# taz.de -- Migration im Ärmelkanal: Die Elenden von Calais | |
> Mahmoud will nach England, wie all die anderen aus Irak, Sudan und | |
> Eritrea. Doch vorerst hängen sie fest – auf der französischen Seite des | |
> Kanals. | |
Bild: Warten auf die Reise nach England: ein Mann aus dem Sudan an einer Feuers… | |
CALAIS/DÜNKIRCHEN taz | Schwimmen? Der junge Mann, der hier Mahmoud genannt | |
werden soll, schüttelt den Kopf. Weder er noch die acht anderen Syrer, die | |
unschlüssig um ihn herumstehen, wissen, wie das geht. Zwanzig ist der | |
jüngste von ihnen, 50 der älteste. Dass sie trotzdem mit einem Schlauchboot | |
hinüber nach England wollen, steht für sie außer Frage. Mahmoud, der Anfang | |
20, klein und schmächtig ist und dessen Gesicht in seinem dicken Schal | |
versinkt, hat es schon dreimal probiert, doch jedes Mal kam die | |
französische Polizei, als das Boot gerade in See stechen wollte. An welchem | |
Strand das war, will er nicht sagen. Nur, dass es in der Nähe der | |
Hafenstadt Calais mehrere Orte zum Ablegen gibt. | |
Aktuell aber haben Mahmoud und seine Freunde ein anderes Problem: Soeben | |
hat die Gendarmerie sie von ihrem Schlafplatz vertrieben, der versteckt | |
hinter einigen Büschen auf halbem Weg zwischen der Stadt und dem Hafen lag. | |
Plastikplanen und Schlafsäcke liegen jetzt auf dem nassen, blassrot | |
gestrichenen Bordstein. Am Himmel kündigt sich der nächste Schauer an. | |
Mahmoud kriecht noch tiefer in seine graue Jacke und stellt eine dieser | |
Fragen, die zum Alltag gehören, wenn man von hier aus klandestin über den | |
Kanal nach Großbritannien will: „Wo sollen wir jetzt hin?“ | |
Dieser Alltag ist schnell wieder eingekehrt, zumindest gemessen daran, dass | |
sich Ende November die Dinge überschlugen. Das [1][Sinken eines | |
vollbesetzten Migrantenboots] hatte wüste Beschuldigungen zwischen den | |
Kanalanrainern Großbritannien und Frankreich über die jeweilige | |
Verantwortung zur Folge. Priti Patel, die britische Innenministerin, wurde | |
sogar von einem [2][Krisentreffen] von Nachbarländern und EU-Vertretern in | |
Calais ausgeladen. Dort beschloss man, dass ein Frontex-Flugzeug künftig | |
den Kanal überwachen soll mit dem Ziel, den Schmugglerbanden das Handwerk | |
zu legen. | |
Ein weniger prominenter Punkt auf der EU-Agenda sind die Lebensbedingungen | |
der rund 1.500 Menschen aus dem Sudan und aus Eritrea, aus Iran und Irak, | |
Ägypten, Äthiopien, Syrien oder Afghanistan an der Kanalküste, bevor sie an | |
Bord eines der überfüllten Schlauchboote gehen. Die Präfektur hat den | |
„associations“, wie die Nichtregierungsorganisationen zur Unterstützung der | |
Migranten hier genannt werden, untersagt, Nahrung und Wasser unter den | |
Menschen zu verteilen. Jeden zweiten Tag fahren vier dunkelblaue | |
Gendarmeriebusse die Orte ab, an denen Geflüchtete ihr Lager aufgeschlagen | |
haben. Wenn diese Pech haben, werden Zelte und Schlafsäcke konfisziert oder | |
zerstört. Andernfalls müssen sie ihre Behausungen vorübergehend entfernen, | |
nur um sie wenig später zurückzustellen. | |
## Zelte der Frierenden werden regelmäßig abgeräumt | |
An einem regnerischen und windigen Dezembermittag geschieht dies am Quai de | |
