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# taz.de -- Wahl in Großbritannien: EU geht auch ohne UK
> Cameron regiert weiter, das Referendum zum „Brexit“ kommt. Vor einem
> Ausstieg darf die EU keine Angst haben. Mehr Zugständnisse wären nicht
> produktiv.
Bild: Gar kein so gruseliges Schreckensbild: Die EU ohne David Cameron.
Erdrutsch in Schottland, Überraschung in England, Schock für Europa: Diese
britische Unterhaus-Wahl wird in die Geschichte eingehen. Sie markiert den
Niedergang von Labour, den Absturz der Liberaldemokraten und den Triumph
der schottischen Nationalisten. Und natürlich den – so von niemand
erwarteten – Sieg des alten und neuen Premierministers David Cameron.
Der Tory war selbst überrascht von seiner Wiederwahl. Dass sie so deutlich
ausfiel und seiner Partei sogar die absolute Mehrheit beschert, hat sich
Cameron wohl nicht träumen lassen. Schließlich war sein Wahlkampf alles
andere als stark. Und die meisten Briten sind mit seiner Politik alles
andere als zufrieden.
Dass es am Ende doch reichte, hat vor allem zwei Gründe: Die Angst vor
„Small Britain“, die viele Wähler mit dem Aufstieg der schottischen
Nationalisten verbinden. Und der wirtschaftliche Aufschwung, der nach
Jahren der harten, unsozialen Austeritätspolitik gerade noch rechtzeitig
eingesetzt hat.
Europa hingegen spielte bei diesem Wahlkampf nur eine Nebenrolle. Weder
Labour noch die europafreundlichen Liberaldemokraten haben es geschafft,
Cameron mit EU-Themen in die Enge zu treiben. Dabei ist sein Schlingerkurs
in Sachen „continent“ sein größte Schwäche – und die größte Gefahr f…
nächsten Monate.
Quelle: BBC
Bisher haben das fast alle verdrängt: nicht nur in London, sondern auch in
Brüssel und Berlin. Schließlich stand in den letzten Wochen das griechische
Schuldendrama im Vordergrund. Alle haben über den „Grexit“ fabuliert, den
Rauswurf Griechenlands aus dem Euro, und dabei den „Brexit“ völlig
ausgeblendet. Doch das geht nun nicht mehr.
## Eine existentielle Herausforderung
Was ein Grexit für den Euro wäre, ist der Brexit für die EU: eine
existentielle Herausforderung. In Brüssel klingeln deshalb nach der Wahl in
London alle Alarmglocken. Plötzlich sind beide Gefahren real geworden. Der
Sieg Camerons könnte nämlich tatsächlich das Ende der europäischen
Integration bedeuten; aber wie so oft liegt in diesem Desaster für die
europäische Idee auch eine Chance.
Schon 2016 könnte Cameron das Referendum über den Verbleib in der EU
ansetzen. Und bisher ist nicht klar, ob er selbst sich dabei für oder gegen
Europa aussprechen wird. Wahrscheinlich versucht er es mit Erpressung:
Entweder wird die EU auf eine Freihandelszone mit britischen Sonderrechten
reduziert – oder London steigt aus.
Brüssel und Berlin wären gut beraten, sich auf diese Taktik einzustellen
und entschieden dagegen zu halten. Denn schon jetzt hat Großbritannien
viele Sonderrechte – zu viele. London ist nicht im Euro, es ist kein Teil
des Schengen-Raums. Nur für das Kapital, nicht für die Menschen, soll die
britische EU grenzenlos sein.
## Eine rote Linie aufzeigen
Cameron hat das EU-Budget geschrumpft, und er hat verhindert, dass die
Euroländer eine eigene, schlagkräftige Wirtschaftsregierung aufbauen
konnten. Zugleich hat er mit seiner Kampagne gegen bulgarische oder
rumänische Einwanderer den Fremdenhass in ganz Europa geschürt; auch Berlin
ließ sich davon anstecken.
Kommissionschef Juncker und Kanzlerin Merkel müssen sich daher mehr
einfallen lassen, als Cameron einen „fairen Deal“ anzubieten. Sie müssen
der neuen Regierung in London rote Linien aufzeigen, die nicht
überschritten werden dürfen. Und sie müssen sich darauf einstellen, das
Vereinigte Königreich ziehen zu lassen, wenn es anders nicht funktioniert.
Wie bisher geht es jedenfalls nicht weiter. Cameron muss Farbe bekennen,
Juncker und Merkel müssen es auch. Wie schon Wähler im Königreich wissen
jetzt auch sie, dass nicht der Ukip-Chef Nigel Farage – der seinen
Wahlkreis nicht gewinnen konnte – die Hauptgefahr für Europa ist, sondern
Cameron und seine Konservativen. Vielleicht kommt dabei ja am Ende ein
neuer Deal für Europa heraus – gerne mit, zur Not aber auch ohne
Großbritannien.
8 May 2015
## AUTOREN
Eric Bonse
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