# taz.de -- Nach pro-palästinensischer Demo: Scharfe Kritik an Polizei | |
> Die Journalistengewerkschaft reagiert empört über den Ausschluss von | |
> Berichterstattern bei dem Protest am Samstag in Berlin. | |
Bild: Teilnehmende bei dem Protest am Samstag in Berlin | |
Berlin epd/dpa Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) | |
hat nach dem Ausschluss Medienschaffender [1][von einer | |
pro-palästinensischen Demonstration in Berlin] schwere Vorwürfe gegen die | |
Polizei erhoben. Die dju-Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann | |
bezeichnete das Vorgehen der Polizei am Montag als „skandalös“. Die | |
Berliner Polizei sei ihrer Aufgabe nicht nachgekommen, freie | |
Berichterstattung zu gewährleisten. | |
Der Vorfall vom vergangenen Samstag müsse unbedingt aufgearbeitet werden, | |
forderte Hofmann: „Wir brauchen eine Klarstellung seitens der | |
Innensenatorin, dass Journalisten keine Teilnehmer von Versammlungen sind.“ | |
Die Berliner Polizei hatte bei der Demonstration nach eigenen Angaben zwei | |
Pressevertreter „zu deren Schutz“ zunächst an den Rand der Demonstration | |
gebracht. Nach deren Rückkehr in den Demonstrationszug und neuerlichen | |
Konflikten habe der Versammlungsleiter die beiden Personen ausgeschlossen. | |
Die Polizei habe die Medienvertreter offenbar als Teilnehmer eingestuft und | |
sie „unter dem Vorwand, sie zu schützen“ aus der Versammlung | |
herausgenommen, kritisierte Hoffmann. Damit habe sie die Journalisten dabei | |
behindert, sich ein umfassendes Bild der Vorgänge zu verschaffen. Überdies | |
hätten die Betroffenen die Versammlung nicht gestört, sondern lediglich | |
darüber berichtet. | |
Die Polizeibehörden hatten ihr Vorgehen unter Hinweis auf das Berliner | |
Versammlungsfreiheitsgesetz gerechtfertigt. Demnach „darf die | |
Versammlungsleitung Personen, die die Ordnung der Versammlung erheblich | |
stören, aus der Versammlung ausschließen. Wer aus der Versammlung | |
ausgeschlossen wird, hat sich unverzüglich zu entfernen.“ | |
Der Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Hendrik Zörner, | |
betonte am Montag, dies gelte nur für Versammlungen in privaten Räumen. Bei | |
Versammlungen im öffentlichen Raum gebe es kein entsprechendes Hausrecht. | |
Journalisten seien keine Versammlungsteilnehmer, erklärte auch der | |
DJV-Vorsitzende Frank Überall: „Als solche können sie nicht ausgeschlossen | |
werden.“ | |
Versammlungsleiter könnten viele Wünsche äußern, sagte Überall. Im Fall von | |
Demonstrationen müsse jedoch „juristisch fein unterschieden werden“ | |
zwischen Teilnehmenden und Journalisten. Er forderte eine Aufklärung der | |
Darstellung der Polizei, nach der der Ausschluss rechtens war. „Wenn Gefahr | |
besteht, müssen verschiedene Rechtsgüter abgewogen, werden. Pressefreiheit | |
ist ein starkes Recht“, mahnte Überall. | |
„Wo wir nicht mehr die Möglichkeit haben zu berichten, stirbt ein Stück | |
Demokratie“, warnte der DJV-Vorsitzende. Ärger über Berichterstattung sei | |
menschlich nachvollziehbar. Man müsse aber „in einer Demokratie | |
unterschiedliche Ansichten und Darstellungen aushalten“. | |
Laut Medienberichten hatten am Samstag in Berlin bis zu 500 Menschen in | |
Solidarität mit Palästina und gegen Israel demonstriert. Aus dem | |
Demonstrationszug heraus sei wiederholt „Stoppt die Waffen, stoppt den | |
Krieg, Intifada bis zum Sieg“ skandiert worden. Die Dokumentations- und | |
Analyseplattform „Democ“ berichtete zudem von antisemitischen Äußerungen | |
wie „Drecksjude“. Das hatte breite Empörung ausgelöst. | |
Am Montag wertete die Polizei Videos aus, um mögliche Täter zu | |
identifizieren, wie ein Sprecher erklärte. Er wies Kritik daran zurück, | |
dass insbesondere die Demonstration am Samstag in Neukölln nicht beendet | |
worden sei. Es komme darauf an, ob die antisemitischen Rufe und Parolen von | |
Einzelnen, Gruppen oder aus einer ganzen Demonstration heraus erfolgten, so | |
der Polizeisprecher. | |
## Mit Dolmetscher vor Ort | |
Man habe die Situation vor Ort beobachtet und eigens einen Dolmetscher | |
dabei gehabt, der arabische Parolen übersetzt habe. Anderseits könne die | |
Polizei bei einer Demonstration mit vielen Hundert Teilnehmern nicht alles | |
sehen und hören. Auch am 1. Mai werde die Polizei mögliche antisemitische | |
Plakate oder Parolen aus dem ersten Block der linken Gruppe „Migrantifa“ | |
sehr genau im Auge haben. Im vergangenen Jahr waren in dem | |
Demonstrationsblock junger Migranten antisemitische Vorfälle beobachtet | |
worden. | |
25 Apr 2022 | |
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