# taz.de -- Mietrechtsnovelle liegt auf Eis: Verkappte Sache | |
> Die Regierung wollte die Kappungsgrenze von 15 auf 11 Prozent senken, um | |
> den Mietenanstieg zu begrenzen. Doch der Justizminister blockiert. | |
Bild: Köln-Chorweiler | |
BERLIN taz | Auch nach zwei Jahren Ampelregierung lässt die versprochene | |
Mietrechtsnovelle auf sich warten. Keine Hiobsmeldung aus dem | |
Mietenwahnsinn ändert daran etwas. Erst [1][am Dienstag hat das Bündnis | |
Soziales Wohnen] darauf hingewiesen, dass bundesweit die Zahl der | |
Sozialwohnungen weiter abnimmt. Der Grund für den Rückgang ist, dass | |
Sozialwohnungen, in denen Mieten staatlich reguliert sind, nach einer | |
gewissen Zeit ihren Status verlieren. Die Länge der Preisbindung kann je | |
nach Bundesland und Förderprogramm variieren: etwa 25 oder 30 Jahre. | |
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht in [2][einem Kurzbericht | |
vom Dezember 2023] davon aus, dass in den nächsten Jahren bis 2030 die | |
Bestände mit bis zu 50.000 pro Jahr zurückgehen. Läuft die Bindung aus, | |
können die Eigentümer*innen der Wohnungen diese nach den Regeln des | |
freien Marktes vermieten. An diesem Punkt kommt die fehlende | |
Mietrechtsnovelle ins Spiel. | |
Die Ampel hatte sich im Bereich Mieterschutz im Koalitionsvertrag darauf | |
geeinigt, die sogenannte Kappungsgrenze in angespannten Wohnlagen von 15 | |
auf 11 Prozent zu senken. Diese Grenze legt fest, wie stark Mieten, die | |
noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, innerhalb von drei | |
Jahren steigen dürfen: 15 Prozent Mieterhöhung in drei Jahren ist derzeit | |
erlaubt. Da Sozialwohnungen meist vergleichsweise niedrige Mieten haben, | |
wird diese Regelung vermutlich für viele Sozialwohnungen mit auslaufender | |
Bindung relevant. | |
Doch derzeit ist unklar, ob diese Mietrechtsnovelle noch umgesetzt wird. | |
Hintergrund ist ein politischer Streit: Justizminister [3][Marco Buschmann | |
(FDP), der für Mietrecht zuständig ist, blockiert das Vorhaben,] weil er | |
sich mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beim Thema | |
Vorratsdatenspeicherung nicht einigen kann. Auf taz-Nachfrage verweist das | |
Ministerium auf [4][eine Interview-Aussage des Justizministers im September | |
2023]. „Ich stehe zum Koalitionsvertrag. Ich wünsche mir, dass das alle | |
anderen auch tun. Dann muss niemand Sorge haben, dass Dinge liegen | |
bleiben“, sagte Buschmann da. Konkrete Zahlen, wie viele Mieterhaushalte | |
von der Absenkung der Kappungsgrenze profitieren würden, liegen dem | |
Ministerium nicht vor. Sie dürften „auch nur schwer zu ermitteln bzw. | |
valide zu schätzen sein“. | |
Angela Lutz-Plank, Geschäftsführerin des Mietervereins München, ist aber | |
überzeugt: „Eine Absenkung der Kappungsgrenze würde sehr vielen Mieterinnen | |
und Mietern in München helfen.“ Mieterhöhungen seien das zweithäufigste | |
Beratungsthema. In München lebten viele schon lange in ihren Wohnungen mit | |
Mieten, die unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. „Diese Mieter | |
werden über die Kappungsgrenze vor extremen Mietsteigerungen geschützt. Je | |
niedriger diese ist, desto besser für die Mieter.“ Lutz-Plank verweist | |
zudem darauf, dass beim aktuell geltenden Münchener Mietspiegel von 2023 | |
die durchschnittliche Nettokaltmiete 21 Prozent höher liegt als im | |
Mietspiegel von 2021. Es profitieren von der Kappungsgrenze also nicht nur | |
Mieter mit ganz alten Mietverträgen. | |
17 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Studie-zum-Mangel-an-Sozialwohnungen/!5983106 | |
[2] https://www.iwkoeln.de/studien/philipp-deschermeier-ralph-henger-wie-gross-… | |
[3] /FDP-verschleppt-besseren-Mieterschutz/!5922641 | |
[4] https://web.de/magazine/consent-management/ | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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