# taz.de -- Nach Rausschmiss aus der AfD: Kalbitz will Entscheidung anfechten | |
> Andreas Kalbitz kündigt an, gegen seinen Parteiausschluss juristisch | |
> vorzugehen. AfD-Chef Jörg Meuthen behauptet, die Maßnahme sei keine | |
> politisch begründete. | |
Bild: In der AfD Brandenburg möchte man an ihm festhalten: der frisch rausgewo… | |
BERLIN/POTSDAM dpa/afp/epd | Andreas Kalbitz, will gegen die Entscheidung | |
der AfD-Spitze, [1][seine Parteimitgliedschaft wegen früherer Kontakte zum | |
rechtsextremen Milieu zu beenden], vorgehen. Am Freitag hatte eine Mehrheit | |
des Bundesvorstandes für den Rausschmiss des Brandenburger Landes- und | |
Fraktionschefs aus der AfD gestimmt. Kalbitz zählte mit Thüringens | |
AfD-Landeschef Björn Höcke zu den Schlüsselfiguren des rechten „Flügels�… | |
der sich im April nach eigenen Angaben selbst aufgelöst hat. | |
„Ich (...) werde alle juristischen Möglichkeiten nutzen, um diese aus | |
meiner Sicht politische Fehlentscheidung anzufechten“, teilte er auf | |
Anfrage mit. Eine Sprecherin der AfD-Fraktion erklärte, die Fraktion werde | |
sich später zu der Entscheidung äußern. Ob Kalbitz formell weiter Landes- | |
und Fraktionschef ist, war zunächst unklar. Kalbitz wurde im April 2017 | |
Vorsitzender der AfD Brandenburg, im November 2017 Chef der | |
Landtagsfraktion. Die AfD kam bei der Landtagswahl 2019 unter seiner | |
Parteiführung auf 23,5 Prozent – Rang zwei hinter der SPD, die seit 30 | |
Jahren im Land regiert. | |
Nach dpa-Informationen stimmten der Parteivorsitzende Jörg Meuthen und | |
sechs weitere Mitglieder des Parteivorstandes für den Beschluss. Kalbitz, | |
der Co-Vorsitzende Tino Chrupalla, die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, | |
Alice Weidel, sowie drei weitere Mitglieder waren dagegen. Carsten Hütter | |
aus Sachsen enthielt sich demnach der Stimme. | |
Mehrere Parteikollegen von Kalbitz zeigten sich solidarisch mit Kalbitz. | |
„Wir stehen zu unserem Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz“, schrieb Landes- | |
und Fraktionsvize Birgit Bessin gemeinsam mit den Abgeordneten Dennis | |
Hohloch und Andreas Galau bei Facebook. „Der politische Gegner seht | |
draußen!“, schrieb Bessin. | |
Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland sagte gegenüber der ARD und | |
dem ZDF, er halte die Entscheidung des Bundesvorstandes „für falsch und für | |
gefährlich für die Partei“. Er glaube nicht, dass dies juristisch Bestand | |
habe. Co-Fraktionschefin Weidel sagte, das Verfahren sei „juristisch höchst | |
angreifbar“. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner forderte via | |
Twitter „dringend und kurzfristig“ die Einberufung eines Bundesparteitages, | |
damit jedes Mitglied des Bundesvorstandes seine Gründe für seine | |
Entscheidung darlegen könne. Er habe zu den fünf Mitgliedern gehört, die | |
gegen diese Entscheidung gestimmt hätten. | |
„Wir sind eine bürgerlich-freiheitlich-konservative Partei“ | |
Meuthen erklärte in ARD und ZDF, in einer „sehr ernsthaften, auch | |
kontroversen“ Diskussion sei es darum gegangen, ob die Bedingungen zur | |
Aufnahme von Kalbitz 2013 rechtlich korrekt waren oder nicht. „Und wir sind | |
zu dem Ergebnis gekommen, mehrheitlich, sie sind es nicht und haben daraus | |
die Konsequenzen gezogen.“ Am Samstag verteidigte er im RBB-Inforadio | |
erneut die Beendigung der Parteimitgliedschaft des Brandenburger Landes- | |
und Fraktionschefs Andreas Kalbitz. Die Debatte im Vorstand sei keine | |
politische gewesen, „sondern eine rechtliche über die Frage, ob die | |
Mitgliedschaft nichtig gestellt werden muss, weil bei der Parteiaufnahme | |
wichtige Tatsachen verheimlicht wurden“. | |
Nach Aktenlage sei Kalbitz Mitglied der rechtsextremen „Heimattreuen | |
deutschen Jugend“ gewesen, sagte Meuthen. Es habe aus der Partei heraus | |