la Tamise, einem schäbigen Ufer des Stadtkanals von Calais, einer Stadt mit | |
gut 70.000 Einwohnern. Die Männer, die in vier windschiefen Zelten auf | |
dünnem, nassem Karton unter der Brücke schlafen, gehören nicht dazu. Sie | |
tragen ihre paar Besitztümer klaglos die Treppen hinauf. Sie haben sich an | |
diesen symbolischen Akt gewöhnt, der nur einem Zweck dient: zu | |
demonstrieren, dass Calais, wo 2016 der zur Kleinstadt gewordene „[3][alte | |
Jungle]“ unter den Augen der Medien planiert wurde, nie wieder ein Fixpunkt | |
für MigrantInnen unterwegs nach England werden soll. | |
Es ist ein rein symbolisches Ritual, das wissen hier alle, auch die | |
Gendarmen. Wie sie das finden, dass die Leute, die sie hier eben | |
wegschickten, sich genau dort wieder niederlassen werden, sobald die | |
Polizeibusse verschwunden sind? „Das ist normal“, sagt einer von ihnen | |
knapp und wiederholt sich, als ob das Ganze dadurch weniger absurd würde. | |
Weiter will er nichts sagen: weder zur Situation in der Stadt nach dem | |
tödlichen Schiffbruch noch zu dem Vorschlag aus London, bald mit britischen | |
Kollegen gemeinsam Patrouillen durchzuführen – wovon man freilich in Paris | |
nichts wissen will. | |
Wer weiter fragt, wird an die städtische Polizeiwache verwiesen, von dort | |
wiederum an die Präfektur, die ihrerseits das Rathaus für zuständig | |
erklärt, bevor man bei einer anderen Stelle in der Präfektur landet. Äußern | |
will sich offensichtlich niemand zu der Frage, mit welcher Strategie die | |
Polizei zukünftig vorgehen will. Um sicherzustellen, dass „nicht noch mehr | |
Menschen sterben“, wie der französische Innenminister [4][Gérald Darmanin] | |
kurz nach der Katastrophe gefordert hatte. | |
Die Polizisten auf der Straße treten zunehmend einschüchternd und autoritär | |
gegenüber JournalistInnen auf, die bei diesen Räumungen zusehen wollen. | |
Drohend bilden sie eine Kette, der Sprecher trägt eine Maschinenpistole. | |
Auch Jeremy Paoloni, ein Fotograf der Regionalzeitung [5][La Voix du Nord], | |
wird so daran gehindert, seiner Arbeit nachzugehen. Das sei seit einigen | |
Monaten an der Tagesordnung, sagt er. | |
Wie sich die Bootsüberfahrten entwickeln, wird sich erst in den kommenden | |
Wochen zeigen. Anfang Dezember ist das Wetter dafür zu schlecht. Die | |
Küstenwache, für Interviews nicht verfügbar, weil „der Fokus auf den | |
Rettungsoperationen“ liege, nennt auf Anfrage nur einen Einsatz seit dem | |
Unglück – an demselben Tag, als 106 Personen von „zahlreichen Booten, die | |
versuchten, den Ärmelkanal zu überqueren“, gerettet wurden. Auch die | |
britische Nichtregierungsorganisation [6][Channel Rescue], die drüben auf | |
den Klippen der Küste von Kent patrouilliert, um Boote in Seenot zu melden, | |
bestätigt dieses Bild. | |
Unabhängig davon sind die weißen Busse der Compagnies Républicaines de | |
Sécurité nachts auf Achse. Sie stehen mal am Hafen von Calais, mal am | |
Strand des Nachbardorfs Blériot-Plage oder mit eingeschaltetem Scheinwerfer | |
oben in den Dünen bei Sangatte, wo schon mehrfach die Leichen von Migranten | |
angespült wurden. Sie fahren die Straße nach Südwesten ab, in Richtung der | |
beiden Kaps Gris-Nez und Blanc-Nez. Die kaum besiedelte Gegend ist nachts, | |
