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# taz.de -- Nach Messerangriff in Mannheim: Polizist ist gestorben
> Ein 25-Jähriger hatte auf dem Mannheimer Marktplatz mehrere Personen mit
> dem Messer angegriffen. Ein Polizist erlag nun seinen schweren
> Verletzungen.
Bild: Auf dem Mannheimer Marktplatz arbeitet die Spurensicherung nach dem Messe…
Karlsruhe taz | Der Polizist, der bei dem Messerangriff auf dem Mannheimer
Marktplatz attackiert worden war, ist an seinen Verletzungen gestorben. Der
29-jährige Beamte war nach der Tat notoperiert und ins künstliche Koma
versetzt worden. Er starb am Sonntag, wie das Landeskriminalamt
Baden-Württemberg und die Staatsanwaltschaft Karlsruhe mitteilten. Der
Angreifer ist ein 25-jähriger Mann, die Tat fand anlässlich einer
Versammlung von radikalen Islamfeinden der Bewegung Pax Europa (BPE) [1][am
Freitag auf dem Mannheimer Marktplatz statt]. Der Polizist war
eingeschritten, um zu helfen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich betroffen. „Es bestürzt mich
zutiefst, dass der mutige Polizeibeamte nach dem furchtbaren Angriff in
Mannheim seinen schweren Verletzungen erlegen ist“, erklärte Scholz im
Onlinedienst X. „Sein Einsatz für die Sicherheit von uns allen verdient
allerhöchste Anerkennung.“ Insgesamt wurden laut Polizei sechs Personen bei
dem Messerangriff verletzt, einer konnte das Krankenhaus inzwischen wieder
verlassen.
Hauptziel des Angriffs war offenbar [2][Michael Stürzenberger], einer der
führenden Köpfe des Vereins, die vom bayerischen Verfassungsschutz dem
Bereich „verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit“ zugeordnet wird.
Auch er war bei dem Angriff mit mehreren Messerstichen lebensbedrohlich
verletzt worden. Am Samstagvormittag meldete er sich bereits in einem
Videointerview eines rechtspopulistischen Videokanals aus dem Krankenhaus
zu Wort. In seinem Telegram-Kanal schreib der 59-jährige: „Es war richtig
knapp gestern“. Er habe mehrere Stichverletzungen erlitten, eine davon im
Oberschenkel habe „erheblichen Blutverlust“ verursacht. Laut einer
Sprecherin will die Organisation ihre Kundgebungen trotz des Angriffs
weiter fortsetzen.
## Angreifer nicht vernehmungsfähig
Auch der von einem Polizisten niedergeschossene Attentäter befindet sich
noch im Krankenhaus und ist laut Polizei weiterhin nicht vernehmungsfähig.
Das Motiv des Angriffs bleibe deshalb vorerst weiter ungeklärt, so die
LKA-Sprecherin. Trotzdem hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Haftbefehl
wegen versuchten Mordes gegen ihn erlassen. Bei dem Mann handelt es sich um
den 25-jährigen Familienvater Suleiman A., der 2013 aus Afghanistan nach
Deutschland gekommen ist. Er stammt aus Herat. Nach Polizeiangaben hat er
zwei Kinder und wohnte zuletzt im hessischen Heppenheim. Das Haus des
Mannes ist am Freitagabend durchsucht worden. Dabei wurden auch
elektronische Datenträger sichergestellt, die nun ausgewertet werden. Der
Mann sei bisher polizeilich nicht in Erscheinung getreten, erklärten die
Behörden.
Am Freitag soll Suleiman A. eine Veranstaltung von Pax Europa in der
Innenstadt von Mannheim mit einer Art Jagdmesser angegriffen und unter
anderen deren Führungsfigur Michael Stürzenberger niedergestochen haben.
Ein Video, das wenig später im Netz kursierte, zeigt einen Mann mit Brille
und Bart, wie er mit großer Wucht auf einen am Boden liegenden Mann
versucht einzustechen. Zwei Männer in blauen Jacken versuchen den Angreifer
von seinem am Boden liegenden Opfer zu trennen. Dabei fallen Plakatständer
um. Der Angreifer befreit sich und stürzt sich erneut auf einen Mann und
sticht mehrfach auf ihn ein. Als zwei Männer den Täter bereits am Boden
festhalten, kommt ein weiterer Mann mit blauer Jacke hinzu und fängt an,
auf einen dieser beiden Männer einzuschlagen. Auf diesen prügelnden Mann
stürzt sich dann der Polizist. Dadurch konnte sich der Täter befreien und
auch auf den am Boden hockenden Polizisten einstechen. Erst durch einen
gezielten Schuss eines weiteren Beamten konnte der Angreifer gestoppt
werden.
