| # taz.de -- Parlamentswahl in Großbritannien: SNP räumt in Schottland ab | |
| > Die Scottish National Party kommt auf 56 Sitze. Für Labour wird die | |
| > Abstimmung zum Debakel. Die Studentin Mhairi Black zieht ins Parlament | |
| > ein. | |
| Bild: SNP-Anhängerinnen am Freitag in Aberdeen. | |
| DUBLIN taz | Der gälische Name für Schottland lautet Alba, und die Schotten | |
| haben bei den britischen Parlamentswahlen am Donnerstag ein Ergebnis | |
| abgeliefert, das an kommunistische Zeiten in Albanien erinnert.. Von den 59 | |
| Sitzen im Norden der Insel gewann die Scottish National Party (SNP) 56. | |
| Labour, Tories und Liberale Demokraten müssen sich jeweils mit nur einem | |
| Sitz begnügen. Das Ergebnis entspricht den Vorhersagen der | |
| Meinungsforscher, die Labour ein Debakel prophezeit hatten. Bis Donnerstag | |
| hatte die Partei noch 41 Abgeordnete in Schottland. | |
| Die prominentesten Opfer sind der schottische Labour-Chef Jim Murphy sowie | |
| Douglas Alexander, der in einem Labour-Kabinett als Außenminister | |
| vorgesehen war. Vor allem für Alexander war es eine demütigende Nacht, denn | |
| er wurde von der 20-jährigen Studentin Mhairi Black besiegt, die sich auf | |
| ihr Abschlussexamen an der Universität von Glasgow im Juni vorbereitet. | |
| Alexander war nicht nur der Architekt des Labour-Wahlkampfes in Schottland, | |
| sondern er hatte – zusammen mit Murphy – auch die gemeinsame Kampagne von | |
| Labour, Tories und Liberalen für ein Nein beim Unabhängigkeitsreferendum im | |
| vergangenen September geleitet. Zwar lehnten die Schotten die | |
| Unabhängigkeit ab, doch Labour wurde mitverantwortlich dafür gemacht, dass | |
| die britische Regierung bereits am Morgen nach dem Volksentscheid von ihrem | |
| Versprechen für mehr Selbstverwaltung abrückte. | |
| Hinzu kommt, dass die schottische Premierministerin Nicola Sturgeon, die | |
| das Amt im September nach Alex Salmonds Rücktritt wegen der | |
| Referendums-Niederlage übernommen hatte, die weitaus beliebteste | |
| Politikerin des Vereinigten Königreiches ist. 71 Prozent der britischen | |
| Wähler finden sie gut. Bei den Fernsehdebatten der Parteichefs spielte sie | |
| ihre Kollegen an die Wand. | |
| ## Jüngste Abgeordnete seit 1667 | |
| Mhairi Black, erst seit Juni vorigen Jahres Mitglied der SNP, ist die | |
| jüngste Unterhausabgeordnete seit 1667. Sie verwandelte Alexanders Mehrheit | |
| von über 16.000 Stimmen bei den letzten Wahlen in eine Mehrheit von gut | |
| 5.000 Stimmen für sich. Das berühmte „Swingometer“ der BBC, das seit 60 | |
| Jahren die Wählerbewegung zwischen den Parteien misst, kam mit einer | |
| solchen Massenwanderung nicht zurecht. „Die Menschen in Schottland haben | |
| gesprochen“, sagte Black nach der Wahl, „und es ist an der Zeit, dass ihre | |
| Stimme in Westminster gehört wird.“ | |
| Quelle: BBC | |
| Dafür wird Salmond sorgen. Der eloquente Ex-SNP-Chef gewann im Wahlkreis | |
| Gordon nordöstlich der britischen Ölhauptstadt Aberdeen deutlich gegen die | |
| Liberaldemokratin Christine Jardine, deren Partei den Sitz seit 25 Jahren | |
| besetzt hatte. Ob das Wahlergebnis ein Mandat für ein neues | |