abgesehen vom tosenden Wind, so still und leer, dass man nachvollziehen | |
kann, dass diese Küste kaum vollständig bewacht werden kann. | |
Steht man dann an einem der verlassenen Strände, vor sich nur das Wasser | |
und die weißen Schaumkronen der Wellen und weit dahinter die | |
Positionslichter der großen Schiffe im Dunklen, erschaudert man bei dem | |
Gedanken, auf einem vollbesetzten Schlauchboot hier hinauszufahren. | |
Ein anderer Strand, rund 40 Kilometer nördlich: Der Plage du Braek liegt | |
auf einer schmalen Landzunge zwischen der Stadt Dünkirchen und ihrem | |
Fähranleger. Dahinter ragen Schornsteine und Kräne in den Himmel. | |
Kilometerweit gibt es hier nichts als Hafen, Lagerhallen oder | |
Industriebetriebe. Der Wind tost oben auf dem befahrbaren Deich, der Strand | |
selbst liegt geschützt. Irgendwo halb im Sand begraben ein rosa-grauer | |
Damenturnschuh. Braek ist einer der Orte, wo im Schutz der Nacht Boote in | |
Richtung England ablegen. | |
Dass die Menschen, die Ende November im eisigen Wasser ertranken, von hier | |
in See stachen, sei „wahrscheinlich“, sagt Anna Richel. „Bestätigung hab… | |
wir noch keine, aber wir hören in der Umgebung, dass Menschen vermisst | |
werden.“ Die 28-Jährige, die seit bald einem Jahr als Freiwillige am | |
Ärmelkanal ausharrt, koordiniert im Raum Dünkirchen die Aktivitäten der | |
Hilfsorganisation [7][Utopia56]. Die Hafenstadt unweit der belgischen | |
Grenze ist seit Jahren neben Calais der zweite Ort, der TransitmigrantInnen | |
als permanente Basis dient. Traditionell versuchen von hier aus vor allem | |
kurdische Geflüchtete ihr Glück. Sowohl das erste identifizierte Opfer, | |
eine junge Frau, als auch einer der beiden Überlebenden des Bootsunglücks | |
vom 24. November kamen aus dem kurdischen Nordirak. | |
## Immer höhere Risiken bei der Überfahrt | |
„Im September und Oktober war die Zahl der Überfahrten riesig. Weil die | |
Grenze immer stärker gesichert wird, nehmen die Menschen stetig größere | |
Risiken auf sich“, berichtet Anna Richel. Sie steht auf dem Parkplatz eines | |
gewaltigen Einkaufszentrums im Dünkirchener Vorort Grande-Synthe, wo die | |
MigrantInnen aus den umliegenden Camps ihre Lebensmittel einkaufen. Immer | |
wieder sieht man kleine Gruppen vermummter Gestalten mit Wasser oder einem | |
Baguette davonziehen und auf Trampelpfaden in ein Feld oder Waldstück | |
einbiegen. | |
Die Lage der Geflüchteten hat sich in Dünkirchen zusehends verschlechtert. | |
Auch hier gab es zuletzt viele Räumungen, bis es zu der Havarie kam. Anna | |
Richel berichtet von einer Aktion, bei der 600 Menschen mit Bussen in | |
Auffangzentren irgendwo in Frankreich gebracht wurden, weit entfernt vom | |
Kanal. Seit Jahren ist dies eine beliebte Strategie der Behörden, wobei die | |
Betroffenen in der Regel so bald wie möglich zurückkehren. | |
Hinzu kommt der Druck, den die Schmuggler ausüben. Berichte, wonach sie | |
MigrantInnen bedrohen und bewaffnet sind, bestätigt sie, und sie ergänzt: | |
„Sie setzen immer mehr Leute auf ein Boot. Wir haben Anrufe von Booten | |
bekommen, auf denen 50 oder selbst 70 Menschen waren.“ | |
Entsprechende Meldungen gehen bei einem von Utopia56 betriebenen | |
