# taz.de -- Mögliche Koalition in Italien: Das Hinterzimmer bei der Arbeit | |
> In Italien mehren sich die Stimmen, die sich für eine | |
> Anti-Salvini-Koalition aussprechen. Vorbild ist dabei ausgerechnet Ursula | |
> von der Leyen. | |
Bild: Geht doch! Premierminister Giuseppe Conte koaliert in Rom schon mal mit U… | |
Zu den Eigenheiten der Italiener gehört, dass sie in politischen Dingen | |
sich entweder ausgiebig auf ihre diesbezüglichen Klassiker von Antonio | |
Gramsci bis Machiavelli beziehen – oder aber politische Begriffe, wie | |
abgehalftert und inhaltsentleert sie auch sein mögen, aus dem nördlichen | |
Ausland importieren. | |
So war es mit dem Begriff „Grosse Koalition“, für die es durchaus auch | |
einen italienischen Ausdruck gegeben hätte (larghe intese), so mit dem | |
„Jobs Act“, der korrekterweise Billig-Jobs-Act hätte heißen müssen, oder | |
mit der begeisterten Übernahme von „New Labour“, als das schon sehr alt | |
aussah. | |
Die jüngste Erfindung des Italo-Polittalks ist da durchaus origineller. Von | |
der [1][„Ursula-Koalition“] ist neuerdings die Rede, italianisiert | |
„coalizione Orsola“. | |
Dahinter versteckt sich die Idee einer neuen Mehrheit in beiden Kammern der | |
italienischen Volksvertretung – einer, die derjenigen im EU-Parlament | |
ähnelt, mit deren Stimmen die deutsche Ex-Verteidigungsministerin | |
[2][Ursula von der Leyen dann doch noch zur Kommissionspräsidentin gewählt] | |
wurde. | |
## Salvini auf der Luftmatratze | |
Die in der Koalition mit der Lega reichlich zerfledderte | |
Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die zwischen Alt-Boss Renzi und Neu-Chef | |
Zingaretti gespaltene Demokratische Partei (PD) und die dem Salvini-Sog | |
ausgesetzte Forza Italia (FI) des alten Sonnyboys Berlusconi – diese | |
einzeln jeweils schlecht dastehenden Gruppierungen sollen die | |
„Ursula-Koalition“ bilden. Dafür [3][warb] am Wochenende sogar | |
Altministerpräsident und PD-Instanz Romano Prodi. | |
Ein solches Bündnis wäre natürlich wesentlich eine Anti-Salvini-Koalition | |
und hätte mit Ursula auch das Bös-Hinterzimmerartige gemein, das scheinbar | |
den Volkswillen Ignorierende. So sieht es jedenfalls der Westentasche-Duce | |
aus Mailand, der seine handstreichartig von Strandparties aus inszenierte | |
[4][Machtergreifung] davonschwimmen sieht. | |
Salvini gleicht in diesen heißen Tagen ohnehin gerade jenem Landsmann, der | |
am Wochenende vor der kalabrischen Küste auf seiner Luftmatratze einschlief | |
und erst vor Messina in Sizilien wieder aus dem Meer gezogen wurde. | |
## Antifaschistische „coalizione Orsola“ | |
Dass die Ursula-Mehrheit im Parlament wohl kein üppiges Polster hätte, | |
stört übrigens nicht weiter, jedenfalls wenn man sich an die Namensgeberin | |
hält. Die hatte das knappe Ergebnis nach ihrer Wahl mit den Worten | |
kommentiert: „In der Demokratie ist die Mehrheit die Mehrheit.“ | |
Womit sie zweifellos recht hat – und wir mit dem Blick auf das heutige | |
Italien vielleicht sogar eher die „Demokratie“ als die „Mehrheit“ beton… | |
würden, denn die „coalizione Orsola“ wäre ja nicht zuletzt eine | |
antifaschistische. Dass Berlusconi noch mal zu so etwas gut sein könnte, | |
hat wohl auch niemand gedacht. | |
19 Aug 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ilpost.it/2019/08/12/coalizione-ursula/ | |
[2] /Wahl-der-EU-Kommissionspraesidentin/!5612224 | |
[3] https://www.adnkronos.com/fatti/politica/2019/08/18/coalizione-ursula-sotto… | |
[4] https://www.ilfoglio.it/politica/2019/08/19/news/che-cosa-significa-dare-pi… | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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