# taz.de -- OpenAI in der Kritk: Transparent gewaschen | |
> Das Unternehmen hinter ChatGPT gibt sich offen – doch wenn es darauf | |
> ankommt, mangelt es an Transparenz. Das ist im KI-Zeitalter umso | |
> problematischer. | |
Bild: Je besser KI wird, desto dringender stellen sich Fragen: Wie wurde dieser… | |
Es war eine turbulente Woche für OpenAI, das Unternehmen hinter der | |
[1][KI-Anwendung ChatGPT]: Vorstellung der neuen Softwareversion, die alles | |
übertrifft, was zuvor an KI zu sehen war. Neue Kritik an dem schon | |
bekannten Problem, dass ChatGPT Quellen generiert, die nicht existieren. | |
Und mutmaßlich ein gespannter Blick nach China, wo Konkurrent Baidu mit | |
seinem Ernie Bot aber letztlich enttäuschte. | |
OpenAI lässt sich vermutlich gerade zu den bedeutendsten Unternehmen | |
weltweit zählen. Es ist eines der ersten, die das Potenzial von | |
[2][künstlicher Intelligenz (KI)] für die breite Masse an Menschen erahnbar | |
und den aktuellen Stand erfahrbar gemacht hat. Und damit zeigt: Die KI der | |
Zukunft wird mehr sein als eine Siri, die Anweisungen ständig missversteht, | |
oder die beunruhigend fehleranfällige Software eines selbstfahrenden Autos. | |
Sondern ein mächtiges, ernst zu nehmendes Werkzeug, dessen Möglichkeiten | |
und Entwicklungspotenziale wir aktuell nur erahnen können. | |
Mit der Version 4.0 von ChatGPT wird das deutlich: Es ist eine | |
[3][KI-Anwendung], die nicht entweder Wörter oder Bilder verarbeiten kann, | |
sondern beides. Eine Entwicklung hin von einer sogenannten schwachen KI, | |
die nur eine Disziplin beherrscht, zu einer zumindest etwas stärkeren. Es | |
zeigt die Potenziale, aber gleichzeitig auch, dass noch viel an Weg übrig | |
bleibt. | |
Nun ist OpenAI allerdings in einer anderen Disziplin überhaupt nicht stark. | |
Und darauf haben Expert:innen ebenfalls in der vergangenen Woche | |
hingewiesen. Da hat OpenAI seine 4er Version von ChatGPT vorgelegt – und in | |
der selben Woche auch das [4][Forschungsdokument zur Software] | |
veröffentlicht, unter dem schlichten Titel „GPT-4 Technical Report“. Darin | |
zeigt sich das Unternehmen jedoch alles andere als „open“. | |
## OpenAI total verschlossen | |
Im Gegenteil: Auf 99 Seiten erzählt es zwar viel, sagt aber wenig: | |
„Angesichts der Konkurrenzsituation und der sicherheitstechnischen | |
Implikationen von Großmodellen wie GPT-4 enthält dieser Bericht keine | |
weiteren Details über die Architektur (einschließlich der Modellgröße), die | |
Hardware, die Trainingsberechnung, Datensatzkonstruktion, Trainingsmethode | |
oder Ähnliches.“ Also genau über die interessanten Punkte. | |
Die Verschlossenheit ist eine deutliche Abkehr von den Wurzeln und dem | |
zugehörigen Namen. OpenAI – damit wollte die Firma signalisieren, dass es | |
KI-Technologien mit einem Offenheits- ja, sogar einem | |
Gemeinnützigkeitsanspruch in die Welt setzen wollte. Ein Gegengewicht zu | |
Big Tech, bei denen Verschlossenheit und Intransparenz zum Geschäftsmodell | |
dazugehören. | |
Doch Name und Anspruch von OpenAI sind nun zu einem bloßen | |
Transparenz-Washing verkommen. Sogar die Verpackung ist angepasst: Stimmen | |
aus der Open-Access-Community, die sich für einen freien Zugang zu | |
Forschungsliteratur einsetzen, weisen darauf hin, dass die Vorlage zur | |
Erstellung des Reports die gleiche ist, die auch bei | |
Open-Access-Publikationen verwendet wird. | |
## Selbst für Entwickler:innen eine Black Box | |
Das Problem geht über den konkreten Fall hinaus. Denn OpenAI setzt mit | |
seinen Entwicklungen nicht nur Standards, was die Funktionen und die | |
technische Raffinesse angeht. Sondern auch für den ethischen Umgang mit KI. | |
Und da wäre Transparenz noch mal wichtiger als bei den klassisch | |
programmierten Algorithmen. Schließlich sind KI-Anwendungen meist auch für | |
die Entwickler:innen selbst eine Black Box. | |
Während etwa bei einem herkömmlich programmierten Empfehlungsalgorithmus | |
vorhersagbar ist, mit welcher Datenbasis er zu welcher Empfehlung kommt, | |
ist das bei einer KI meist nicht der Fall. Fragen wie: Wie wurde dieser | |
Algorithmus trainiert? Mit welchen Trainingsdaten? Wo und wie haben | |
Menschen nachgeholfen?, rücken stärker in den Vordergrund. Ein bisschen | |
„ihr könnt uns vertrauen“ reicht da nicht. | |
Der [5][Deutsche Ethikrat, der am Montag eine Stellungnahme zum Thema KI | |
vorlegte], spielt das Thema eine Ebene höher: Die Autor:innen benennen | |
zwar das Spannungsfeld zwischen Geschäftsgeheimnis und Offenheit. Doch sie | |
schreiben ebenfalls: „Auch dort, wo Systeme eine Quasi-Monopolstellung | |
erlangen, sind hohe Anforderungen an Transparenz, Erklärbarkeit und | |
Nachvollziehbarkeit zu stellen.“ | |
Man kann es als Aufforderung an die Unternehmen selbst lesen. Aber vor | |
allem ist es eine Hausaufgabenliste für die Politik, KI-Anwendungen noch | |
genauer in den regulatorischen Fokus zu nehmen. Jetzt, wo langsam absehbar | |
wird, wohin es gehen könnte. | |
20 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /ChatGPT-loest-Bildungskrise-aus/!5920652 | |
[2] /KI-und-ChatGPT/!5909029 | |
[3] /KI-und-freies-Handeln/!5914333 | |
[4] https://cdn.openai.com/papers/gpt-4.pdf | |
[5] https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/ste… | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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