Die Tat sorgt eine Woche vor der Europawahl und vor dem Hintergrund von
weiteren Gewalttaten auf Politiker bundesweit für große Bestürzung. Kanzler
Olaf Scholz (SPD) schrieb auf der Plattform X: „Die Bilder aus Mannheim
sind furchtbar, meine Gedanken sind bei den Opfern. Der Täter muss streng
bestraft werden.“ Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich
entrüstet. „Gewalt zerstört Demokratie“, sagte er laut seiner Sprecherin.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
erklärte: „Unser Dank geht an die Polizeikräfte, die durch ihr
entschlossenes Handeln noch Schlimmeres verhindert haben. Wer Polizisten
angreift, greift unseren demokratischen Rechtsstaat an.“
## Falschinformation der AfD
Alice Weidel, Partei-Chefin der AfD, reagierte derweil auf ein gefälschtes
Statement von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Messerattacke
von Mannheim, in der Faeser vor der Verbreitung des Videos vor der Tat
gewarnt haben soll, weil dies extremistischen Kräften wie der AfD in die
Karten spiele. Weidel zeigte sich davon erst entrüstet, ruderte später auf
X zurück.„Da sind wir einem Fake aufgesessen, was uns sehr leid tut“. Doch
damit ist die Meldung nicht aus der Welt. „Trotz Korrektur verbreitet sich
die Falschinformation weiter“, teilt das Bundesinnenministerium auf X mit.
Man wolle gezielt gegen die Desinformation vorgehen.
Derweil versuchen auch Islamisten die Tat als Hebel für ihre Propaganda zu
nutzen. Ein Mann mit Halbglatze und Bart, der sich bei TikTok „Imam Meta“
nennt, kommentiert den Angriff auf Michael Stürzenberger in einem fahrigen
Kurzvideo so: „Endlich eine gute Nachricht“. Er versprach dem Täter, ihm
Geld und Essen zu schicken, bezeichnete ihn als „Freund“ und „Vorbild“.
Dann drohte der Hass-Prediger, dass so etwas jedem passiere, „der Islam
kritisiert“. Dabei ließ er mehrmals seinen Arm wie bei einem Messerstich
nach unten schnellen.
Auch hier ist die Entrüstung parteiübergreifend. Bundesinnenministerin
Nancy Faeser äußerte sich gegenüber der Bild-Zeitung. „Den mörderischen
Messerangriff zu verherrlichen, ist widerwärtig und menschenverachtend. Wer
das tut, muss mit aller Härte des Strafrechts verfolgt werden“, so die
SPD-Politikerin. „Unsere Sicherheitsbehörden gehen dem konsequent nach.“
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl erklärte: „Bei uns
werden Verbrechen – ganz besonders Mordstraftaten – mit der ganzen Härte
des Gesetzes bestraft und nicht gefeiert.“ Das Landeskriminalamt
Baden-Württemberg ermittelt gegen den selbsternannten Imam.
## Mahnwachen auch von Rechtsextremen
Am Tatort in Mannheim versucht die Stadtbevölkerung mit der Gewalttat
umzugehen. Ein überparteiliches Bündnis ruft am Sonntag zu einer Mahnwache
auf. Die Initiatoren bildeten unter dem Motto „Zusammenhalt gegen Gewalt,
Hass und Hetze“ eine Menschenkette in der Innenstadt. Es kamen laut
Mitinitiator Gerhard Fontagnier etwa 800 Menschen zusammen. „Wir wollen
eine ruhige Versammlung ohne Parolen und Fahnen abhalten“, sagte der
Grünen-Stadtrat Fontagnier dem Mannheimer Morgen.
Die Menschenkette ist eine Reaktion auf eine Demonstration der
Jugendorganisation der AfD, Junge Alternative (JA), die ebenfalls für
Sonntag angekündigt war. Die JA hatte zu einer „Mahnwache“ unter der Parole
„Remigration hätte diese Tat verhindert“ aufgerufen. Für Montagabend plant
die Stadt Mannheim eine Kundgebung auf dem Marktplatz unter dem Titel
„Mannheim hält zusammen“. Ein breites Bündnis um Oberbürgermeister
Christian Specht (CDU), die Gemeindefraktionen und Religionsgemeinschaften,
laden dazu ein. Man wolle „dem Entsetzen und der Trauer über das Geschehene
Ausdruck verleihen“, heißt es im Aufruf. Auch ein interreligiöses
Friedensgebet ist geplant.
2 Jun 2024
## LINKS
[1] /Messerattacke-in-Mannheim/!6014193
[2] /Islamfeindlichkeit-in-Deutschland/!5055779
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Islamismus
Islamophobie
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Polizisten
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Mannheim
Islam
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