# taz.de -- Neues Staatsangehörigkeitsrecht: Schneller zum deutschen Pass | |
> Einbürgerungen beschleunigen, mehr doppelte Staatsbürgerschaften | |
> gewähren: was ändert sich mit der Reform der Ampel-Regierung ab diesen | |
> Donnerstag? | |
Bild: Blumenschmuck bei einer Einweihungsfeier der Stadt Witten | |
BERLIN ap | Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht tritt am Donnerstag | |
[1][eine zentrale Reform der Ampel-Regierung] in Kraft. Sie soll | |
Einbürgerungen beschleunigen und doppelte Staatsbürgerschaften | |
grundsätzlich ermöglichen. Die Einbürgerung von Menschen, die nicht für den | |
eigenen Lebensunterhalt aufkommen können oder sich nicht zur freiheitlich | |
demokratischen Grundordnung in Deutschland bekennen, wird hingegen | |
erschwert. Ein Überblick: | |
Kürzere Einbürgerungsfristen | |
Menschen aus dem Ausland, die schon lange legal in Deutschland leben, | |
sollen sich künftig [2][bereits nach fünf Jahren] um den deutschen Pass | |
bewerben können. Bislang betrug die Frist im Regelfall acht Jahre. Bei | |
„besonderen Integrationsleistungen“ soll eine Einbürgerung künftig sogar | |
schon nach drei Jahren möglich sein. Dies können etwa gute | |
Sprachkenntnisse, ehrenamtliches Engagement oder sehr gute Leistungen in | |
Schule oder Beruf sein. | |
Doppel-Pass öfters erlauben | |
Bislang galt bis auf Ausnahmen das Prinzip: Wer die deutsche | |
Staatsbürgerschaft annimmt, muss die alte Staatsbürgerschaft abgeben. Das | |
traf vor allem Menschen aus Staaten außerhalb der EU, insbesondere aus der | |
Türkei und anderen „Drittstaaten“. Für Ausländer aus Ländern der | |
Europäischen Union, den USA und anderen Nationen wurde schon jetzt eine | |
Ausnahme gemacht. Künftig soll Mehrstaatigkeit grundsätzlich möglich sein. | |
Mehr Kinder werden Deutsche | |
Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen künftig | |
ohne weiteren Vorbehalt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn | |
mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in | |
Deutschland lebt. Bislang lag die Frist bei acht Jahren. Prinzipiell können | |
in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit und die | |
Staatsangehörigkeit ihrer Eltern erhalten und dauerhaft behalten. | |
Bekenntnis zum Grundgesetz verlangt | |
Das auch bisher schon verlangte Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen | |
Grundordnung wird präzisiert. Die Reform stellt klar, dass „antisemitisch, | |
rassistisch, gegen das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung gerichtete | |
oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ mit der | |
Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind. | |
Neu: Bekenntnis zum Schutz jüdischen Lebens | |
Nach dem Angriff der Hamas auf Israel wurde eine weitere Passage ergänzt. | |
Gefordert wird nun auch das Bekenntnis „zur besonderen historischen | |
Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische | |
Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen | |
Lebens“. Der [3][Fragenkatalog der Einbürgerungstests wurde entsprechend | |
erweitert], auch zum Existenzrecht des Staates Israel. | |
Sprachanforderungen abgesenkt | |
Besondere Erleichterungen gelten für Angehörige der so genannten | |
Gastarbeitergeneration, die oft schon Jahrzehnte in Deutschland leben. | |
Diese älteren Migrantinnen und Migranten müssen künftig keinen | |
schriftlichen Deutsch-Test mehr machen, um eingebürgert zu werden. Auch | |
sollen sie keinen schriftlichen Einbürgerungstest mehr absolvieren müssen. | |
Mit diesen Erleichterungen soll die „Lebensleistung“ dieser älteren | |
Generation gewürdigt werden. | |
Lebensunterhalt | |
Grundsätzlich soll nur die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wer den | |
Lebensunterhalt für sich und unterhaltsberechtigte Familienangehörige aus | |
eigenen Mitteln bestreiten kann. Es gibt allerdings Ausnahmen, etwa für | |
einstige „Gastarbeiter“, die bis 1974 nach Deutschland gekommen sind, oder | |
frühere DDR-Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter. | |
Pass kann wieder entzogen werden | |
Schon bisher kann eine Einbürgerung nach Paragraf 35 | |
Staatsangehörigkeitsgesetz binnen zehn Jahren etwa bei arglistiger | |
Täuschung oder unrichtigen Angaben widerrufen werden. Die Reform stellt nun | |
klar, dass auch unrichtige Erklärungen zum Bekenntnis zur | |
freiheitlich-demokratischen Grundordnung zur Rücknahme führen können. | |
Einbürgerungsfeier | |
Die Einbürgerungsurkunde soll grundsätzlich im Rahmen einer öffentlichen | |
Feier ausgehändigt werden. | |
## Wen betrifft das? | |
Das Bundesinnenministerium schätzt die Zahl der Menschen, die mit einer | |
ausländischen Staatsbürgerschaft in Deutschland leben, auf rund zwölf | |
Millionen. Von diesen halten sich demnach rund 5,3 Millionen seit | |
mindestens zehn Jahren in Deutschland auf. | |
Im Jahr 2022 haben sich laut Statistischem Bundesamt 168.545 Menschen in | |
Deutschland einbürgern lassen, 2023 waren es dann 200.095. | |
26 Jun 2024 | |
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