# taz.de -- Olympische Spiele in Paris 2024: Baden dank Olympia | |
> Paris bereitet sich auf die Olympischen Spiele 2024 vor. Es wird gebaut, | |
> geplant, gebangt. Vor allem die Seine muss sauber werden. | |
Bild: Können bald ins Wasser springen: Menschen genießen die Sonne an der Sei… | |
Heute würde niemand in und um Paris freiwillig in die Seine springen, egal, | |
wie heiß es ist. Nicht nur, weil es verboten ist, sondern weil das Wasser | |
schlicht zu dreckig ist. Noch. Denn bald soll die Wasserqualität der | |
Seine deutlich besser werden, dafür werden 1,4 Milliarden Euro investiert. | |
Jacques Chirac hatte das Baden in der Seine schon 1990 als Bürgermeister | |
von Paris versprochen, 35 Jahre später will Anne Hidalgo den Traum | |
erfüllen. Grund für die baldige Öffnung der Seine für Badefreudige sind die | |
Olympischen Spiele, die im nächsten Sommer in Paris stattfinden werden. | |
Denn Teil der Wettkämpfe sollen Triathlon und Freiwasserschwimmen in der | |
Seine sein. | |
Noch muss dafür rund ein Viertel der Gebäude oberhalb von Paris an die | |
Abwasserkanalisation angeschlossen werden, ebenso wie die 260 Flusskähne | |
entlang der beiden Ufer in der Stadt. Damit auch bei Starkregen nicht zu | |
viel verdrecktes Wasser in die Seine strömt – was sonst alle Bemühungen für | |
eine saubere Seine zunichtemachen könnte –, ist beim Bahnhof Austerlitz ein | |
riesiges Auffangbecken ausgehoben worden, in das Hochwasser abgeleitet | |
würde. | |
Alles noch rechtzeitig machbar, da sind sich die Verantwortlichen sicher. | |
„Die Spiele waren eine Erfolgsverpflichtung, dank der wir 10 bis 15 Jahre | |
gewonnen haben“, sagt etwa Pierre Rabadan, Delegierter für die Olympischen | |
Spiele im Pariser Rathaus. Das Schwimmen in der Seine werde zu den | |
„schönsten Erbschaften“ von „Paris 2024“ gehören. | |
## Optimismus bei den Behörden | |
Auch die heutige Bürgermeisterin Hidalgo ist zuversichtlich. Ein Jahr nach | |
den Spielen soll in drei Flussabschnitten das Baden in der Seine | |
organisiert werden. Grund für den Optimismus der Pariser Stadtbehörden und | |
des Olympia-Organisationskomitees sind die laufend in der Seine entnommenen | |
Proben, die angeblich bereits „je nach Wetter“ die Werte „befriedigend“ | |
oder sogar „exzellent“ erreichen. Das ist umso wichtiger, als die Seine | |
auch als Bühne der Eröffnungszeremonie vorgesehen ist. | |
Die Sauberkeit der Seine ist aber nicht die einzige Ungewissheit bei den | |
Vorbereitungen des „größten jemals in der Geschichte von Paris | |
organisierten Ereignisses“ – so der Superlativ des französischen | |
Orgnisationskomitees. Die Organisation von Olympischen Spielen ist immer | |
eine Prestigesache für das Austragungsland, ein finanzielles Risiko und ein | |
Wettlauf gegen die Zeit. | |
Für den Bau und die Instandsetzung von Stadien und Sportanlagen sind 4,5 | |
Milliarden Euro vorgesehen. Nach Möglichkeit werden bestehende | |
Einrichtungen renoviert und den olympischen Anforderungen angepasst. | |
Dennoch herrscht auf rund 48 Bauplätzen in und rund um Paris eifrige | |
Aktivität. Der wichtigste davon ist das zukünftige Olympiadorf am | |
nördlichen Stadtrand in Aubervilliers und Saint-Ouen. | |
Dort sind auf einem Terrain, das so groß wie 70 Fußballfelder ist, sieben- | |
bis elfstöckige Gebäude aus dem Boden geschossen, in denen für die | |
