# taz.de -- Ökobilanz Elektro-Roller: „Zu Fuß gehen ist besser“ | |
> E-Scooter sind sinnvoll, wenn sie die Leute davon abbringen, Auto zu | |
> fahren, sagt der Hamburger Umweltökonom Grischa Perino. | |
Bild: Jetzt auch in Hannover: E-Scooter | |
taz: Herr Perino, die Verleiher von E-Scootern behaupten, [1][die Roller | |
seien nachhaltig]. Ist das so? | |
Grischa Perino: Für eine Gesamtbeurteilung ist es schlichtweg noch zu früh. | |
Die Idee ist, dass es die Roller in Kombination mit dem ÖPNV leichter | |
machen, auf das eigene Auto zu verzichten. Werden Mobilitätsmodi ersetzt, | |
die sonst zur Verschmutzung geführt hätten, ist das auf der Plus-Seite | |
anzurechnen. | |
Und die Negativ-Seite? | |
Hier stellt sich die Frage, welche Schäden verursachen die Scooter selbst, | |
und da müssen wir unterscheiden: Die Herstellung verbraucht Materialien und | |
verursacht Emissionen. Für Batterien werden zum Beispiel seltene Rohstoffe | |
benutzt. Wie nachhaltig das im Detail ist, hängt von der jeweils | |
verwendeten Technologie ab. In der Nutzung entstehen erst mal vor Ort keine | |
Emissionen, aber Radwege können verstopft oder die Roller in die Landschaft | |
geworfen werden. | |
Können E-Roller eine Alternative zum Auto darstellen, [2][so wie es der | |
Bundesverkehrsminister behauptet?] | |
Wohl nur für die letzte Meile zwischen Bahnhof und Zielort oder für | |
Bewohner der Innenstadt. Menschen, die im Hamburger Umland wohnen, werden | |
nicht mit dem E-Scooter in die Innenstadt fahren. Der erste Teil des | |
Pendels – also vom Wohnort zum ersten Bahnhof – wäre vermutlich wichtiger, | |
da die Distanz oft größer ist. Und ob da E-Scooter funktionieren, müsste | |
man noch sehen. | |
Ist es wirklich umweltfreundlich, für die sogenannte letzte Meile ein | |
E-Gefährt zu benutzen? | |
Nur dann, wenn man sonst das Auto genommen hätte. Aber zu Fuß gehen oder | |
ein Leihfahrrad wären noch besser. | |
Welche Rolle spielt die Herkunft des Stroms? | |
Der Stromsektor in Deutschland unterliegt dem [3][europäischen | |
Emissionshandelssystem]. Selbst wenn durch die Nutzung der Elektroroller | |
die Nachfrage nach Strom steigt, führt das nicht direkt zu mehr | |
CO2-Emissionen, weil der Emissionshandel die Gesamtmenge an CO2-Emissionen | |
deckelt. Es würde deshalb lediglich eine Verschiebung von Emissionen | |
bedeuten, aber keinen Zuwachs. Um die CO2-Emissionen, die mit der | |
Stromerzeugung verbunden sind, muss man sich also erst mal keine Sorgen | |
machen, in der Beziehung sind die E-Scooter klimaneutral. Die Batterien | |
sind was anderes: Die beanspruchen Ressourcen, die selten sind und auch | |
nicht immer unter idealen Bedingungen abgebaut werden – das gilt aber auch | |
für Laptops und Handys. Da sollte man nach Alternativen suchen, die diese | |
Problematik nicht haben. | |
Aber der Strom wird auch in [4][Kohlekraftwerken] erzeugt. | |
Ein Teil stammt aus Kohlekraftwerken, aber diese unterliegen eben dem | |
Emissionshandel. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Zertifikaten, die | |
einem erlauben, eine Tonne CO2 zu verursachen. Ein Kohlekraftwerk muss für | |
jede Tonne, die es verursacht, so ein Zertifikat einreichen. Benötigt das | |
Kraftwerk das Zertifikat nicht, wird es zum Beispiel an ein Aluminiumwerk | |
oder an ein anderes Kohlekraftwerk oder eine Fluglinie verkauft. Die | |
Gesamtmenge an CO2-Emissionen bleibt die gleiche. Dem Klima ist es egal, wo | |
das CO2 ausgestoßen wird. Die einzige Möglichkeit, den Ausstoß zu | |
vermeiden, wäre, die Obergrenze im Emissionshandel zu ändern. Das ist in | |
erster Linie Aufgabe der Politik. Die [5][Reform des Emissionshandels im | |
letzten Jahr] war da ein Fortschritt, aber da ist noch Luft nach oben. | |
Welches ist das klimafreundlichste Fortbewegungsmittel in den Innenstädten? | |
Zu Fuß gehen und Fahrrad fahren sind allemal besser als ein E-Scooter. Im | |
Vergleich zu öffentlichem Nahverkehr, insbesondere U- und S-Bahn, zieht er | |
vermutlich ebenfalls den Kürzeren. | |
Was bringen E-Scooter also für eine Reduktion von CO2-Emissionen? | |
Das hängt hauptsächlich davon ab, wie sie genutzt werden. Wenn sie dazu | |
führen, dass weniger Auto gefahren wird, dann helfen sie bei der Reduktion | |
von CO2-Emissionen, sonst vermutlich nicht. Was wichtig ist: Autoabgase | |
unterliegen nicht dem Emissionshandel. Diese Emissionen zu reduzieren ist | |
tatsächlich ein Beitrag zum Klimaschutz. | |
6 Aug 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.zeit.de/mobilitaet/2019-07/elektroroller-e-scooter-nachhaltigke… | |
[2] https://www.spiegel.de/auto/aktuell/e-scooter-spass-fuers-wochenende-statt-… | |
[3] https://www.bmu.de/themen/klima-energie/emissionshandel/emissionshandel-was… | |
[4] https://energiesysteme-zukunft.de/themen/debatte/hilft-oder-bremst-der-emis… | |
[5] /Preissteigerung-im-Emissionshandel/!5520309/ | |
## AUTOREN | |
Julika Kott | |
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