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# taz.de -- Neue ICE-Trasse geplant: „Landschaft mit Beton“
> Die Bahn will die Trasse zwischen Hannover und Bielefeld aus- oder sogar
> ganz neu bauen. Dadurch verkürzt sich die Fahrtzeit nur wenig.
Bild: Könnte hier neben der A2 entstehen: Neue ICE-Trasse durch Schaumburg
Göttingen taz | Zwischen 48 und 55 Minuten braucht ein ICE der Deutschen
Bahn zurzeit, um von Hannover nach Bielefeld zu fahren. Das ist nicht sehr
viel für die 110 Kilometer lange Strecke. Aber es ginge noch schneller,
finden Bahnvorstände und [1][Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer] (CSU).
Sie wollen die Fahrzeit auf bis zu 31 Minuten senken und die Strecke
deshalb aus- respektive ganz neu bauen.
Statt wie bislang mit rund 200 Kilometern pro Stunde, könnten die Züge
künftig mit bis zu 300 km/h verkehren. Das sei wichtig, sagen die
Befürworter, um Berlin schneller an Ruhrgebiet und Rheinland anzubinden.
Und für den geplanten „Deutschlandtakt“: Der bundesweit abgestimmte
Fahrplan sieht im Kern einen Halbstundentakt auf den wichtigsten
Verbindungen im Fernverkehr vor.
Auch im Regionalverkehr wären erhebliche Verbesserungen möglich, wenn mehr
Gleise zur Verfügung stünden, heißt es: Zwischen Hannover und Minden etwa
könnte der Regionalexpress halbstündlich fahren und dann jeweils
abwechselnd weiter nach Bielefeld und Osnabrück/Rheine, das wäre doppelt so
häufig wie bisher.
Die S-Bahn von Hannover nach Minden könnte ebenfalls verlässlicher
verkehren und wäre damit für Pendler attraktiver, wenn sie nicht mehr durch
Fernzüge und Güterzüge ausgebremst werde.
## Streckenverlauf noch unklar
Die [2][Planungen für die neue Strecke] haben begonnen, aber noch ist
unklar, wo genau sie verlaufen soll. Um die Anwohner einzubinden, hat die
Bahn Anfang des Jahres einen „Bürgerdialog“ gestartet, im März tagte onli…
ein erstes „Planungsplenum“ mit Vertretern von Bahn, Behörden, Kommunen und
Bürgerinitiativen. Deutlich wurde dabei, dass es massiven Protest vor allem
gegen einen Neubau der Trasse gibt. Und: Unter den Kritikern finden sich
auch ausgewiesene Bahnfreunde.
Als Grundlage der Beratungen hat die Bahn Pläne für fünf Modell-Varianten
vorgelegt. Dabei wird Variante 1 wohl nicht ernsthaft verfolgt. Sie sieht
Ortsumfahrungen für Wunstorf, Bückeburg und Minden vor, dazu zusätzliche
Gleise auf einem Teilabschnitt. Maximal Tempo 230 könnten die ICE dabei
erreichen, und es würden nur acht Minuten Fahrzeit eingespart. Mit zurzeit
kalkulierten zwei Milliarden Euro ist diese Variante allerdings auch die
günstigste.
Variante 2 sieht eine Neubautrasse entlang der Autobahn 2 mit langen
Tunnelabschnitten vor. Dies würde für das gewünschte Tempo sorgen, die
Gesamtkosten aber wären hoch, Stand jetzt nämlich rund sechs Milliarden
Euro. Die dritte Variante beinhaltet einen kürzeren Neubauabschnitt an der
A2 und ein früheres Einfädeln in die bestehende Strecke bei Bad Oeynhausen.
In diesem Fall würde nicht das gewünschte Tempo erreicht und die Arbeiten
wären kompliziert.
In einer abgespeckten Variante 4 – mit weniger Ausbauten – stiegen die
relativen Kosten, es käme nicht zu dem erhofften Fahrzeitgewinn. Kosten und
Nutzen, Aus- und Neubau kombinieren soll Variante 5: Nahe an der
bestehenden Trasse sind dabei neue Gleise vorgesehen, Wunstorf würde
umfahren, das Wesergebirge in einem langen Tunnel unterquert.
