# taz.de -- Neue Rechte und Medien: Verdeckte Verbindungen | |
> Das neurechte „Institut für Staatspolitik“ will mit Neonazis nichts | |
> gemein haben. Ein Kader der NPD ist in dem Netzwerk aber gut verankert. | |
Bild: Zwischen Gauland und Höcke (AfD). Götz Kubitschek mag aber auch die NPD | |
Es gibt ein Diktum, das besagt, dass die Neue Rechte sich von der alten | |
Rechten – den Nationalsozialisten und Rechtsextremisten – fernzuhalten | |
habe. Nur so könne eine „Kulturrevolution von rechts“ gelingen. Alain de | |
Benoist zum Beispiel, Vordenker der französischen Neuen Rechten, schrieb | |
vor über 30 Jahren: „Die alte Rechte ist tot, sie hat es wohl verdient.“ | |
Sie hätte von ihrem „Erbe, von ihren Privilegien und ihren Erinnerungen“ | |
gelebt. Diese kritische Analyse beinhaltet eine politische Strategie: Alle | |
theoretischen Bezüge und personellen Verbindungen zu alten Rechten sind zu | |
vermeiden. Das gilt auch für die neurechten Netzwerke in Deutschland. | |
Doch das ist nicht mehr als Blendwerk. Tatsächlich sind sich die beiden | |
rechten Lager näher, als sie vorgeben. Ein privater Dialog auf Facebook | |
offenbart: Das neurechte Institut für Staatspolitik (IfS) um Götz | |
Kubitschek und Ellen Kositza unterhält Kontakte zu dem | |
NPD-Bundesvorstandsmitglied Arne Schimmer. | |
Es ist schon länger bekannt, dass Schimmer von 2003 bis 2004 als Lektor | |
beim Verlag Antaios (damals noch Edition Antaios) arbeitete, der von Götz | |
Kubitschek gegründet wurde. Je stärker sich Schimmer allerdings sichtbar | |
für die NPD engagierte, desto mehr ging der neu-rechte Verleger auf | |
Distanz. Kubitschek erwähnte nur einmal, dass Schimmer „ein paarmal auf | |
einer Akademie unseres Instituts“ gewesen sei. | |
In einem Facebook-Chat von Juni 2015, der der taz vorliegt, plaudert der | |
langjährige NPD-Kader Schimmer selbst aus, dass er weiter für Kubitschek | |
tätig gewesen sei. Schimmer, der von 2009 bis 2014 Landtagsabgeordneter der | |
NPD in Sachsen war, schreibt dem ehemaligen NPD-Fraktionspressesprecher | |
Thorsten Thomson, dass er für das Magazin Sezession geschrieben habe, für | |
das Kubitschek verantwortlich ist. „Ist nur’ne Rezi von mir“, sagt er, | |
„GöKu [Götz Kubitschek, Anm. d. Red.] hat mich jetzt übrigens nochmals | |
feierlich darauf eingeschworen, dass ich mit niemandem über meine | |
Autorenschaft reden darf, das wäre unglaublich wichtig.“ Und Schimmer | |
betont, dass selbst Nils Wegner, der bei Kubitscheck im Nachbarbüro sitze, | |
nicht eingeweiht sei. | |
## Lieber nicht öffentlich | |
Das weitere Gespräch legt nahe, dass Schimmer in der Juniausgabe der | |
Sezession das Buch „Siebzehn Widersprüche und das Ende des Kapitalismus“ | |
von David Harvey unter dem Pseudonym „Gabriel Dassalo“ besprochen hat. Es | |
sei auf „schaurige Weise faszinierend“, schreibt er, „wie Salonlinke vom | |
Schlage Harveys ihre blitzblank polierte Weltanschauung durch alle | |
Katastrophen der Geschichte immer noch als Monstranz vor sich hertragen“ | |
könnten. Die Kritik von Schimmer, der auch für das NPD-nahe Theorieorgan | |
hier & jetzt verantwortlich zeichnet, überrascht wenig. Soziale | |
Gerechtigkeit und Chancengleichheit laufen dem antiegalitären Menschen- und | |
hierarchischen Weltbild der alten und Neuen Rechten zuwider. | |
In der Sezession taucht Schimmer mit diesem Pseudonym später nicht mehr | |
auf. Verschiedene Passagen in dem Facebook-Chat lassen jedoch darauf | |
schließen, dass er häufiger Pseudonyme verwendet. Er empfiehlt es gar einem | |
anderen Autor der Sezession: „Wenn Du willst, könntest Du natürlich etwas | |
über diese Veranstaltung unter Pseudonym schreiben.“ | |
Seit die NPD nicht mehr im Sächsischen Landtag sitzt, scheint der ehemalige | |