| Unabhängigkeitsreferendum sei, wollte Salmond nicht beantworten. Er betonte | |
| jedoch, es sei damals seine private Meinung gewesen, dass eine solche | |
| Gelegenheit für eine Generation nicht wiederkäme. | |
| „Nicola Sturgeon hat das nie behauptet“, sagte Salmond. Es wird von den | |
| schottischen Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr abhängen. Mit diesem | |
| Wahlergebnis im Rücken kann die SNP damit rechnen, ihren Triumph dann zu | |
| wiederholen. | |
| Hätte Labour besser abgeschnitten und wäre mit Unterstützung der SNP an die | |
| Macht gekommen, hätte man wohl einige Entscheidungen mittragen müssen, die | |
| in Schottland negativ aufgenommen worden wären. So aber wird Schottland | |
| trotz Unabhängigkeit in vielen Bereichen weiterhin von den Tories regiert, | |
| die nördlich der Grenze verhasst sind. | |
| Das war nicht immer so. Die SNP kam am Donnerstag auf knapp anderthalb | |
| Millionen Stimmen. Die bisherige Bestmarke stand bei 1,3 Millionen Stimmen | |
| für eine Partei. Und das waren ausgerechnet die Tories, die den Rekord 1951 | |
| aufstellten. Anfang der siebziger Jahre bröckelte ihre Dominanz, Margaret | |
| Thatcher gab ihrer schottischen Parteisektion mit ihrer umstrittenen | |
| Kopfsteuer, die sie in Schottland ausprobierte, den Rest. Davon hat sich | |
| die Partei nie erholt. Premierminister David Cameron kann es egal sein. Es | |
| hat auch so für eine absolute Mehrheit gereicht. | |
| 8 May 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
| ## TAGS | |
| Labour | |
| SNP | |
| Parlamentswahl | |
| Schottland | |
| Großbritannien | |
| David Cameron | |
| Labour | |
| EU | |
| SNP | |
| Nigel Farage | |
| Wahl | |
| Parlamentswahl | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| EU-Austritt Großbritanniens: Keine Rücksicht mehr | |
| Traditionell hat die Queen die Regierungserklärung des konservativen | |
| Kabinetts verlesen. Die Abstimmung über den EU-Austritt des Landes ist | |
| jetzt offiziell. | |
| Nach der Wahl in Großbritannien: Opposition sucht ihre Zukunft | |
| Nach der bitteren Niederlage müssen sich die geschlagenen Parteien neu | |
| orientieren. Gegen die Tories gibt es erste Proteste. | |
| Wahl in Großbritannien: EU geht auch ohne UK | |
| Cameron regiert weiter, das Referendum zum „Brexit“ kommt. Vor einem | |
| Ausstieg darf die EU keine Angst haben. Mehr Zugständnisse wären nicht | |
| produktiv. | |
| Kommentar Wahl in Großbritannien: Briten wollen klare Verhältnisse | |
| Die Wähler haben sich für Cameron entschieden, weil sie mehr Veränderungen | |
| wollen. Gemeinsam mit der SNP muss er das Land nun umgestalten. | |
| Wahl in Großbritannien: Nigel Farage scheitert | |
| Der Rechtspopulist Nigel Farage zieht nicht ins Parlament ein. Bei der Wahl | |
| in Großbritannien erhielt seine Partei Ukip 12 Prozent der Stimmen. | |
| Wahl in Großbritannien: Cameron gewinnt deutlich | |
| Die Tories triumphieren bei der Wahl, Labour ist weit abgeschlagen. Viele | |
| schottische Nationalisten werden im Parlament sitzen. | |
| Parlamentswahl in Großbritannien: Das EU-Gespenst | |
| Europapolitik spielte bisher keine Rolle. Nach der Wahl könnte die | |
| EU-Position eine Schlüsselfrage für die Regierungsbildung werden. |