## Sogar Umweltverbände sind skeptisch
Sogar Umweltverbände, die grundsätzlich mehr öffentlichen Verkehr und
insbesondere ein verbessertes Bahnangebot begrüßen, stellen solche
Milliarden-Ausgaben für ein paar Minuten eingesparte Fahrzeit infrage. Für
Verkehrswende und Klimaschutz seien in den nächsten zehn Jahren
entscheidende Schritte notwendig, erklärte etwa die Bezirkskonferenz
Naturschutz Ostwestfalen-Lippe – eine Strecke mit einer Planungs- und
Bauzeit von mindestens 20 Jahren gehöre nicht dazu.
Die Menschen wollten nicht vorrangig mit 300 km/h von einer Metropole zur
nächsten rasen, sondern pünktlich ankommen. Dazu bedürfe es verlässlicher
Anschlüsse und einer flächigen Anbindung ländlicher Regionen mit
vernünftigen Takt- und ohne lange Umsteigezeiten.
Deutlich positioniert sich der Dachverband gegen den Bau einer völlig neuen
Trasse: Ein solches Vorhaben mit einem mit einem bis zu 60 Meter breiten
„Baustellenmoloch“ werde sich durch eine vielgestaltige und besiedelte
Landschaft fressen, Landschafts- und Naturschutzgebiete in großem Ausmaß
zerstören und verinseln, Landschaften und Siedlungen verlärmen, die
Wasserversorgung gefährden und wertvolle Nutzflächen versiegeln. Für große
Tunnelbauten müssten riesige Gesteinsmengen bewegt werden.
Die im Schaumburger Land aktive [3][Initiative „Pro Ausbau“] sieht sich in
ihrer Ablehnung einer Neubaustrecke durch das jüngste Klimaurteil des
Bundesverfassungsgerichts bestätigt. „Es spielt uns in die Karten, denn es
wird definitiv auch Auswirkungen auf die Bahnpläne für die Region haben“,
sagte Claudia Grimm von „Pro Ausbau“ [4][der Schaumburger Zeitung].
## Kapazitätserweiterung ist notwendig
Bei den zurzeit heiß diskutierten Zielfahrplänen bestehe die Gefahr
bedrohlicher Fehlentwicklungen. Auf der Tagesordnung des Verkehrsministers
stünden wieder einmal Hochgeschwindigkeitsprojekte, ausufernde
Tunnelstrecken und Bahnhofsvergrabungen ganz oben. Diese Vorhaben
konterkarierten aber eine klimaverträgliche Ausrichtung des
Schienenverkehrs.
„Wir sind Bahnfreunde und setzen uns dafür ein, dass dieses Verkehrsmittel
für alle besser wird“, erklärt die Initiative. Das für den Ausbau bereit
gestellte Geld müsse ökologisch und ökonomisch eingesetzt werden.
Hochgeschwindigkeits-Phantasien bei steigendem Stromverbrauch seien ebenso
„von gestern wie Landschaft mit Beton zukippen, um 30 Minuten Zeit zu
sparen“.
Der ökologisch orientierte [5][Verkehrsclub Deutschland (VCD)] zeigt sich
für einen Streckenneubau offen. Er macht auf die rund 100.000 PKW und
20.000 LKW aufmerksam, die täglich auf der A2 zwischen Porta Westfalica und
Hannover unterwegs sind und entsprechend Dreck, Staub und giftiges Abgas
emittieren.
Schon deshalb bestehe großer Bedarf für einen leistungsfähigen Schienenweg.
„Im Abschnitt zwischen Minden und Wunstorf liegen nur zwei Gleise, das ist
zu wenig“, so der VCD. „Die Kapazitätserweiterung im Schienenverkehr ist
seit Jahrzehnten überfällig.“
21 Jun 2021
## LINKS
[1] /Andreas-Scheuer/!t5012011
[2] https://www.hannover-bielefeld.de/
[3] https://pro-ausbau.de/
[4] https://www.szlz.de/region/auetal_artikel,-klimaklatsche-staerkt-gegner-der…
[5] https://www.vcd.org/bahn/
## AUTOREN
Reimar Paul
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Deutsche Bahn
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