten von den | |
| tatsächlichen Vorgängen bei der Ministerpräsidentenwahl offenbar keine | |
| Ahnung. | |
| Aus dem üblichen Lamento über die von den „Altparteien“ bedrohte Demokrat… | |
| und der Selbststilisierung als gemeinsame „Volksopposition“ von Pegida und | |
| der AfD ragten nur zwei Punkte heraus. „Deswegen werden wir diese | |
| sogenannte Zivilgesellschaft, die aus Steuergeldmillionen finanziert wird, | |
| dann leider trockenlegen müssen“, kündigte er für die Machtübernahme nach | |
| dem Endsieg an. Und Kanzlerin Merkel unterstellte er wegen ihrer | |
| Positionierung zur Thüringer Ministerpräsidentenwahl einen „Putschversuch�… | |
| Am Ende wurde per Lautsprecher das Lied der Deutschen vorgesungen. Weil das | |
| kein Pegida-Anhänger mitsingen kann, leuchteten stattdessen die | |
| Handy-Taschenlampen. Es war der einzige Lichtblick in dieser Versammlung. | |
| 18 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Bartsch | |
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