Druck gegeben, in dieser Frage zu entscheiden. „Wir sind eine | |
bürgerlich-freiheitlich-konservative Partei“, sagte der AfD-Vorsitzende. | |
„Wir müssen geschlossen stehen, wir müssen aber eine klare Abgrenzung zu | |
rechtsextremen Positionen haben.“ | |
Meuthen hob hervor, es gehe nicht um eine politische Bewertung der Arbeit | |
von Kalbitz. Dieser habe „sehr viel Gutes“ für die Partei getan, zum | |
Beispiel einen guten Wahlkampf in Brandenburg geführt. Es sei eine | |
„schmerzhafte Entscheidung“ gewesen, fügte Meuthen hinzu. | |
## Kalbitz fordert Anhänger auf, in der Partei zu bleiben | |
In dem Beschluss des AfD-Bundesvorstands heißt es, die Mitgliedschaft sei | |
mit sofortiger Wirkung aufgehoben, „wegen des Verschweigens der | |
Mitgliedschaft in der „Heimattreuen Deutschen Jugend““ (HDJ) und „wegen… | |
Nichtangabe seiner Mitgliedschaft“ bei den Republikanern zwischen Ende 1993 | |
und Anfang 1994. Die HDJ steht auf der sogenannten Unvereinbarkeitsliste | |
der AfD. Wer Mitglied einer Gruppierung war, die auf dieser Liste steht, | |
darf nicht in die AfD aufgenommen werden. | |
Kalbitz hatte [2][in einer vom Vorstand geforderten Stellungnahme | |
eingeräumt], dass er es für „durchaus möglich und wahrscheinlich“ halte,… | |
Zusammenhang mit dem Besuch einer Veranstaltung der HDJ auf einer Liste der | |
inzwischen verbotenen Organisation zu stehen. Laut einem internen Gutachten | |
des Verfassungsschutzes fand sich in den Unterlagen der rechtsextremen | |
Gruppierung eine Mitgliedsnummer, die der „Familie Andreas Kalbitz“ | |
zugeordnet war. Kalbitz hatte betont, er sei nicht Mitglied. | |
Kalbitz selbst sagte im ZDF: „Ich bedaure, dass Teile des Bundesvorstandes | |
sich offensichtlich zu Handlagern der politischen Gegner und des | |
Verfassungsschutzes gemacht haben.“ Seine Anhänger rief er zum Zusammenhalt | |
in der Partei auf. „Ich bitte Euch herzlich: Tretet nicht aus, wir machen | |
natürlich weiter. Die Verantwortung für unser Land ist wichtiger als | |
einzelne Personen“, sagte Kalbitz am Freitagabend in einem Video bei | |
Facebook. „Und ich bin zuversichtlich, dass wir in Brandenburg auch in | |
Zukunft wieder weiter an diesen Erfolg anknüpfen werden.“ | |
## Brandenburgs Linke: Verfassungsschutz soll AfD beobachten | |
Aus Sicht der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken ändert der Rauswurf von Kalbitz | |
nichts an der Ausrichtung der AfD. „Es wird der AfD weder durch die | |
[3][wirkungslose Auflösung des sogenannten „Flügels“] noch durch | |
Parteiausschlüsse gelingen, sich von dem rechtsextremen Gedankengut zu | |
distanzieren, das längst die gesamte Partei durchdrungen hat“, sagte Esken | |
dem Nachrichtenportal t-online.de. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamim | |
Strasser schrieb auf Twitter: „Wenn es der #AfD wirklich um Rechtsextreme | |
in den eigenen Reihen ginge, wäre #Höcke schon längst weg“. | |
In Brandenburg selbst wurden nach dem Rausschmiss von Kalbitz aus der AfD | |
weitere Konsequenzen gefordert. Der Verfassungsschutz solle eine | |
Beobachtung des AfD-Landesverbandes genau prüfen, erklärte die | |
Landesvorsitzende der Grünen, Julia Schmidt, am Freitagabend in Potsdam. | |
Die Landesvorsitzenden der Linken, Katharina Slanina und Anja Mayer, | |
forderten die Beobachtung durch den Verfassungsschutz: „Die Brandenburger | |
AfD stand und steht dem Flügel nahe – und nun ist ihr Landesvorsitzender | |
selbst der AfD zu rechts“, erklärten sie. | |
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Petra Budke, und der | |
SPD-Fraktionsvorsitzende, Erik Stohn, forderten Kalbitz auf, sein | |
Landtagsmandat niederzulegen. „Er hat die Öffentlichkeit stets getäuscht | |
über seine Rolle und Verstrickung in der rechtsextremen Szene“, sagte | |
Stohn. | |
16 May 2020 | |
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