Notfalltelefon ein. Allein in den Wochen kurz vor der Tragödie waren es | |
sechs. Die Freiwilligen verteilen Informationen über die Risiken der | |
Kanalpassage. „Die meisten denken, dass sie drei Stunden auf dem Boot sind, | |
aber es sind eher acht bis zehn. Darauf bereiten wir sie vor. Und darauf, | |
was zu tun ist, wenn der Motor ausfällt oder sie im Wasser landen.“ | |
Dass sich daran nach der tödlichen Havarie etwas geändert hat, findet Anna | |
Richel nicht. Nicht einmal das Frontex-Flugzeug hat sie bislang gesehen, | |
das in diesen Tagen seine ersten Flüge absolviert. Hunderte MigrantInnen in | |
der Umgebung leben weiter ohne fließendes Wasser und sanitäre Anlagen und | |
haben kaum Zugang zu medizinischer Versorgung. „Aber um gefährdete | |
Menschenleben geht es offenbar nicht“, sagt Richel. | |
## Nach sieben Jahren in Deutschland ohne Heimat | |
Von einer Brücke in der Nähe des Einkaufszentrums aus sind mehrere | |
Ansammlungen von Zelten im umliegenden Buschland zu erkennen. Die größte | |
von ihnen erstreckt sich entlang eines Wäldchens bis zu einem Kanal. Kleine | |
Zelte säumen stillgelegte Bahngleise. Feuer brennen auf den Schienen, über | |
denen sich klamme Hände aufwärmen. | |
So gut wie alle hier stammen aus dem kurdischen Teil des Irak. Auffallend | |
viele sprechen fließend Deutsch. Yasin, der in Wahrheit einen anderen Namen | |
trägt, ist erst vor wenigen Tagen aus Nordrhein-Westfalen angekommen. Fast | |
sieben Jahre habe er in Deutschland verbracht, sagt er, doch ein | |
Bleiberecht, ein geregeltes Leben mit einer ordentlichen Arbeit statt | |
prekärer Jobs ohne Dokumente, dieses Ziel sei für ihn unerreichbar | |
geblieben. | |
Nun liegen seine Hoffnungen und die vieler anderer auf England, das damit | |
nicht mehr nur ein mythisch überhöhtes Paradies ist, sondern zunehmend auch | |
eine letzte Zuflucht wird. Wer in Deutschland, Belgien, den Niederlanden | |
oder der Schweiz abgelehnt wurde oder seine Fingerabdrücke in Griechenland | |
oder Italien hinterlassen musste, richtet den Blick nach Westen. Dahinter | |
hört Europa auf. | |
Es gibt noch ein Detail, das den Ärmelkanal mit anderen Schauplätzen von | |
Europas Migrationskrise verbindet. Ganz hinten im Camp, fast am Ende des | |
Schienenstrangs, werden über einer Feuerstelle Reis und Huhn zubereitet und | |
Tee gekocht. Eine Gruppe von Männern erzählt, sie seien über die | |
[8][Belarusroute] nach Europa gekommen. „Eigentlich gilt das für viele | |
hier“, sagt einer von ihnen. Vier Tage sei er gelaufen, um nach Polen zu | |
gelangen. Dabei habe er Glück gehabt, keinen polnischen Grenzern begegnet | |
zu sein. „Ich habe viele Geschichten darüber gehört, wie brutal sie sind.“ | |
Im Gebüsch unweit der Feuerstelle liegen zwei Schwimmwesten. Was die | |
Überfahrt per Boot betrifft, die mindestens 3.000 Euro kostet, hat die | |
Katastrophe vom November hier durchaus Spuren hinterlassen. Einer der aus | |
Deutschland Gekommenen sagt, er habe zu viel Angst. Ein anderer will sich | |
noch entscheiden, ob er es nicht doch per Lastwagen versucht. Ein dritter | |
weiß: „Es gab Tote aus Ranya. Das ist nur 100 Kilometer von meiner Stadt | |
entfernt.“ Ranya liegt im autonomen Kurdengebiet des Irak. | |
