| # taz.de -- Nach der Libyen-Konferenz: Die Bewährungsprobe | |
| > Die Lage in Libyen hat sich deutlich verbessert. Trotzdem muss | |
| > Deutschland auch mit Blick auf den erhofften Sitz im UN-Sicherheitsrat | |
| > mehr leisten. | |
| Bild: Eine Man schwenkt die libysche Fahne am Jahrestag der Revolution, am 17. … | |
| Seit der damalige [1][US-Außenminister James Baker] 1991 vorschlug, | |
| Deutschland solle womöglich einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat | |
| erhalten, haben sich viele Bundesregierungen mal mehr, mal weniger für | |
| dieses Ziel engagiert. Zwar spricht derzeit nichts dafür, dass das höchste | |
| Gremium bei den UN reformiert wird. Trotzdem hat [2][Bundesaußenminister | |
| Heiko Maas] das deutsche Engagement bei den Vereinten Nationen | |
| hochgefahren. | |
| Deutschland engagiert sich mit viel Geld, bei Blauhelmeinsätzen und | |
| zunehmend auch auf diplomatischem Parkett. Die [3][Libyen-Konferenz] diese | |
| Woche in Berlin kann man so auch als diplomatische Bewährungsprobe | |
| betrachten. Die Krise in dem nordafrikanischen Land ist schließlich eine | |
| der explosivsten und kompliziertesten weltweit. Leider jedoch ist die | |
| Aussicht auf Erfolg ähnlich gering wie die auf den ersehnten permanenten | |
| Sitz im Sicherheitsrat. | |
| Zwar hat Maas recht, wenn er feststellt, dass sich die Lage in Libyen seit | |
| der ersten Berliner Konferenz Anfang 2020 deutlich verbessert hat. Da galt | |
| es noch als undenkbar, dass eine Übergangsregierung Wahlen für Ende dieses | |
| Jahres vorbereiten könnte. Nach dem [4][Waffenstillstand vom Oktober] | |
| vertrat Premierminister Abdul Hamid Dbaiba sein Land in Berlin. Ein | |
| immenser Fortschritt. Doch solange [5][Soldaten und Söldner fremder Mächte] | |
| auf libyschem Boden sind, droht die Gefahr, dass ein Wahlverlierer den | |
| Krieg von Neuem beginnt. | |
| Deutschland ist es nicht gelungen, den für den Abzug nötigen Druck vor | |
| allem auf die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland zu | |
| organisieren. Angeblich wollen Russland und die Türkei je 300 der auf | |
| 20.000 geschätzten Söldner abziehen. Umso mehr hätte Maas andere Themen | |
| aufbringen müssen, allen voran die Menschenrechte. Doch die kommen erst | |
| ganz am Ende der Abschlusserklärung vor. Dort heißt es, man werde „die | |
| libyschen Behörden, sofern erforderlich, bei der Entwicklung eines | |
| umfassenden Ansatzes zum Umgang mit Migration unterstützen“. Sofern | |
| erforderlich? | |
| ## In Berlin nur allgemeine Aufrufe | |
| Die Organisation [6][Ärzte ohne Grenzen] hat die medizinische Versorgung | |
| von Flüchtlingen in zwei Internierungslagern der Regierung kürzlich wegen | |
| der überbordenden Gewalt eingestellt. Bis zu vier Flüchtende teilen sich | |
| dort einen Quadratmeter Fläche, es gibt Berichte über Folter, Hunger und | |
| Willkür. Mehr als 650.000 Geflüchtete sollen derzeit unter furchtbaren | |
| Bedingungen in Libyen leben, 6.000 von ihnen in Lagern. | |
| Deutschland machte das in Berlin zu wenig zum Thema, vermutlich auch, weil | |
| allein in diesem Jahr 14.000 Flüchtende von Libyens „Küstenwache“ vom | |
| Mittelmeer zurück in diese Hölle gebracht wurden. Bezahlt wird sie von der | |
| EU. Die Krise in Libyen droht zudem noch viel mehr Menschen in die Flucht | |
| zu treiben. Kenia, Niger und Tunesien warnten im Sicherheitsrat, aus Libyen | |
| abziehende Söldner und ihre Waffen drohten den ganzen Sahel zu | |
| destabilisieren. | |
| Im April wurde Tschads Präsident [7][Idriss Déby] von aus Libyen | |
| angreifenden Kämpfern getötet. Der sogenannte Islamische Staat oder Boko | |
| Haram sind ebenfalls mit Hilfe von Ex-Söldnern aus Libyen gewachsen. Wenn | |
| eine künftige libysche Regierung ihr Staatsgebiet besser schützt, ist die | |
| Gefahr groß, dass bitterarme und instabile Staaten mit denen zu kämpfen | |
| haben, die dann Libyen verlassen. Dieser Gefahr muss schon jetzt begegnet | |
| werden, mit internationaler Hilfe. In Berlin gab es dazu nur allgemeine | |
| Aufrufe. | |
| Deutschland als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat, das wünschen sich | |
| Unterstützerstaaten auch deshalb, weil sie sich davon eine neue Dynamik | |
| erhoffen. Eine Diplomatie, die die Menschen und ihre unveräußerlichen | |
| Rechte in den Mittelpunkt stellt und bisher unüberwindbar scheinende Hürden | |
| bei der Beendigung teils jahrzehntelanger Konflikte einreißt. Um diesen | |
| Ansprüchen gerecht zu werden, muss Deutschland noch zulegen. Die nächste | |
| Bewährungsprobe kommt bestimmt. | |
| 25 Jun 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.diplomatisches-magazin.de/artikel/wie-deutschland-einen-staendi… | |
| [2] /Heiko-Maas-in-Libyen/!5757320 | |
| [3] /Nach-der-Libyen-Konferenz/!5782973 | |
| [4] /Nach-Vereinbarung-in-Genf/!5723263 | |
| [5] /Krieg-in-Libyen/!5668759 | |
| [6] https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/unsere-arbeit/einsatzlaender/libyen | |
| [7] /Krieg-in-Tschad/!5768050 | |
| ## AUTOREN | |
| Marc Engelhardt | |
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