# taz.de -- Neue Strategien auf Immobilienmarkt: Zum Abschied keine Blumen | |
> Immobilienkonzern Taekker will den Mietern der Lausitzer Straße 10 & 11 | |
> doch nicht entgegenkommen – sich wohl aber vom Berliner Markt | |
> zurückziehen | |
Bild: Immer mehr BerlinerInnen wehren sich gegen Gentrifizierung – auf unters… | |
Endlich hatte Taekker es geschafft: „Investor mit Herz für linke Projekte“, | |
titelte der Tagesspiegel noch Anfang des Monats. Die Wandlung des dänischen | |
Immobilienkonzerns vom MieterInnen-Hassobjekt Nummer 1 zum Öko-Unternehmer | |
mit sozialem Gewissen schien endlich vollzogen. Schließlich hatte der | |
Konzern erklärt, den Verkauf der Häuser in der Lausitzer Straße 10 und 11 | |
zu stoppen, nachdem deren MieterInnen mit ihrem Protest bundesweit Aufsehen | |
erregt hatten. | |
Doch die Zukunft der linken Organisationen und Bürogemeinschaften ist alles | |
andere als gesichert: „Der Geschäftsführer Jørn Taekker hat schriftlich | |
klargestellt, dass er von dem Kaufpreis von 20 Millionen Euro nicht | |
abrücken will“, sagt Julia Oelkers, Sprecherin der MieterInnen. Die Idee, | |
das Haus etwa mithilfe einer Stiftung selbst zu erwerben, sei damit | |
unmöglich umsetzbar. Vor zehn Jahren hatte der Konzern das Gebäude für 3 | |
Millionen Euro vom Liegenschaftsfonds erworben. | |
„Der Kaufpreis ist ein Thema der Gespräche“, sagt dazu Taekker-Sprecherin | |
Lene Mortensen. Ob Taekker hier verhandlungsbereit sei oder nicht, könne | |
sie nicht sagen, nur so viel: „Herr Taekker orientiert sich | |
selbstverständlich am Markt.“ | |
Bestätigen könne sie hingegen Gerüchte, nach denen die Firma insgesamt | |
vorhabe, sich aus Berlin zurückzuziehen. Momentan besitze der Konzern hier | |
noch rund 80 Häuser, es stehe aber „eine große Änderung“ bevor. | |
## Beträchtlich an Wert gewonnen | |
Zu den Gründen für diese Entscheidung will Taekker sich nicht äußern. Ein | |
Blick auf die Strategie des Konzerns lässt sie nachvollziehbar erscheinen: | |
Sein Berliner Portfolio stellte die Firma ab Mitte der Nullerjahre | |
zusammen, als Altbauten in gut angebundenen Innenstadtkiezen noch günstig | |
zu haben waren. | |
Ab 2010 sanierte sich der Konzern, der in der internationalen Finanzkrise | |
viel Geld verloren hatte, dann durch den Weiterverkauf der Häuser. Diese | |
hatten inzwischen allein durch ihre Lage beträchtlich an Wert gewonnen, | |
ohne dass die Firma dafür Geld in ihre Instandhaltung hätte stecken müssen. | |
Eine erfolgreiche Strategie, deren Zeit allerdings abgelaufen scheint: | |
Mittlerweile sind die Immobilienpreise in Berlin deutlich gestiegen, | |
teilweise gehen Experten sogar von einer Überbewertung aus. Die Angst | |
davor, dass die Preise wieder fallen könnten, wächst. Insofern erscheint es | |
nur logisch, dass Taekker seine Häuser loswerden will – als langfristige | |
Investitionen hatte er diese offenbar nie geplant. | |
Das Intermezzo der Dänen könnte also bald vorüber sein. Doch längst gibt es | |
neue Unternehmen, deren Namen MieterInnen sich merken sollten. | |
## Neue Strategie: Sogenannte Share Deals | |
Da ist nicht nur die Deutsche Wohnen, mittlerweile als größter privater | |
Wohnungseigentümer in aller Munde. Wie wäre es zum Beispiel mit ADO | |
Properties? Die luxemburgische, ausschließlich auf dem Berliner | |
Immobilienmarkt tätige Firma, ging 2015 an die Börse und besitzt hier | |
mittlerweile rund 18.600 Wohnungen. | |
Bei ihren Käufen nutzt ADO eine Strategie, die sich unter | |
Immobilienkonzernen zunehmender Beliebtheit erfreut: Bei sogenannten Share | |
Deals wird nicht das Haus selbst gekauft, sondern es werden Anteile an der | |
Gesellschaft erworben, die die Immobilie besitzt. So lange diese unter 95 | |
Prozent ausmachen, wird für den Kauf keine Grunderwerbssteuer fällig. | |
Dem Staat entgehen so Millionen, dazu kommen Zweifel, ob die an den Käufen | |
beteiligten Firmen tatsächlich immer so unabhängig voneinander agieren, wie | |
sie es behaupten. Taekker hin oder her – die Situation auf dem Berliner | |
Immobilienmarkt verspricht für MieterInnen weiterhin nichts Gutes. | |
Dieser Text ist Teil des Schwerpunktes in der Print-Ausgabe der taz vom | |
Wochenende 25./26.3.2017. | |
25 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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