Olympioniken 7.500 Zimmer zur Verfügung stehen werden. Wie man auf | |
vergilbten Postkarten sehen kann, waren vor exakt hundert Jahren die | |
Athleten noch in einem bescheidenen Holzbarackenlager untergebracht. | |
Immerhin sind ein Jahr vor der Eröffnung die Baukräne schon weg. Der Plan, | |
das ganze Quartier Anfang März 2024 dem Organisationskomitee | |
schlüsselfertig für die letzten Inneneinrichtungen zu übergeben, wirkt | |
realistisch. Nach den Spielen sollen hier Wohnungen am Stadtrand der | |
Hauptstadt zur Verfügung stehen. | |
„In 6 Jahren ist entstanden, was normalerweise 20 Jahre braucht“, | |
bilanziert Projektleiterin Marion Le Paul: „Die vier Unternehmen, welche | |
die Aufträge für vier Sektoren erhalten haben, respektieren den Zeitplan | |
und das Budget. Und dies trotz Corona und Ukrainekrieg.“ Und trotz | |
Gelbwesten, Demonstrationen gegen die Rentenreform und zuletzt einer Serie | |
von Vorstadtkrawallen, könnte hinzugefügt werden. | |
Noch hängt die Drohung der CGT-Gewerkschaft im Raum, auch später oder sogar | |
nach der Eröffnung der Spiele mit Störaktionen Druck auf die Regierung zu | |
machen. [1][Im April haben Gewerkschafter der CGT] in Saint-Denis die | |
Arbeiten am Olympia-Schwimmbecken blockiert, um zu beweisen, dass sie es | |
ernst meinen. | |
Störaktionen könnte es auch von anderen Kreisen geben. Unter die 45.000 | |
Freiwilligen, die derzeit rekrutiert werden, wollen sich laut | |
Medienberichten diverse Aktivisten mischen, von denen die einen | |
protestieren, dass die „Arbeit“ dieser Helfer nicht als solche anerkannt | |
und bezahlt werde. Andere wiederum wollen dem Vernehmen nach gegen das | |
„ökologische Desaster“ demonstrieren. | |
Rund tausend Sympathisanten dieser Kampagne sollen sich für die Posten als | |
Ehrenamtliche beworben haben. Auch die echten Sportfans, die unentgeltlich | |
für einen reibungslosen Ablauf sorgen möchten, werden nicht sehr erbaut | |
sein, wenn sie erfahren, dass bisher für sie weder eine kostenlose | |
Übernachtungsmöglichkeit garantiert noch Gratistickets für die Wettkämpfe | |
als Belohnung vorgesehen sind. | |
Die große Sorge der Organisatoren bleibt die Sicherheit. Während der Spiele | |
müssen täglich zwischen 17.000 und 22.000 Sicherheitskräfte aufgeboten | |
werden. Bei den professionellen Firmen sind laut Schätzungen derzeit 8.000 | |
Stellen mangels Bewerbungen unbesetzt. Die Firmen suchen darum verzweifelt | |
Personal. Das Organisationskomitee möchte es vermeiden, für die Sicherheit | |
entweder wie London 2012 auf die Armee oder aber auf private ausländische | |
Auftragnehmer ausweichen zu müssen. | |
Bereits ein öffentliches Ärgernis waren die ersten Phasen beim Verkauf der | |
Tickets: Was den Interessierten, die sich dafür eingeschrieben hatten, | |
Mitte Mai zum Kauf angeboten wurde, überstieg in vielen Fällen bei Weitem | |
ihr Budget: 680 Euro für einen Platz bei Leichtathletikanlässen, 480 Euro | |
beim Kunstturnen und 2.700 Euro für einen Sitzplatz bei der Eröffnung. Wer | |
sich das nicht leisten kann, soll sich mit 600.000 Stehplätzen beim | |
Volksfest der Eröffnungszeremonie trösten. Oder mit einem Kopfsprung in die | |
Seine, ein Jahr danach. | |
5 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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