# taz.de -- Nachruf auf Allen Toussaint: Funky, funky | |
> Er war etwas unauffälliger als James Brown oder Sly Stone, aber er trug | |
> den Funk in die Welt hinaus: Allen Toussaint ist gestorben. | |
Bild: Da sag‘ noch einer, er sei nicht schillernd: Allen Toussaint 2007 bei e… | |
Sie waren zu dritt und sie brachten der Menschheit ein kostbares Geschenk: | |
den Funk. Sie hießen James Brown, Sly Stone und Allen Toussaint. Allen wer? | |
Verglichen mit den schillernden Bühnengiganten Brown und Stone, mag der | |
lieber unauffällig hinter den Kulissen tätige Toussaint farblos und | |
langweilig gewirkt haben. Der musikalische Einfluss des Multitalents kann | |
allerdings gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. | |
1938 in New Orleans geboren, begann Toussaint im Alter von sechs Jahren | |
Klavier zu spielen. Als Teenager schloss er sich einer der vielen lokalen | |
R&B-Bands an. Als er bei Sessions für Fats Domino und Huey „Piano“ Smith | |
einen guten Eindruck hinterließ, machte ihn der einflussreiche Produzent | |
Cosimo Matassa zu seinem Hauspianisten. 1958 erschien unter dem Namen Al | |
Tousan ein erstes Album. Der darauf enthaltene Titel „Java“ wurde 1964 in | |
der Version des Easy-Listening-Trompeters Al Hirt ein Nummer-eins-Hit in | |
den USA. | |
Bereits 1960 hatte Toussaint begonnen, für kleine lokale R&B-Labels zu | |
produzieren und zu arrangieren. Mit großem Erfolg: Ernie K-Doe bescherte | |
ihm mit „Mother-in-Law“ 1961 seinen ersten landesweiten | |
Nummer-eins-Pop-Hit. Seine große Zeit begann 1965 mit den Lee-Dorsey-Hits | |
„Ride Your Pony“, „Working In The Coal Mine“ und „Holy Cow“. Die Ti… | |
der supererfolgreichen TV-Show „The Dating Game“ ging auf ihn zurück | |
(“Whipped Cream“). | |
## „Everything I Do Gonna Be Funky“ | |
Zu jener Zeit widmete sich Toussaint verstärkt der in New Orleans so | |
populären karibischen Polyrhythmik. Unterstützt von seiner Hausband The | |
Meters schrieb er Arrangements, die einerseits von hoher rhythmischer | |
Sophistication waren, aber auch klar, übersichtlich und reduziert. | |
„Everything I Do Gonna Be Funky“, lautete sein Credo. Toussaint trug diese | |
Haltung in die Welt hinaus. Er arbeitete mit Stars wie The Band oder Paul | |
McCartney zusammen. | |
Als die Musik in den Achtzigern zunehmend elektronisch produziert wurde, | |
begann sein Stern zu sinken. Er veröffentlichte einige seltsame Light-Jazz- | |
und Easy-Listening-Alben. In den Neunzigern begann dank HipHop und Rare | |
Groove eine neue Generation auf ihn aufmerksam zu werden. Als Hurrikan | |
„Katrina“ im August 2005 sein Haus und sein Studio zerstörte, ging er nach | |
New York und begann etwas zu tun, was er zuvor vernachlässigt hatte: touren | |
und live auftreten. | |
2006 kehrte er nach New Orleans zurück. „The River In Reverse“, seine | |
Kollaboration mit Elvis Costello, war das erste in der Stadt produzierte | |
Album nach den schweren Zerstörungen. 2013 erhielt Toussaint die National | |
Medal of Arts, die höchste staatliche Auszeichnung für Künstler in den USA. | |
Laudator war Barack Obama. | |
Am Montagabend erlitt Allen Toussaint nach einem Konzert in Madrid in | |
seinem Hotelzimmer einen Herzstillstand. Er konnte noch wiederbelebt | |
werden, starb dann aber in den frühen Morgenstunden des 10. November im | |
Krankenhaus. | |
12 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Detlef Diederichsen | |
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