# taz.de -- Migrationsdebatte nach Solingen: Klartext statt Scheinlösungen | |
> Nach dem Attentat von Solingen setzen sich Populismus und | |
> entmenschlichende Sprache über Migrant*innen durch. Das hilft aber | |
> nicht gegen Islamismus. | |
Bild: Frank-Walter Steinmeier bei einer Kranzniederlegung für die Opfer der Me… | |
In der aktuellen Migrationsdebatte dominieren populistische Phrasen und | |
rechtes Framing – nicht nur von der AfD. Das ist gefährlich, denn es | |
verstellt den Blick auf die tatsächlichen Probleme und führt am Ende zu | |
populistischer Symbolpolitik. | |
Friedrich Merz beschwört die „[1][nationale Notlage]“, die Union fordert | |
eine „Asylwende“ und der bürokratisch anmutende Begriff „irreguläre | |
Migration“ hat sich etabliert als Synonym für „zu viel Zuwanderung“. | |
Das wirkt: Bundespräsident Steinmeier führt bei einer Gedenkveranstaltung | |
zum Messerangriff in Solingen zunächst aus, man dürfe sich jetzt nicht | |
gegeneinander aufhetzen lassen, um dann doch die Forderung nach mehr | |
Begrenzung von Migration zu äußern. Der Generalverdacht gegenüber | |
Flüchtenden scheint in der deutschen Asyldebatte längst Common Sense zu | |
sein. | |
Nebenbei rückt in den Hintergrund, was wirklich wichtig wäre: | |
[2][Extremismusprävention], Arbeitsmarktintegration und Unterstützung der | |
aufnehmenden Kommunen. Populistische Phrasen rechts liegenzulassen, | |
bedeutet nicht, die Probleme in der Migrationspolitik zu ignorieren. Im | |
Gegenteil: Nur wenn benannt wird, worum es tatsächlich geht, kann es | |
gelingen, zielsicher politische Maßnahmen zu finden. | |
Stattdessen überbieten sich Politiker*innen mit populistischen | |
Forderungen – mit Erfolg, wie das Beispiel der Bezahlkarte zeigt. | |
Migrationsexpert*innen und Hilfsorganisationen hatten monatelang | |
darauf hingewiesen, dass es keine Belege gibt für das Problem, das die | |
Karten lösen sollen: Geldtransfers in Herkunftsländer. Trotzdem hat sich | |
die Symbolpolitik durchgesetzt. | |
Wir brauchen dringend wieder eine sachliche Debatte, denn die letzten zehn | |
Jahre haben gezeigt: Der AfD nach dem Mund zu reden, [3][gewinnt keine | |
Wähler*innen zurück] – und die Probleme in der Migrationspolitik löst es | |
auch nicht. | |
Auch Medien tragen dabei Verantwortung. Sie sollten das, was gerade | |
passiert, als das benennen, was es ist: eine massive Diskursverschiebung, | |
die Geflüchtete unter einen Generalverdacht stellt, und: ein Angriff auf | |
das Recht auf Asyl. | |
9 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Helena Werhahn | |
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