# taz.de -- Migration durch Libyen: Im Land der Menschenhändler | |
> Videos zeigen Folterungen von Migranten und sorgen für Entsetzen. Dabei | |
> geht es um erpresserische Geschäfte mit deren Familien. | |
Bild: Migranten in einem Lager bei Bengasi | |
TUNIS taz | In sozialen Netzwerken geteilte Videos über die grausame | |
Misshandlung von Migranten sorgen in Libyen für Entsetzen. Von Milizionären | |
und Menschenhändlern selbst aufgenommen Videosequenzen zeigen auf dem Boden | |
liegende Migranten aus dem Sudan, die mit brühend heißem Silikon übergossen | |
wurden. | |
Auf einem der Handyvideos richtet ein Mann seine Kalaschnikow auf einen | |
sich vor Schmerzen windenden nackten Mann, ein neben dem filmenden | |
Milizionär stehender weiterer Täter lässt teils brennende Flüssigkeit auf | |
das Opfer tropfen, dessen Haut sichtbar verätzt wird. | |
„Das sind die grausamsten Bilder, die ich in diesem Konflikt gesehen habe. | |
Die Täter scheinen das Gefühl zu haben, sie hätten es nicht mit Menschen zu | |
tun“, sagt ein Chirurg, der sich für eine Verbesserung der Lage von | |
Gefangenen in Westlibyen einsetzt und anonym bleiben möchte. | |
In einem der Videos gibt sich das Opfer als Sadiq Suliman Hussain aus Kutum | |
aus der westsudanesischen Provinz Darfur zu erkennen. Warum die Greueltaten | |
offen gefilmt wurden und auf Facebook verbreitet werden, wird in einem | |
anderen Film klar. Zehn dunkelhäutige Männer liegen dichtgedrängt in einem | |
dunklen Raum und werden brutal mit einen Stock geschlagen. Der maskierte | |
Uniformierte fragt seine Opfer, ob die Familien die geforderten 120.000 | |
sudanesische Pfund geschickt hätten, umgerechnet sind das 17.000 US Dollar. | |
Mit in die Heimat geschickten Folterszenen machen die Entführer den | |
Angehörigen klar, dass sie nur wenig Zeit haben, die geforderte Summe nach | |
Libyen zu schicken, falls sie ihren Sohn, Bruder oder Vater lebend | |
wiedersehen wollen. | |
Im November sorgte die seit Jahren übliche Praxis des Verkaufs von | |
Arbeitskräften für einen weltweiten Aufschrei, als [1][der | |
US-Nachrichtensender CNN erstmals eine angebliche Sklavenauktion | |
veröffentlichte]. Die Betroffenen konnten nach einigen Monaten Arbeit ohne | |
Bezahlung meist weiterreisen. | |
## Folter, Mord, Vergewaltigung | |
Die neuen Videos zeigen nun erstmals im Bild, dass in den sogenannten | |
Gettos, privaten Gefängnissen entlang der westlibyschen Küste, Folter, Mord | |
und Vergewaltigung Normalität sind, den nach Berichten der in Italien | |
befragten Migranten Tausende zum Opfer fallen. Das libysche | |
Außenministerium verurteilte die Taten am Dienstag deutlich und forderte | |
die Bestrafung der Täter. | |
Aktivisten wie Mohammed Ali aus Bengasi geben neben den neuen Politikern | |
vor allem der „milizenfreundlichen“ Politik der Europäischen Union die | |
Schuld an den Verbrechen an den Migranten. | |
„Die internationale Gemeinschaft hat in den vergangenen Jahren versäumt, | |
Korruption und Verbrechen überhaupt zu benennen. Allein in den Gefängnissen | |
der Hafenstadt Misrata saßen über 6.000 vermeintliche Anhänger von Muammar | |
al-Gaddafi jahrelang ohne Anklage ein. Kein einziger Milizenführer wurde | |
von EU oder Nato angeklagt.“ | |
Während UN und EU bisher daran scheiterten, eine funktionierende Regierung | |
in Tripolis zu installieren, laufen die Netzwerke der Schmuggler wie | |
geschmiert. Wenn wie jetzt weniger Migranten aus der Sahara kommen, verlegt | |
man sich auf Waffenexport in den Niger oder auf Erpressung der auf ruhiges | |
Wetter wartenden Migranten. Die Täter zu finden, dürfte für die Behörden | |
oder den zuständigen Internationale Strafgerichtshof in Den Haag nicht | |
schwer sein: Einer der Täter hat in dem Film seine Nummer | |
mitveröffentlicht, damit ihm die Angehörigen im Sudan die Überweisung | |
direkt bestätigen: +21 89 24 28 83 69. | |
23 Jan 2018 | |
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## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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