| # taz.de -- Noch ist er nicht Kanzler: Friedrich Merz und sein Porzellanladen | |
| > Auch wenn Merz sich mit den Grünen auf den allerletzten Metern geeinigt | |
| > hat, im Kanzleramt angekommen ist er noch nicht. | |
| Bild: Blickt er noch durch? Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU und Fraktionsv… | |
| Es muss Anfang der Woche gewesen sein, als die [1][Grünen im Bundestag vor | |
| eine Traube Journalisten traten und so resolut klangen wie lange nicht], da | |
| war plötzlich dieser Gedanke. Und wie das so ist mit plötzlichen Gedanken, | |
| sie setzen sich gern fest. | |
| Vielleicht wird Merz niemals Kanzler. | |
| Joachim-Friedrich Martin Josef Merz hat zuletzt viel dafür getan, seinen | |
| eigenen Lebenstraum zu torpedieren. Wenn Merz spricht, und das war im | |
| Wahlkampf sein Vorteil gegenüber Olaf „Nominalstil“ Scholz, klingt alles | |
| klar und zackig und ein bisschen nach Marschmusik. Aber Merz marschiert | |
| gerade nicht Richtung Kanzleramt, er läuft zickzack. In drei Wochen hat er | |
| sich so viele Fehltritte geleistet, dass man schon von Stolpern sprechen | |
| kann. Und dieses Urteil hat nichts mit politischen Präferenzen zu tun. | |
| Selbst seine größten Fans (wo sind die eigentlich?) dürften zugeben: | |
| Friedrich Merz hat sich maximal ungeschickt verhalten. | |
| Eine unvollständige Sammlung: Merz hat mit seinem Rechtskurs das | |
| zweitschlechteste Ergebnis der Parteigeschichte eingefahren, nur | |
| untertroffen von Armin Laschet. Er hat direkt nach der Wahl ein zentrales | |
| Versprechen abgeräumt, [2][die Schuldenbremse], und dafür kein Wort des | |
| Bedauerns gefunden. Schließlich hat Merz die von ihm so bezeichneten | |
| „links-grünen Spinner“, deren Stimmen er im Bundestag für eine Reform der | |
| Schuldenbremse und für geplante Sondervermögen dringend braucht, nicht auf | |
| eine Tasse Kaffee eingeladen, weil er sich darauf verlassen hat, dass sie | |
| als Oppositionspartei weitermachen wie in der Ampel: Bauchschmerzen haben | |
| und zustimmen. | |
| ## Hauptsache schnell? | |
| Statt die Grünen früh einzubeziehen, hat er ohne Not [3][ein | |
| Sondierungspapier vorgelegt], dass so viele Provokationen enthält | |
| (Mütterrente, Pendlerpauschale, keine Klimapolitik), dass die Grünen gar | |
| nicht anders konnten, als ihre Zustimmung zu verweigern. Dabei hätte nichts | |
| dagegen gesprochen, erst die Grundgesetzänderung in den Bundestag | |
| einzubringen und erst danach so konkret zu werden. | |
| Nach diesen Wochen ist kaum vorstellbar, dass Merz bald einfach so zum | |
| Kanzler gewählt wird. Das einzige Argument, das er verlässlich auf seiner | |
| Seite hat, ist die Weltlage: Deutschland müsse schnell eine Regierung | |
| bilden, das sei alternativlos, heißt es in den Leitartikeln. | |
| Aber stimmt das? Ein Kanzler, der keine Strategie hat und eine Koalition, | |
| die mit ihren Wahlgeschenken eine 90er-Jahre-Party feiern möchte, sind | |
| weder geeignet, Deutschland in der Welt zu vertreten, noch, die | |
| ökonomischen und sozialen Probleme zu lösen, und schon gar nicht, den | |
| Aufstieg der Rechtsextremen zu verhindern. Es wäre falsch, die | |
| Schuldenpläne, die schwarz-rote Koalition und schließlich einen Kanzler | |
| Friedrich Merz als unumgänglich zu begreifen. Politik, die sich als | |
| alternativlos darstellt, stärkt nur die Partei, die behauptet, eine | |
| Alternative zu sein. | |
| Auch wenn Friedrich Merz sich mit den Grünen auf den allerletzten Metern | |
| geeinigt hat, im Kanzleramt angekommen ist er noch nicht. Ob im Bundestag | |
| die Mehrheit für seinen nächsten Wortbruch steht? Merz ist es zuzutrauen, | |
| den Deal mit einem unbedachten Aussage noch zu torpedieren. Und das wäre | |
| kein Drama, trotz Trump. Die Verfassung ist stark, und wenn alle Stricke | |
| reißen, gibt es noch einen Bundeskanzler im Amt. | |
| Was könnte Merz tun, wenn er wirklich nicht Kanzler wird? Wenn er am | |
| Fenster im Konrad-Adenauer-Haus steht, muss er nur in den Innenhof seiner | |
| Parteizentrale schauen, um die Lösung zu finden. Da steht ein Container, | |
| gefüllt mit Tassen, die ihm von links-grünen Spinnern geschickt wurden. | |
| [4][Die taz hat ausgerechnet,] dass es sich um mindestens 2.650 Pakete | |
| handeln muss. Genug, um im Sauerland einen Porzellanladen aufzumachen. Man | |
| kann ihm nur wünschen, dass er dort nicht so herumtrampelt wie in Berlin. | |
| 14 Mar 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Kersten Augustin | |
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