# taz.de -- Linkspartei-Chefin über Homeschooling: „WLAN und Computer für a… | |
> Beim Heimunterricht darf keiner benachteiligt werden, sagt Katina | |
> Schubert. Das Land müsse Internet und Rechner für alle Kinder zu Hause | |
> bereitstellen. | |
Bild: Ohne Computer nicht so einfach: Homeschooling wird mehr und mehr digital | |
taz: Frau Schubert, wo stehen wir aktuell in der Coronakrise? | |
Katina Schubert: An einem sehr entscheidenden Punkt. Die Kurve der | |
Neuinfizierten ist [1][derzeit relativ flach] – in epidemologischer | |
Hinsicht war die Krisenbewältigung bis jetzt relativ erfolgreich. Auf der | |
anderen Seite wächst die Ungeduld in der Bevölkerung, die die krassen | |
Auswirkungen des Shutdowns immer deutlicher wahrnimmt. Was die Bekämpfung | |
der sozialen Folgen angeht, stehen wir erst am Anfang. | |
Haben Sie deswegen ein [2][umfangreiches Positionspapier] verfasst zum | |
weiteren Umgang mit der Krise? | |
Ja. Der Shutdown – der ja notwendig war, um italienische oder New Yorker | |
Verhältnisse in Deutschland und Berlin zu verhindern – hat erhebliche | |
Auswirkungen für das Gemeinwesen und den Umgang mit Grundrechten. Einiges | |
davon ist nicht mehr zu rechtfertigen. Und: Menschen verlieren ihre Jobs, | |
verdienen weniger durch das Kurzarbeitergeld, das mit 60 beziehungsweise 67 | |
Prozent viel zu gering ist, gerade in Berlin, wo 85 Prozent im | |
Dienstleistungssektor mit seinen sowieso niedrigen Löhnen arbeiten. Da | |
müssen wir gegensteuern. | |
Ein Schwerpunkt in Ihrem Papier sind die Bildungspolitik und die | |
Auswirkungen, die [3][die geschlossenen Schulen], Horte und Kitas auf die | |
Situation der Kinder und Eltern haben. Sie schreiben: „Die Segregation im | |
Bildungsbereich wird durch Homeschooling und den ungleichen Zugang zu | |
digitaler Teilhabe noch mal verschärft.“ Hat uns die Coronakrise indieser | |
Hinsicht kalt erwischt? | |
Natürlich. Die Digitalisierung ist in Berlin in den letzten Jahren nicht | |
wirklich vorangekommen. Die Verwaltung ist nicht in der Lage, ihre Prozesse | |
umfassend digital zu organisieren. Wir sind da noch viel zu rückständig, | |
die Schulen sind leider keine Ausnahme. | |
Sie fordern in dem Papier die Beschaffung von mobilen Endgeräten für | |
Kinder. Worüber reden wir hier: Rechner und WLAN für alle? | |
Selbst allen Mittelschichtsfamilien gelingt es nicht, jedes ihrer zweioder | |
drei Kinder mit einem eigenen Rechner auszustatten. Für Familien mit | |
geringem Einkommen ist das völlig unmöglich. Deswegen muss es künftig für | |
jedes Kind unabhängig vom Einkommen der Eltern möglich sein, an digitalen | |
Formaten teil zu haben. Das Homeschooling wird ja – wenn auch in etwas | |
geringerem Maße – weitergehen. Da müssen wir uns nichts vormachen. | |
Wie kann das aussehen? | |
Wahrscheinlich werden sich Formate verändern und die Schule an sich | |
vielleicht auch – aber eine Konsequenz aus der Coronakrise wird sein, dass | |
die Digitalisierung auch in Schulen wichtiger wird. Und da müssen alle dran | |
teilhaben können. Das heißt, alle Haushalte brauchen Internetanschlüsse | |
sowie Computer oder Tablets. Für Kinder in Unterkünften für Geflüchtete | |
natürlich auch. | |
Wie schnell wäre das umzusetzen? | |
Das wird sicher mehrere Monate in Anspruch nehmen. Aber wir müssen jetzt | |
die Strukturen dafür schaffen. | |
Wie teuer wäre das? | |
Ich rechne mit einem zweistelligen Millionenbetrag. | |
Und der soll im anstehenden zweiten Nachtragshaushalt verankert werden? | |
Vielleicht wird das nur schrittweise passieren. Das müssen | |
unsereHaushaltspolitikerInnen jetzt verhandeln. | |
Täuscht der Eindruck, dass Geld gerade keine Rolle spielt? | |
Geld spielt schon eine Rolle – alles muss ja refinanziert werden. Aber die | |
entscheidende Frage ist: Wie kommen wir aus der Krise heraus, ohne dass sie | |