Zwei Tage später versperren Polizeibusse die Kreuzung vor dem Camp. Fünf | |
Beamte in schwarzen Uniformen haben sich davor postiert. „Migranten“ seien | |
der Grund für den Einsatz, der noch zwei Stunden dauern werde, sagen sie. | |
Hilfsorganisationen dürfen sich nicht nähern, Journalisten sind | |
unerwünscht. „Die Räumungen sind business as usual“, kommentiert einer der | |
Helfer. „Aber bis vor Kurzem ließen sie uns dabei anwesend sein. In den | |
letzten Wochen nicht mehr.“ | |
## Ein früherer Bürgermeister protestiert | |
Man denkt in solchen Momenten unwillkürlich an [9][Damien Carême], den | |
früheren Bürgermeister von Grande-Synthe bei Dünkirchen, der vor fünf | |
Jahren in seiner Kommune ein Camp aus Holzhütten für die Migranten bauen | |
ließ. Heute sitzt Carême für die Grünen im Europaparlament. Was hat dieser | |
Mann zur Entwicklung an seiner alten Wirkungsstätte zu sagen? Ein Anruf in | |
Brüssel. | |
Am nächsten Tag antwortet Carême per E-Mail. „Die Tragödie vom 24. November | |
hätte verhindert werden können“, schreibt er. „Sie ist die Konsequenz aus | |
jahrzehntelanger Militarisierung der Grenze zwischen Frankreich und | |
England, der Brutalisierung und Schikane der MigrantInnen auf französischer | |
Seite und der harschen Politik der Johnson-Regierung.“ Beide Länder hätten | |
damit erst das Klima geschaffen, in dem die Schlepper operierten. In | |
Ermangelung legaler und sicherer Routen legten die Geflüchteten ihr Leben | |
in deren Hände. „Dies ist eine Schande und beschmutzt die europäische | |
Flagge“, schreibt Carême. | |
Geändert habe sich auch nach der Katastrophe mit 29 Toten nichts, so der | |
frühere Bürgermeister. „Nach jahrelangem Tauziehen mit Großbritannien, um | |
Stacheldraht, Mauern und Drohnen zu finanzieren, hat Frankreich nun die | |
Überwachung der Küste durch ein Frontex-Flugzeug ausgehandelt. Dennoch | |
leben die Geflüchteten weiterhin in unsagbaren, unmenschlichen | |
Verhältnissen, schlimmer als 2015, bevor wir das Camp in Grande-Synthe | |
bauten.“ | |
Die Worte hallen nach, wenn man durch die Zaunwüsten am Hafen von Calais | |
fährt, entlang der Mauern, die die Stadtautobahn umgeben, oder der | |
grotesken Käfige aus grünem Gitter, die um zahlreiche Orte gezogen wurden, | |
an denen in früheren Jahren MigrantInnen Unterschlupf suchten. Doch die | |
Strategie der Abschreckung ist nicht aufgegangen. Sie hat die Menschen nur | |
weitergetrieben, an immer isoliertere Schauplätze, an denen sich das | |
gleiche Drama unter noch erbärmlicheren Bedingungen abspielt. | |
## Bei den Ärmsten der Armen | |
Einer dieser Orte liegt im äußersten Osten von Calais, am Ende der | |
kilometerlangen Rue du Beau Marais. Direkt dahinter beginnt das Dorf Marck, | |
bekannt für seine Lkw-Parkplätze. Etwa 500 Sudaner haben ihre winzigen | |
Zelte hier aufgeschlagen, entlang eines Zauns und in einem Wäldchen, | |
jenseits einer Ansammlung von Pfützen, die sich allmählich in eine | |
Seenplatte verwandeln. Unter den Geflüchteten am Kanal waren die Sudaner | |
schon immer die Elendesten der Elenden. Sie versuchen bis heute, England | |
auf die alte Tour zu erreichen – in, auf oder unter einem Lastwagen. Ohne | |
teure Schlepper, versteht sich. | |