Abgeordnete Schimmer ein finanzielles Problem zu haben. Sein Kamerad | |
Patrick Wieschke fragte besorgt am 26. Juni 2015: „Hallo Arne, mal ne | |
Frage: was machst Du jetzt eigentlich beruflich?“ Und Schimmer antwortete: | |
„Ich schlage mich als freier Publizist durch, klappt auch ganz gut.“ Da es | |
im „nationalen Bereich“ nicht so viele finanzkräftige Verlage gebe, wie | |
Wieschke anmerkt, will Schimmer ihm jedoch seinen Arbeitgeber nicht nennen, | |
„das soll eben gerade nicht öffentlich werden“, betont er. | |
Darüber hinaus scheint Schimmer Verbindungen zwischen dem IfS und | |
NPD-Kadern geknüpft zu haben. Der ehemaligen NPD-Landtagsabgeordneten Gitta | |
Schüßler schrieb er, sie könne Bücher von Kubitscheks Verlag günstiger zum | |
Weiterverkaufen bekommen: „weise GK ruhig auf Deinen rechten Hintergrund | |
hin, vielleicht bringt es besser Konditonen ; )“. Mit Philip Stein, einem | |
engen Mitstreiter Kubitscheks, tauscht er sich über dessen Bemühungen, | |
einen Verlag aufzubauen, aus. Stein steht dem Projekt „Ein Prozent für | |
unser Land“ vor. Dieses „Greenpeace für Deutsche“, so Kubitschek, soll | |
Proteste gegen die Flüchtlings- und Asylpolitik bundesweit vernetzen. | |
## Mit Höcke per Du | |
Sezession ist ein Sprachrohr der Neuen Rechten. Seit 30 Jahren wollen die | |
verschiedensten neurechten Projekte das Denken und Handeln im | |
vorpolitischen Raum nach rechts lenken, um in den politischen Sphären | |
wirken zu können. Der Chefredakteur des neurechten Flaggschiffs Junge | |
Freiheit, Dieter Stein, legte 1992 dar: „Inzwischen scheint sich die | |
Erkenntnis wieder durchzusetzen, dass das Zentrum nicht eine Partei sein | |
kann, sondern ein vielfältiges politisches, kulturelles und publizistisches | |
Kapillarsystem […], durch das konservative Vorstellungen in breitere | |
Schichten sickern können.“ Heute unterstützen Neue Rechte längst die AfD. | |
Das IfS steht Björn Höcke äußert nahe. Kubitscheck und Höcke sind per Du. | |
Im Mai 2000 gründete Kubitschek mit Karlheinz Weißmann das Institut für | |
Staatspolitik. Auf einem 700 Jahre alten Rittergut in Schnellroda hat das | |
IfS seit Jahren seinen Sitz. Dort lebt und arbeitet Kubitschek mit Ehefrau | |
Ellen Kositza und Kindern. | |
In seinem neuesten Buch, „Die Spurbreite des schmalen Grates“, skizziert | |
Kubitschek das Profil des Magazins, das 2003 erst durch eine „wesentlichen | |
Betrag“ eines Förderers möglich wurde. Bataille statt Debatte ist die | |
Mentalität. Ihr Stil sei der des „geistigen Bürgerkrieges und des verloren | |
Postens“ gegen die totalitäre Egalität. Ein Tonfall zwischen Heroismus und | |
Fatalismus. Ein Sound, den das IfS von seinen geistigen Ahnen der | |
„Konservativen Revolution“ und des „italienischen Faschismus“ kolportie… | |
Die Bemühungen der Neuen Rechten um Distanz zur alten Rechten bedingt, dass | |
eine scharfe Trennlinie zwischen den verehrten konservativen Revolutionären | |
und den Nationalsozialisten gezogen wird. Ihre Ahnen von Arthur Moeller van | |
den Bruck über Julius Evola, Edgar Julius Jung und Carl Schmitt bis hin zu | |
Ernst Jünger will die Neue Rechte von jeglicher ideologischen Beteiligung | |
und kulturellen Verantwortung für die Nationalisierung der Politik | |
freisprechen. Diese Theoretiker hätten nichts mit der Demontage der | |
Demokratie, der Entwertung des Humanismus, der Legitimierung des | |
Totalitären und der Radikalisierung von Ressentiments zu tun. Sie wären | |
keine geistigen Brandstifter gewesen. Das will auch das IfS nicht sein. | |
Diese Vorhaltung wies Kubitschek bei einem Gespräch mit der taz auf | |
Schnellroda im Februar 2016 von sich. | |
30 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
Felix Krebs | |
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