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# taz.de -- Nord Stream 2: Gas auf Eis
> Rätseln um Aussagen von EU-Vizepräsident Valdis Dombrovskis: Er macht
> Andeutungen über die Zukunft der neuen Pipeline von Russland nach
> Deutschland.
Bild: Gazprom hat jetzt einen Briefkasten in Deutschland
Berlin taz | Der russische Energiekonzern Gazprom versucht weiterhin alles,
um seine umstrittene Pipeline Nord Stream 2 in Deutschland an den Start zu
bringen. Aber es ruckelt. Das Projekt liege auf Eis, hat nun Valdis
Dombrovskis, Vizepräsident der Europäischen Kommission, laut der
Nachrichtenagentur Reuters am Montagabend in der ukrainischen Hauptstadt
Kiew erklärt.
Dombrovskis war nach Kiew gefahren, um die Unterstützung der Europäischen
Union für die Ukraine zu übermitteln, an deren Grenze russische Truppen
aufmarschiert sind. Nord Stream 2 sei „nicht mit den Zielen der
EU-Energiepolitik vereinbar“, sagte der Kommissions-Vizepräsident. In
Brüssel befürchten manche, die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen
werde zu groß. Außerdem könne die neue Röhre der russischen Regierung
ermöglichen, Druck auf die Ukraine auszuüben.
Die beiden Leitungsstränge durch die Ostsee zwischen Russland und
Deutschland sind technisch fertig. Durch sie kann künftig Erdgas strömen,
das bisher unter anderem durch die Ukraine transportiert wird, womit diese
Gebühren verdient. Um Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen, [1][fehlt jedoch
noch die Zertifizierung durch die Bundesnetzagentur in Bonn]. Momentan ist
das Verfahren unterbrochen. Die Nord Stream 2 AG gehört Gazprom.
In diesem Zusammenhang erscheint fraglich, wie die Äußerung von Dombrovskis
überhaupt zu verstehen ist. Erste Variante: Er verweist nur auf das
ausgesetzte Zertifizierungsverfahren. Bevor es weitergehe, müsse die Nord
Stream 2 AG, die ihren Sitz in der Schweiz hat, erst eine deutsche Tochter
gründen, hatte die Netzagentur festgestellt. In dem Verfahren wird auch die
EU-Kommission eine Stellungnahme abgeben, die die Netzagentur wiederum
berücksichtigen muss.
## Gazprom hat nun deutsche Tochterfirma
Zweite Variante: Dombrovskis wollte bereits andeuten, dass er es für
fraglich hält, dass Nord Stream 2 zertifiziert wird. Nach Dombrovskis’
Aussagen untersucht die EU-Kommission auch, ob das Vorgehen des staatlichen
russischen Energiekonzerns Gazprom marktkonform ist. Brüssel wirft der
Regierung in Moskau vor, trotz gestiegener Erdgas-Nachfrage die
Liefermengen nicht zu erhöhen und damit den Preis in die Höhe zu treiben.
Um die Zertifizierung voranzubringen, hat Gazprom inzwischen die Firma Gas
for Europe GmbH mit Sitz in Schwerin gründen lassen. Diese soll offiziell
den 54 Kilometer langen Teil von Nord Stream 2 im deutschen Hoheitsgebiet
betreiben. Als Vorsitzender des Aufsichtsrats firmiert Dieter Walter
Haller, ein ehemaliger deutscher Botschafter.
Dem hat das Auswärtige Amt diese Tätigkeit während seines Ruhestandes
allerdings untersagt, teilte das Haus von Außenministerin Annalena Baerbock
(Grüne) mit. Begründung: „dienstliche Interessen“ würden „beeinträcht…
Gazprom wird sich nun einen neuen Chefaufseher für seine deutsche Tochter
suchen müssen. Derweil bleibt das Zertifizierungsverfahren bei der
Bundesnetzagentur ausgesetzt, weil noch Unterlagen fehlen.
Die Debatte, ob die Pipeline nützlich oder schädlich ist, ging
währenddessen weiter. Leonhard Birnbaum, Chef des Energiekonzerns Eon,
sagte: „Energiewirtschaftlich ist Nord Stream 2 hilfreich.“ Russisches Gas
werde weiter benötigt, um im Zuge der Energiewende beispielsweise Kohle als
Brennstoff zu ersetzen, so Birnbaum. Er halte russisches Pipeline-Gas auch
deshalb für vorteilhaft, weil es billiger sei als flüssiges Erdgas etwa aus
den USA.
„Wir brauchen mittelfristig [2][eher mehr als weniger Gasimporte] aus
Russland“, schrieb auch der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft.
Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie,
sagte dagegen: „Deutschland braucht eine sichere Energieversorgung. Die
hängt aber nicht an einer einzelnen Pipeline, auch [3][nicht an Nord Stream
2].“
1 Feb 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Nord Stream 2
Gazprom
EU-Kommission
Ukraine-Konflikt
Gaspreise
Kommission
Nord Stream 2
Schwerpunkt Klimawandel
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