# taz.de -- Nachnutzung von THF: Tempelhof beflügelt Bürger | |
> Endlich fließt mehr Geld für das ehemalige Tempelhofer Flughafengebäude. | |
> Die BerlinerInnen sollen künftig mitreden dürfen, wenn es darum geht, es | |
> auszugeben. | |
Bild: Ein Ort voller Potenziale: die ehemalige Flughafen-Haupthalle in Tempelhof | |
In ein paar Monaten, nach dem Sommer, wird es auch schon wieder zehn Jahre | |
her sein: Im Oktober 2008 startete zum letzten Mal ein Verkehrsflugzeug auf | |
dem Tempelhofer Feld. Die Fläche wurde danach zu einem der beliebtesten und | |
ungewöhnlichsten Berliner Parks. Für das riesige Gebäude aus Nazizeiten, | |
der Viertelkreis der Hangars sowie die weitläufigen Abfertigungs-, | |
Wirtschafts- und Verwaltungstrakte, fehlt dagegen bis heute ein klares | |
Konzept. | |
Sicher: Es gibt Festivals und Messen, Zwischennutzungen wie die | |
Unterbringung von Geflüchteten, auch Behörden und Unternehmen haben sich | |
angesiedelt, von der Polizei bis zur Tanzschule. Andererseits sind immer | |
noch rund 20.000 Quadratmeter Bürofläche unvermietet, und ein Vielfaches | |
davon ließe sich kulturell, gastronomisch oder sonst wie bespielen, wenn | |
denn erst einmal eine Instandsetzung stattgefunden hat. | |
Die gute Nachricht, die Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) | |
und die Chefin der Tempelhof Projekt GmbH, Jutta Heim-Wenzler, am | |
vergangenen Dienstag für rund 200 Interessierte in der ehemaligen | |
Flughafen-Zollgarage hatten, lautete: Es gibt Geld! Nicht genug, denn der | |
„Instandsetzungsrückstau“ sei enorm, so Heim-Wenzler, Schätzungen gingen | |
von einem Betrag von mehr als einer halben Milliarde Euro aus. Aber 131,9 | |
Millionen aus dem SIWANA-Zukunftsfonds sind auch nicht nichts. Die fließen | |
nun in zwei Gebäudeflügel am Platz der Luftbrücke, zum größten Teil aber in | |
die Hangars, wo auch weiterhin große Veranstaltungen stattfinden sollen. | |
Lompscher wiederholte einen Satz, der im Zusammenhang mit „THF“ gerne | |
fällt: „Der ehemalige Flughafen ist kein Gebäude, sondern ein Stadtteil.“ | |
Den gelte es jetzt fit zu machen, und zwar in einem „lustmachenden | |
Arbeitsprozess.“ Damit auch alle, die wollen, dabei mitgenommen werden | |
(oder wenigstens das Gefühl haben), läuft seit dem Tag der offenen Tür im | |
Herbst ein Beteiligungsprozess, bei dem [1][on- und offline rund 600 Ideen | |
gesammelt] wurden. Vieles davon dreht sich um Kunst, um Bildungs- und | |
Jugendarbeit, auch einer Teilnutzung durch kleine Handwerksbetriebe oder | |
Co-Working-Spaces sind die Menschen nicht abgeneigt – der große Profit soll | |
nicht gemacht werden. | |
Besonders wichtig scheint den meisten das Kriterium „Offenheit“ zu sein. | |
Eine Durchlässigkeit vom Platz der Luftbrücke zum Feld müsse geschaffen | |
werden, die Menschen sollten Zugang „vom Keller bis zum Dach“ erhalten. | |
Immerhin Letzteres wird auch ohne den anstehenden Planungsprozess in | |
wenigen Jahren Realität: Tower und Dachterrasse am südlichen Ende des | |
Gebäudekomplexes werden saniert und sollen bis 2021 für jeden begehbar | |
sein. Hinzu kommt die „Geschichtsgalerie“, die das Flughafenrund in | |
Dachhöhe auf 1,3 Kilometern erlebbar machen wird. Der Architekturwettbewerb | |
dafür wurde gerade abgeschlossen. | |
## Platzen vor Glück | |
Etliche Anwesende zeigten sich am Dienstag euphorisch: „Also ich platze | |
gerade regelrecht vor Glück“, sagte eine Frau im Publikum. Seit Jahren | |
laufe sie mit Visionen für das riesige Gebäude herum, jetzt gehe es endlich | |
los. Wenn sie Glück hat, kann sie als eine von sechs BürgerInnen ausgewählt | |
werden, die in einem „Arbeitsgremium“ zusammen mit der Tempelhof Projekt | |
GmbH und einem fachlichen Beirat an der Zukunft von THF zimmern dürfen. | |
Ein Commitment haben sie der Senatorin bereits abgerungen: Nachdem | |
deutliche Kritik am Vertrag geäußert wurde, der dem Internethändler | |
„Zalando“ mehrmals im Jahr erlaubt, alle nicht dauerhaft vermieteten | |
Flächen im Gebäude für die Modemesse „Bread and Butter“ zu nutzen, sagte | |
Katrin Lompscher, dieser Vertrag, den sie von ihren Vorgängern geerbt habe, | |
sei „noch nie ein Segen gewesen“. Und: „Ich sage politische Unterstützung | |
zu, dass wir von diesem Vertrag wegkommen.“ | |
Die SiegerInnen-Entwürfe des [2][Wettbewerbs „Flughafengebäude Tempelhof – | |
Geschichtsgalerie auf dem Dach“] sind noch bis zum 26. Mai 2018 immer von | |
13 bis 19 Uhr im Flughafengebäude Tempelhof zu besichtigen: Bauteil H2 | |
Rund, Platz der Luftbrücke 4, 12101 Berlin. | |
10 May 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://mein.berlin.de/projects/ideensammlung-zukunft-thf/ | |
[2] https://www.thf-berlin.de/presse/geschichtsgalerie-auf-dem-dach/ | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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