# taz.de -- Neue Studie zu Vermögensverteilung: Immer mehr für wenige | |
> Die Menschen in Deutschland werden immer reicher – aber die | |
> Ungleichverteilung ist nach wie groß. Eine Rolle spielt dabei der | |
> Immobilienbesitz. | |
Bild: Wer hier eine Wohnung besitzt, hat eher keine finanziellen Sorgen: Altbau… | |
BERLIN dpa | Immobilien machen den Unterschied: Die Menschen in Deutschland | |
haben in den vergangenen Jahren mehr Vermögen angehäuft. Allerdings ist es | |
im internationalen Vergleich weiterhin sehr ungleich verteilt. | |
Die reichsten 10 Prozent besitzen demnach mehr als die Hälfte des gesamten | |
Vermögens (56 Prozent), wie aus einer Studie des Deutschen Instituts für | |
Wirtschaftsforschung (DIW) hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur | |
vorliegt. Die ärmere Hälfte hat dagegen nur einen Anteil von 1,3 Prozent. | |
Dabei spielt auch der Immobilienbesitz eine Rolle. | |
„Die Vermögensungleichheit ist zwar in Deutschland – auch im | |
internationalen Vergleich – sehr hoch, sie verharrt aber in den letzten | |
zehn Jahren auf diesem Niveau“, erläuterte Studienautor Markus Grabka. Dank | |
niedriger Arbeitslosigkeit und gestiegener Löhne haben viele Menschen in | |
den vergangenen Jahren mehr sparen können. Der Studie zufolge stieg das | |
Nettovermögen pro Kopf von 2012 bis 2017 durchschnittlich um 22 Prozent auf | |
knapp 103.000 Euro. | |
Der Medianwert, der die reichsten 50 Prozent von der unteren Hälfte trennt, | |
liegt nur bei 26.000 Euro und damit deutlich unter dem Durchschnittswert. | |
Das weise auf eine stark ungleiche Verteilung der Vermögen hin. „Personen, | |
die zwischen 1940 und 1950 geboren wurden, in Westdeutschland leben und | |
eine Immobilie besitzen, verfügen im Schnitt über besonders viel Vermögen“, | |
fasst Co-Studienautor Christoph Halbmeier das Ergebnis zusammen. | |
## Große Unterschiede zwischen Ost und West | |
In Westdeutschland verfügte 2017 die Bevölkerung ab 17 Jahren im Schnitt | |
über ein Nettovermögen von 121.500 Euro, im Osten lediglich über 55.000 | |
Euro. Ein Grund für den Unterschied: In den neuen Ländern leben mehr | |
Menschen zur Miete als im Westen. | |
Menschen, die in eigenen Wohnungen oder Häusern leben, profitierten in den | |
vergangenen Jahren von dem Immobilienboom – ihr Vermögen wuchs besonders | |
kräftig. Demnach verfügten Besitzer einer selbst genutzten Immobilie im | |
Schnitt über ein Vermögen von rund 225.000 Euro, Mieter kamen lediglich auf | |
24.000 Euro. Auch das Betriebsvermögen – also der Besitz eines Unternehmens | |
beziehungsweise eine Beteiligung daran – ist seit 2012 deutlich gewachsen. | |
Es liegt den Angaben zufolge aber vor allem in den Händen der | |
Vermögenderen. | |
Auch eine Studie der Bundesbank war jüngst zu dem Ergebnis gekommen, dass | |
sich insbesondere die Nettovermögen von Immobilieneigentümern infolge der | |
[1][gestiegenen Immobilienpreise] erhöht haben. Allerdings besitzen nur 44 | |
Prozent der Privathaushalte in Deutschland demnach Wohneigentum. An vielen | |
Menschen geht der Immobilienboom somit vorbei. In anderen Euroländern, zum | |
Beispiel in Italien oder Spanien, ist die Quote der Immobilienbesitzer mit | |
zuletzt etwa 70 beziehungsweise rund 80 Prozent deutlich höher. | |
## Der Studienautor hat strittige Lösungsvorschläge | |
Wie also lässt sich die Schere schließen? „Eine Vermögenssteuer, wie erst | |
[2][jüngst wieder mal gefordert wurd]e, wird zwar fiskalische Mehreinnahmen | |
schaffen, die aber nicht automatisch den vermögensschwachen | |
Bevölkerungsgruppen zugutekommen“, argumentiert Studienautor Grabka. | |
Stattdessen sollten vor allem der Bevölkerung mit unteren und mittleren | |
Einkommen bessere Möglichkeiten zur Vermögensbildung angeboten werden. | |
Privater Immobilienbesitz sollte effizienter gefördert werden. Die private | |
Altersvorsorge sollte sich stärker an Modellen wie beispielsweise in | |
Schweden orientieren. Diese erzielten eine weitaus höhere Rendite als die | |
in Deutschland geförderten Riester- und Rürup-Renten. | |
Der Studie liegen die Ergebnisse einer Befragung von etwa 30.000 Menschen | |
in rund 15.000 Haushalten zugrunde. Dabei wird das Vermögen von Personen ab | |
17 erfragt. Dazu zählen unter anderem selbst genutzter und anderer | |
Immobilienbesitz, Sparguthaben, Aktien und Investmentanteile, Ansprüche aus | |
Lebens- und privaten Rentenversicherungen, Betriebsvermögen sowie wertvolle | |
Sammlungen wie Gold, Schmuck, Münzen oder Kunstgegenstände. | |
2 Oct 2019 | |
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