# taz.de -- Nächste Weltklimakonferenz: Schlechte Vorzeichen für Dubai | |
> In Bonn haben Diplomat:innen UN-Verhandlungen gegen die Erderhitzung | |
> vorbereitet. Streitpunkt: Darf es auf dem Klimagipfel um Klimaschutz | |
> gehen? | |
Bild: Die Klimakrise hat die extremen Fluten in Pakistan 2022 begünstigt | |
CHIANG MAI taz | Am Ende stand immerhin die Tagesordnung: Die | |
Klimakonferenz in Bonn hat sich vor allem mit einem Streit um die Agenda | |
aufgehalten. Das Treffen, das in den vergangenen zwei Wochen stattfand, | |
sollte die große Weltklimakonferenz vorbereiten, die Ende des Jahres in | |
Dubai stattfindet. | |
Kontrovers war, ob ein „Arbeitsprogramm zur Emissionsminderung“ auf der | |
Agenda stehen soll oder nicht. Die Industriestaaten hatten sich diesen | |
Programmpunkt gewünscht, doch eine Gruppe von Ländern lehnte dies ab. | |
Dazu gehörten China, Indien, Russland, Saudi-Arabien sowie einige Staaten | |
Südamerikas wie Bolivien und Venezuela. Diese Länder brachten einen | |
weiteren Agendapunkt ein: Falls über Emissionsminderungen verhandelt werden | |
solle, dann müsse auch über die finanzielle Unterstützung der | |
Entwicklungsländer verhandelt werden. | |
Viele Umweltorganisationen haben dafür sogar Verständnis. Theresa Anderson | |
von Action Aid sagte etwa: „Beim Blockieren des Arbeitsprogramms geht es | |
nicht wirklich um Emissionssenkungen. Es geht um das Thema, das hier alles | |
untermauert. Es geht um Geld.“ | |
## Eindringlicher Appell aus Pakistan | |
Es gab aber durchaus auch Entwicklungsländer, die das Arbeitsprogramm | |
wollten – und den Agendapunkt zu den Klimahilfen als Ablenkungsmanöver | |
ablehnten. Dazu gehörten die kleinen Inselstaaten, die durch den | |
Meeresspiegelanstieg massiv bedroht sind, sowie die progressiven Länder | |
Südamerikas wie Kolumbien oder Chile. | |
Am vorletzten Tag des Gipfels richtete Nabeel Munir, einer der Vorsitzenden | |
der Verhandlungen, schließlich einen dringenden Appell an die Länder: „Wenn | |
wir die Agenda nicht verabschieden, geht all unsere Arbeit verloren.“ Der | |
Grund: Ohne Tagesordnung können zwar schon Gespräche und Diskussionen | |
stattfinden – aber formell keine Entscheidungen getroffen werden. | |
Munir erinnerte an die Überschwemmungen, die sein Heimatland Pakistan im | |
vergangenen Jahr heimgesucht hatten – wozu [1][nachweislich die Klimakrise | |
beigetragen hat]. „33 Millionen Menschen waren betroffen und ein Drittel | |
des Landes stand unter Wasser – und ich soll in mein Land zurückkehren und | |
den Menschen sagen, dass wir zwei Wochen lang über die Agenda gestritten | |
haben?“ | |
Munirs Appell zeigte Wirkung und die Länder einigten sich schließlich. | |
Aber: Die Agenda beinhaltet nun weder das Arbeitsprogramm zu den | |
Emissionsminderungen noch den Punkt zu den Klimahilfen. | |
„Es ist verrückt, dass die Regierungen bei internationalen Verhandlungen | |
über den Klimawandel nicht darüber verhandeln sollen, wie sich das Problem | |
reduzieren lässt“, sagte der Klimaschützer Wendel Trio, ein langjähriger | |
Beobachter der UN-Klimaverhandlungen. | |
Das Kalkül der Gegner des Arbeitsprogramms sei aufgegangen: „Ihre Strategie | |
hat funktioniert, die Klimahilfen gegen die Emissionsminderungen | |
auszuspielen. Bestimmte Länder ziehen es vor, dass das Arbeitsprogramm zur | |
Emissionsminderung so wenig Aufmerksamkeit und Unterstützung wie möglich | |
erhält“, so Trio. | |
Nun müsse die Präsidentschaft der Klimakonferenz im Dezember sicherstellen, | |
dass der Senkung der Emissionen und den Klimageldern dennoch genug Zeit | |
eingeräumt wird. Doch Trio ist skeptisch, dass das passiert: „In Anbetracht | |
der Kontroversen um die neue Präsidentschaft und der Ereignisse in Bonn | |
gibt es Zweifel an den Fortschritten, die auf der Konferenz in Dubai | |
erzielt werden können.“ | |
Ahmed Al Jaber, der designierte Präsident der Konferenz, ist nicht nur der | |
Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, sondern [2][auch der | |
Chef der nationalen Ölfirma Adnoc] – eine Ämterhäufung, die viele für | |
problematisch halten. | |
Bei der Konferenz in Dubai sollen eigentlich einige wichtige Beschlüsse | |
gefasst werden. Zum einen soll der Klimaschutz einen neuen Schub bekommen, | |
da sich abzeichnet, dass die bisherigen globalen Maßnahmen nicht | |
ausreichen, um die Klimaerwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. | |
Zum anderen muss ein im vergangenen Jahr beschlossener Fonds für | |
klimawandelbedingte Schäden und Verluste aufgesetzt werden. Den sollen die | |
Industrieländer füllen. Knackpunkt dabei ist, ob China mit einzahlen muss | |
oder nicht. | |
Ob eine Einigung gelingt, ist nach dem Agenda-Streit in Bonn allerdings | |
fraglich. Die Länder haben bei der letzten UN-Klimakonferenz im ägyptischen | |
Scharm al-Scheich beschlossen, [3][dass es den Fonds geben soll] – das war | |
ein wichtiges Anliegen der Entwicklungsländer gewesen. Das Arbeitsprogramm | |
zur Emissionsminderung setzten die Industrieländer im Gegenzug durch. | |
Nachdem dieses Programm nun torpediert wurde, könnten diese sich | |
revanchieren und wiederum beim Fonds mauern. Dann ginge der Agenda-Streit | |
zulasten der Verwundbarsten wie den Inselstaaten: Die Emissionen bekämen zu | |
wenig Beachtung und mit den Schäden infolge der Erwärmung würden sie | |
alleine gelassen. | |
18 Jun 2023 | |
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[1] /Verheerende-Ueberschwemmungen-in-Pakistan/!5881996 | |
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## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
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