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# taz.de -- Nein zu „NoBillag“ in der Schweiz: Sieg der „Zwangsgebühren�…
> Mit großer Mehrheit hat die Schweiz für den Erhalt des
> öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestimmt. Die NoBillag-Initiative sieht
> sich dennoch erfolgreich.
Bild: Doch kein Sendeschluss: Billag bleibt
Genf taz | Auf den deutlichen Volksentscheid der SchweizerInnen gegen eine
Initiative zur Abschaffung von Empfangsgebühren für Rundfunk-und
Fernsehprogramme reagieren die marktradikalen und rechtspopulistischen
Befürworter der Initiative mit neuen Forderungen zur finanziellen
Schwächung der Schweizerischen Rundfunk-und Fernsehgesellschaft (SRG).
Bei dem Volksentscheid votierten am Sonntag über 71 Prozent der Abstimmend
gegen die NoBillag-Initiative, die ein in der Verfassung verankertes Verbot
jeglicher Finanzierung audivisueller Medien durch Gebühren oder Steuern
anstrebte. Zudem fordert die Initiative die ersatzlose Streichung der
bisherigen Verfassungsbestimmung, wonach Radio und Fernsehen „die
Ereignisse sachgerecht darstellen“ und „die Vielfalt der Ansichten
angemessen zum Ausdruck bringen muß“.
Billag ist der Name des Unternehmens, das im staatlichen Auftrag die
Gebühren eintreibt, mit denen nicht nicht nur die 17 landesweit
empfangbaren dreisprachigen Vollprogramme der SRG zu rund 75 Prozent
finanziert werden, sondern auch 34 lokale Rundfunk und TV-Sender.
## Gegen Daseinsfürsorge
Die Initiative scheiterte in allen 26 Kantonen – darunter mit 65,5 Prozent
„Nein“-Stimmen selbst im italienischsprachigen Tessin, wo Umfragen letzte
Woche noch ein „Ja“ erwarten ließen.
Die NoBillag-Initiative wurde 2014 auf den Weg gebracht von einer Gruppe
libertärer und marktradikaler Wirtschaftsstudenten und Professoren, die
staatliche Regeln und öffentliche Daseinsfürorge nicht nur im Mediensektor,
sondern in fast sämtlichen Bereichen strikt ablehnen. Stattdessen wollen
sie diese Aufgaben den „Gesetzen des freien Marktes“ und der
„Eigenverantwortung des freien Individuums“ überlassen. Sie berufen sich
dabei unter anderem auf den österreichischen Nationalökonomen Friedrich
August von Hajek, einer der wichtigsten Vordenker des Marktradikalismus.
Hajek plädierte für einen Minimalstaat, der sich beschränkt auf die
Außenpolitik und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung.
Die erforderlichen 100.000 Unterschriften, damit die Initiative dem Volk
zur Abstimmung vorgelegt werden konnte, kamen dank der Unterstützung der
rechtspopulistischen SVP zusammen. Sie stellt die größte Fraktion im Berner
Parlament sowie zwei der sieben Minister in der Regierung. Die SVP sah in
der NoBillag-Initiative die Chance, endlich die von ihr schon lange als
„linken Staatsfunk“ diffamierte SRG zu zerschlagen. Das liegt auch im
Interesse des SVP-Chefstrategen und milliardenschweren Unternehmers
Christoph Blocher, der bereits die rechtspopulistische Weltwoche und andere
ähnlich ausgerichtete Medien besitzt oder finanziert.
## Gebühren sinken
Lediglich unter den AnhängerInnen der SVP erhielt Initiative bei dem
Volksentscheid eine Mehrheit. NoBillag-Mitinitiant Olivier Kessler
bezeichnete die Abstimmung trotz des klaren Neins als „großen Erfolg“, denn
die „Zwangsgebühren“ hätten enttabuisiert werden können, und es sei eine
„große medienpolitische Diskussion“ lanciert worden. „Wir können stolz
darauf sein, dass die Schweiz als erstes Land über die Legitimation von
Zwangsgebühren im Medienbereich abstimmen konnte“, erklärte Kessler.
Die SVP-Medienpolitikerin Natalie Rickli verbuchte als Erfolg der
Initiative, dass Medienministerin Doris Leuthard im Verlauf des
Abstimmungskampfes eine Senkung der Billag-Gebühren von derzeit noch
jährlich 450 Schweizer Franken pro Haushalt auf 365 Franken ab Januar 2019
versprochen habe. Leuthard hatte diese Zusage im Herbst letzten Jahres
gemacht, als Umfragen eine Mehrheit für die NoBillag-Initiative ergaben.
Nickli verlangte ein „Abspecken“ der SRG sowie die völlige Streichung der
Gebühren für Unternehmen.
Der Verband der Zeitungsverleger forderte die Regierung zur Aufgabe von
Plänen auf, wonach die SRG künftig zielgruppengerichtete Werbung betreiben
und auf digitalen Kanäle expandieren dürfte. Zudem müsse die SRG auf neue
Formen der Kommerzialisierung verzichten, namentlich auf Onlinewerbung.
Auch ein bedingungsloser und schneller Austritt aus der Werbeallianz
Admeira sei notwendig. Unter den Befürwortern von NoBillag werden bereits
Pläne diskutiert zur Lancierung einer neuen Initiative mit diesen
Forderungen. Außerdem wollen sie eine noch weitergehende Reduzierung der
Billag-Gebühren. Bereits die zum Januar 2019 anstehende Gebührensenkung
werde bei der SRG zum Abbau von Arbeitsplätzen führen, kündigte ihr
Direktor Gilles Marchand gestern an.
4 Mar 2018
## AUTOREN
Andreas Zumach
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Karola Wille
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