# taz.de -- Merz im Oval Office: Morgen kann in Trumps Welt alles anders sein | |
> Der Antrittbesuch des Kanzlers beim US-Präsidenten läuft glatt, für Merz | |
> ist das ein Erfolg. Nur überbewerten sollte man ihn nicht. | |
Bild: Bundeskanzler Merz hat US-Präsident Trump als Gastgeschenk einen Putter … | |
Ja, es ist gut gelaufen für Friedrich Merz bei seinem Antrittsbesuch in | |
Washington. Im Oval Office, wo Donald Trump vor laufenden Kameras erst | |
versuchte, dem ukrainischen Präsidenten entgegen aller Tatsachen die Schuld | |
am Krieg in seinem Land anzuhängen und ihn dann rausschmiss, wo er | |
Südafrikas Präsident mit vermeintlichen Belegen für einen Massenmord an | |
Weißen in seinem Land zu provozieren suchte – da musste sich Merz zwar | |
allerhand Unwahrheiten und Selbstgefälligkeiten anhören, [1][Schikanen des | |
deutschen Bundeskanzlers aber blieben aus]. | |
Trump versuchte nicht nur nicht, Merz vorzuführen, er fand sogar | |
freundliche Worte für die Deutschen und ihren Kanzler. Das kippte auch | |
nicht, als Merz ihm einmal widersprach. Trumps Vergleich des russischen | |
Angriffskriegs auf die Ukraine mit zwei sich prügelnden Kindern ließ Merz | |
trotz seiner grundsätzlichen Anti-Eskalationstrategie nicht so stehen. | |
Russland sei der Aggressor und man stehe an der Seite der Ukraine, stellte | |
Merz klar, der nicht nur als Kanzler, sondern auch Stimme Europas in | |
Washington war. Angesichts der schwierigen Ausgangslage war das ein | |
gelungener Balanceakt. Den Besuch kann Merz als Erfolg verbuchen. | |
Hatte Trump einfach einen guten Tag? Zog [2][Elon Musk] alle Aggressionen | |
des US-Präsidenten bereits auf sich? Haben Trump die vorherigen Telefonate | |
mit Merz, dessen Gastgeschenk oder die Tatsache, dass der deutsche | |
Bundeskanzler wie er selbst aus der Wirtschaft kommt, gerne Golf spielt, | |
die USA gut kennt, fließend Englisch spricht und der Bundesrepublik eine | |
härtere Gangart in Sachen Migration verordnet hat, milde gestimmt? | |
Im Vorfeld war im Kanzleramt viel über all diese Fragen nachgedacht, in | |
Medien und Öffentlichkeit viel darüber spekuliert worden. Das kann man | |
unpolitisch und angesichts der Weltlage auch ein bisschen irre finden. Denn | |
sollten beim Antrittsbesuch eines deutschen Kanzlers in Washington nicht | |
andere Fragen im Vordergrund stehen als der Beziehungsstatus zweier | |
Alpha-Männer – zumal der eine von ihnen gerade die Axt an die Demokratie | |
anlegt? | |
## Falsche Hoffnungen | |
Richtig waren die Überlegungen trotzdem. Merz' Ziel ist es, und das nicht | |
nur vor den wichtigen anstehenden Gipfeltreffen von G7 und Nato in wenigen | |
Wochen, Trump möglichst lang bei dem Verteidigungsbündnis und der | |
[3][Unterstützung der Ukraine] zu halten. Das ist mangels Alternativen | |
notwendig – und dabei kann ein guter persönlicher Kontakt durchaus | |
hilfreich sein. | |
Nur: Überbewerten sollte man dessen Bedeutung nicht. Ein paar Stunden, in | |
denen Trump Merz wohlgesonnen zu sein scheint, ändern nichts daran, dass | |
dieser eine politische Agenda verfolgt. Und dabei radikal mit dem bricht, | |
was der Westen einmal war. Merz weiß das. Doch besonders für überzeugte | |
Transatlantiker wie ihn und andere Christdemokrat*innen ist das eine | |
schmerzhafte Erkenntnis, die auch noch nicht überall in den Kern des | |
Bewusstseins vorgedrungen ist. | |
Die Lobeshymnen auf Merz`Besuch jedenfalls lassen befürchten, dass die alte | |
Hoffnung, so schlimm komme es dann vielleicht doch nicht, erneut keimt. Der | |
sollte die Bundesregierung besser nicht aufsitzen, im Gegenteil. Notwendige | |
Ziele sind jetzt die strategische Autonomie Europas und eine Abnabelung von | |
den USA. Und ohnehin: Morgen kann in Trumps Welt wieder alles ganz anders | |
sein. | |
6 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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