# taz.de -- Weltcup der Winterschwimmer: Kaltes, klares Wasser | |
> Die Weltcup-Serie der Winterschwimmer startet in Patagonien, und der | |
> unerschrockene Münchner Lars Mack gewinnt im nur 2,6 Grad kalten | |
> Gletscher-See. | |
Bild: Bibbern im Eissee: Zielankunft im 1.000-Meter-Rennen im Lago Argentino | |
Wellen, Wind und Eis: In Patagonien startete vergangene Woche die | |
Weltcupserie im Winterschwimmen. Vor der Nordwand des | |
Perito-Moreno-Gletschers gingen mehr als 150 Schwimmer*innen aus elf | |
Ländern ohne Neoprenanzüge ins kalte Wasser des Lago Argentino. Nur | |
Badekappen, Schwimmbrillen und Badeanzüge waren erlaubt. Winterschwimmen | |
ist Amateursport und die Aufnahme in die Agenda der Olympischen | |
Winterspiele ein fernes Ziel der [1][International Winter Swimming | |
Association]. | |
Die Badeutensilien mussten vorher gereinigt und desinfiziert werden. Das | |
Auftragen von Schutzcremes wie Vaseline ist ohnehin verboten bei diesem | |
Spaß. Ein Umstand, der es dem argentinischen Veranstalter Nadando Argentino | |
erleichterte, die Genehmigung für das Event im Gletscher-Nationalpark zu | |
erhalten. „Mit viel Geduld, einer guten Präsentation und der strikten | |
Einhaltung der Auflagen eines Schutzgebietes konnten wir die | |
Nationalparkbehörde überzeugen“, so Matías Ola von Nadando Argentino. | |
Der Gletscher sorgte dafür, dass die Wassertemperatur unter der | |
vorgeschriebenen 10-Grad-Grenze lag. Auch in den Wintermonaten Juli bis | |
September schiebt sich der Perito-Moreno-Gletscher unaufhörlich ins Tal, | |
und die Eismassen, die stetig von seiner 60 Meter hohen und vier Kilometer | |
breiten Wand herabstürzen, treiben als kleine Eisberge gemächlich durch den | |
Lago. Geschwommen wurden die Distanzen 1.000, 500, 200, 50 und 25 Meter | |
Freistil in den Altersklassen von 15 bis 70 Jahren. | |
## Touristischer Hotspot | |
Logistisches Zentrum war das 80 Kilometer entfernte Städtchen El Calafate, | |
das in den Sommermonaten wegen seines privilegierten Gletscherzugangs | |
touristisch aus allen Nähten platzt. Infrastruktur wie Unterkünfte und | |
Verpflegungsmöglichkeiten sind also ausreichend vorhanden. Von hier aus | |
machen sich die Teilnehmenden frühmorgens auf den Weg zu den Wettschwimmen | |
im kalten Nass. | |
Den Auftakt machten die 1.000-Meter-Schwimmer. Mit am Start war der | |
letztjährige Gesamtweltcup-Sieger Lars Mack aus München. Nicht alle | |
schafften bei 2,6 Grad Wassertemperatur und starkem Wellengang die | |
Königsdisziplin. „Ich musste ständig kaltes Wasser schlucken“, so ein | |
Schwimmer aus Spanien über sein vorzeitiges Ausscheiden. Zudem trieb der | |
starke Wind immer wieder Eisschollen in die Schwimmzone. | |
[2][Besser erging es Lars Mack]: Mit einem Spurt setzte sich der 48-Jährige | |
von den Konkurrenten ab, ließ später einen hartnäckigen Verfolger | |
vorbeiziehen, kraulte sich auf den letzten 100 Metern aber wieder an die | |
Spitze und durchschwamm die Ziellinie als Erster in 21:05 Minuten. „Das war | |
fast schon Brandungsschwimmen“, kommentierte er die Wellen. Und nachdem die | |
Frauen die 1.000 Meter geschwommen waren, wurden die weiteren Wettbewerbe | |
für den Folgetag wegen der Extrembedingungen abgesagt. | |
Das große Aufatmen dann am dritten Wettkampftag. Die Sonne spiegelte sich | |
im milchigen Gletscherwasser, der Wind hatte sich gelegt und die | |
Schwimmstrecken waren eisfrei. Die Wassertemperatur lag erneut unter der | |
3-Grad-Marke. „Das ist heute wie im Schwimmbad“, freute sich Iara Arias. | |
Zwei Tage zuvor war die 25-jährige Argentinierin die 1.000 Meter als Beste | |
in ihrer Altersklasse geschwommen. Der Wind habe ihr mehr zu schaffen | |
gemacht als die Wellen, die sie vom Atlantik her gewohnt sei. „Meine | |
Heimatstadt Viedma liegt an der Mündung des Río Negro. Mit sechs Grad | |
Wassertemperatur haben wir gute Trainingsbedingungen“, sagte sie und | |
bereitete sich auf die 200 Meter vor. | |
„Ich liebe solche Herausforderungen“, sagt Celia Olmos. Sie zu bewältigen | |
und dann dieses ganz besondere Glücksgefühl zu spüren, sei einzigartig. | |
Gerade ist sie die 200 Meter geschwommen. Umringt von ihrer Familie, steht | |
sie jetzt am Ufer. Dass die 70-jährige Argentinierin als Beste ihrer | |
Altersklasse über die Ziellinie schwimmt, hat einen einfachen Grund. „Ich | |
bin hier die Älteste unter all den Mutigen“, lacht sie. Ihr Traum? Ohne | |
Neoprenanzug durch den Ärmelkanal schwimmen. „Wenn ich nicht mehr dazu | |
komme, mache ich es im nächsten Leben“, lacht sie. | |
In der Gesamtwertung kam Mack auf Rang zwei. Für die Platzierungen werden | |
Schwimmzeiten, Wassertemperatur und Alter nach einem Punktesystem | |
berechnet. Seine Konzentration habe etwas unter seinem Prominentenstatus | |
gelitten. Das ständige Händeschütteln und In-Kameras-Lächeln habe ihn etwas | |
abgelenkt. Dennoch ist er rundum zufrieden. „Ich habe schon an vielen | |
Wettkämpfen teilgenommen, aber noch nie bin ich vor so einer tollen Kulisse | |
geschwommen.“ | |
29 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.openwaterpedia.com/wiki/Winter_Swimming_Championships | |
[2] https://www.bundeswehr.de/de/organisation/marine/aktuelles/reservistenportr… | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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