Unter drei kahlen hohen Bäumen kauern etwa 30 Zelte, dicht an dicht, als | |
könnten sie so noch etwas Wärme erzeugen. Über dem Zaun hängen Schlafsäcke | |
und Kleidung, als könnten sie in einem solchen Klima trocknen. Der nächste | |
Regenschauer kommt mit Hagel, drei Gestalten suchen Schutz unter den kahlen | |
Bäumen. Danach wärmt sich einer an einem Feuer aus zwei Holzscheiten die | |
Hosenbeine. Und als es schon zu dämmern beginnt, legt jemand anderes einen | |
nassen Kunststoffwasserkanister darauf. Das Gute daran ist: Plastik brennt | |
länger. | |
13 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Auf-dem-Weg-nach-Grossbritannien/!5817867 | |
[2] /EU-Krisengipfel-in-Calais/!5818461 | |
[3] /Fluechtlinge-im-Jungle-von-Calais/!5265586 | |
[4] /Gefluechtete-mit-Ziel-Grossbritannien/!5815655 | |
[5] https://www.lavoixdunord.fr/ | |
[6] https://channelrescue.wordpress.com/ | |
[7] http://www.utopia56.com/fr | |
[8] /Grenze-zwischen-Polen-und-Belarus/!5816565 | |
[9] https://www.europarl.europa.eu/meps/en/197574/DAMIEN_CAREME/home | |
## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
## TAGS | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Calais | |
Flüchtlinge | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Frankreich | |
GNS | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Ruanda | |
Großbritannien | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Calais | |
Schwerpunkt Frankreich | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Tote Geflüchtete im Ärmelkanal: Die Rettung kam zu spät | |
Auf dem Weg aus Frankreich nach Großbritannien kentert ein Boot mit | |
Menschen aus Afghanistan und Sudan. Trotz Rettung sind sechs Tote | |
bestätigt. | |
Präsidentschaftswahl in Frankreich: Die Angst vor Le Pen | |
Viele Migrant:innen fürchten einen Sieg der rechtsextremen Kandidatin. | |
Sie sind keine Macron-Fans, kämpfen aber „lieber gegen Demokraten als gegen | |
eine Faschistin“. | |
Asyldeal von Großbritannien und Ruanda: „Schandhaft und grausam“ | |
Großbritannien will Geflüchtete, die in Booten ankommen, nach Ruanda | |
verlegen. Das UNHCR sieht einen Verstoß gegen internationale Verträge. | |
Asylpolitik in Großbritannien: Vom Schlauchboot nach Ruanda | |
Die britische Regierung will Asylbewerber:innen, die illegal auf die Insel | |
gelangen, per Flugzeug nach Ruanda schicken. Dort sollen sie bleiben. | |
Geflüchtete in London: Die vier von der Parkbank | |
Was geschieht mit denen, die in Booten aus der EU nach Großbritannien | |
gelangen? Vier junge Männer aus Ägypten, Eritrea, Irak und Iran erzählen. | |
Geflüchtete mit Ziel Großbritannien: Paris fordert legale Migrationswege | |
Frontex-Überwachung, Druck auf London, Jagd auf Flüchtlinge: Wie Frankreich | |
auf das tödliche Drama im Ärmelkanal reagiert. | |
EU-Krisengipfel in Calais: Frontex soll die Küste überwachen | |
Nach dem Tod von 27 Migranten im Ärmelkanal sind EU-Vertreter zu einem | |
Krisengipfel zusammengekommen. Sie wollen wirksamer gegen Schleuser | |
vorgehen. | |
Geflüchtete vor Europas Küste gestorben: Das absehbare Unglück | |
27 Asylsuchende sind im Ärmelkanal ertrunken. Und wie reagieren London und | |
Paris? Mit gegenseitigen Vorwürfen, statt mit einem Plan. |