# taz.de -- Neuregelung der Sterbehilfe: Abkürzung für Schwerkranke | |
> Der alte Bundestag hatte nicht entschieden, jetzt gewinnt die | |
> Sterbehilfe-Debatte wieder Tempo. Zwei Gesetzesentwürfe liegen schon auf | |
> dem Tisch. | |
Bild: Die Neuregelung der Sterbehilfe soll dieses Jahr noch geschehen | |
BERLIN taz | Im April soll der Bundestag seine Entscheidung zur | |
Corona-Impfpflicht treffen. Unmittelbar danach steht für das Parlament | |
schon die nächste ethische Grundsatzfrage an: [1][Die Neuregelung der | |
Sterbehilfe], seit einem Urteil des Verfassungsgerichts im Jahr 2020 nötig, | |
soll in diesem Jahr endlich über die Bühne gehen. Angedacht ist eine | |
Orientierungsdebatte vor der Sommerpause und eine Entscheidung noch in | |
diesem Jahr. Mindestens drei Gesetzesentwürfe werden nach jetzigem Stand | |
unter Aufhebung des Fraktionszwangs zur Abstimmung stehen. | |
Eine Gruppe von Abgeordneten, vor allem aus der Fraktion der Grünen, hat | |
ihren Vorschlag in dieser Woche fertiggestellt und startet in der nächsten | |
Woche das Werben um Unterstützer*innen. Im Kern hatte die Gruppe um | |
Renate Künast den Entwurf schon in der letzten Legislaturperiode | |
eingebracht. Nachdem der alte Bundestag das Thema nicht mehr abschließend | |
behandelt hatte, liegt er jetzt leicht aktualisiert wieder auf dem Tisch. | |
Das „Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben“ sieht | |
vergleichsweise liberale Regelungen vor. Wer sich in einer medizinischen | |
Notlage mit „schwerem Leiden“ und „starken Schmerzen“ befindet, wäre n… | |
Gesprächen mit zwei Ärzt*innen im Abstand von zwei Wochen verpflichtet. | |
Die Mediziner*innen müssten umfangreich aufklären und bescheinigen, | |
dass es sich „um einen absehbar nicht mehr veränderbaren Sterbewunsch“ und | |
eine „vom freien Willen getragene feste Entscheidung“ handelt. Dann dürften | |
sie tödliche Betäubungsmittel verschreiben. | |
Wer aus anderen Gründen als einer medizinischen Notlage sterben möchte, | |
müsste den Wunsch erst gegenüber einer Behörde schriftlich erläutern und | |
sich danach bei einer unabhängigen Beratungsstelle zwei Mal im Abstand von | |
mindestens zwei Monaten beraten lassen. Danach müsste die Behörde den | |
Zugang zum Betäubungsmittel gestatten. Einnehmen müssten die Betroffenen | |
das Mittel in beiden Fällen selbst. | |
## „Entscheidung des Einzelnen“ | |
„Der Entwurf hat zum Ziel, einen geeigneten Schutzraum für Betroffene in | |
allen Lebenslagen zu schaffen“, sagt der grüne Rechtspolitiker Lukas | |
Benner, der den Entwurf unterstützt. „Wir erkennen an, dass es sich um eine | |
Entscheidung des Einzelnen handelt, die auf dem ureigenen Verständnis von | |
Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz beruht. Sie kann | |
derart vielfältig sein, dass Staat und Gesellschaft diese unabhängig von | |
Wertvorstellungen, religiösen Geboten oder gesellschaftlichen Leitbildern | |
zu respektieren haben.“ | |
Die „schwierigen Umstände von Menschen in medizinischer Notlage“ würden | |
berücksichtigt, in dem der Zugang zu den tödlichen Medikamenten für sie | |
„niedrigschwellig“ gestaltet sei. | |
Eine zweite Gruppe von Abgeordneten um Lars Castellucci (SPD) und Kirsten | |
Kappert-Gonther (Grüne) hatte [2][im Januar einen restriktiveren Entwurf | |
vorgestellt]. Die Gruppe will die „geschäftsmäßige Förderung der | |
Selbsttötung“ wieder durch einen Paragrafen im Strafgesetzbuch verbieten, | |
aber Ausnahmen zulassen. | |
Wer sterben möchte, müsste sich demnach von einer psychosozialen Stelle | |
beraten sowie in der Regel von zwei Psychiater*innen im Abstand von | |
drei Monaten untersuchen lassen. Bedingung wäre dann, dass bei | |
denUntersuchungen keine „die autonome Entscheidungsfindung | |
beeinträchtigende psychische Erkrankung“ diagnostiziert wird. | |
Ein weiterer Entwurf aus der letzten Legislaturperiode sah vor, dass | |
Sterbewillige zunächst mit einer Beratungsstelle und frühestens zehn Tage | |
später mit einem Arzt sprechen müssten, bevor sie tödliche Medikament | |
erhalten. Unterstützer*innen dieses Entwurfs wollen demnächst | |
ebenfalls eine neue Version einbringen. | |
2015 hatte der Bundestag das Verbot der „geschäftsmäßigen Förderung der | |
Selbsttötung“ im Strafgesetzbuch verankert. 2020 kassierte das | |
Bundesverfassungsgericht die Regelung. Seitdem fehlen klare Regelungen. | |
2 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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