zu massiven sozialen Verwerfungen führt? Und wie geht es weiter mit einem | |
wohl hoch defizitären Haushalt? Da sagt die Linke: Wir dürfen uns nicht in | |
einen neue Krise hineinsparen. Das Ziel einer schwarzen Null ist auf | |
längere Sicht nicht einzuhalten. | |
Was heißt „längere Sicht“? | |
Das kann ich nicht sagen, das wäre totale Spekulation. | |
Sie fordern einen schnellen Start von Schule und Kitas in Gänze. Ist das | |
denn machbar, wenn der Schutz vor einer Infektion nicht aufgegeben werden | |
soll? | |
Wir brauchen da jetzt kreative Lösungen. Es gibt zum Beispiel viele Firmen | |
im Messebau, die derzeit nichts zu tun haben. Sie könnten kleine Pavillons | |
auf Schulflächen bauen, die dann als Klassenzimmer genutzt werden. Gleiches | |
wäre auf dem Gelände von Kitas möglich. Dass die Kitas erst am 1. August | |
wieder ganz aufmachen sollen, ist für viele Eltern eine sehr beunruhigende | |
Perspektive. Wir müssen möglichst viele Kinder zumindest wieder in | |
Teilzeitbetreuung bringen. | |
Das hilft vielen Eltern aber nicht weiter, wenn sie arbeiten gehen müssen. | |
Natürlich wäre mir die Vollzeitbetreuung am liebsten. Aber das wird noch | |
dauern. | |
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) verwaltet ja seit langem vor allem | |
den Mangel an Schulen – es fehlen gut ausgebildete Lehrkräfte, Räume und so | |
weiter. Wird das jetzt noch schlimmer? Welche Ressourcen könnte Berlin da | |
aktivieren? | |
Die Herausforderung ist jetzt, alle Ressourcen zu heben, die verfügbar | |
sind. Das heißt natürlich nicht, alle verrenteten LehrerInnen wieder in die | |
Schule zu schicken – die gehören ja zu den Risikogruppen. | |
Wen denn dann? | |
Wir haben zum Beispiel LehramtsstudentInnen, wir müssen Leute anwerben, und | |
wir haben auch vorgeschlagen, das frühere Projekt „KünstlerInnen an die | |
Schulen“ wiederzubeleben, also KünstlerInnen – von denen viele gerade | |
dringend Aufgaben brauchen – in den Unterricht einzubinden. | |
Sie haben ganz zu Anfang des Gesprächs die Problematik der Grundrechte | |
angesprochen. | |
Viele Leute finden Gefallen daran, dass es de facto ein | |
[4][Versammlungsverbot] gibt. Aber auch in Pandemiezeiten muss es möglich | |
sein, unter Beachtung von Abstandsregeln der Meinungs- und | |
Versammlungsfreiheit Geltung zu verschaffen. | |
Am Dienstag berät der Senat darüber: Wie könnte eine Regelung aussehen? | |
Selbst die erlaubten 20 Personen hat die Polizei bisher nichtakzeptiert. | |
Das muss aufhören. Unsere SenatorInnen drängen da auf eine neue Vorgabe. | |
Wollen Sie sich auf eine Zahl festlegen: 50 Leute oder 500? Oder nur an | |
bestimmten Orten? | |
Ich wünsche mir eine flexible Lösung, abhängig von der Größe des Platzes, | |
an dem demonstriert wird, und dem Anlass. Es muss eben klar sein: Man darf | |
sich versammeln, das Grundrecht gilt. Wie es ausgestaltet wird, muss mit | |
der Versammlungsbehörde ausgehandelt werden. | |
21 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Einschraenkungen-wegen-Corona/!5679183 | |
[2] https://dielinke.berlin/corona/was-kann-ich-tun/det/news/wie-weiter-in-der-… | |
[3] /Schuloeffnung-in-Berlin/!5679143 | |
[4] /Forderung-Berliner-Politiker/!5677696 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
## TAGS | |
Die Linke Berlin | |
Katina Schubert | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Homeschooling | |
Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Flüchtlingskinder im Homeschooling: Digitales Lernen ausgeschlossen | |
Homeschooling ist für Flüchtlingskinder besonders hart: Nur wenige haben | |
Computerzugang, viele Heime noch immer kein oder zu schwaches Internet. | |
Wiederöffnung der Schulen in Berlin: „Recht gechillter Start“ | |
Seit Montag sind die ZehntklässlerInnen zurück in den Schulen; weitere | |
Klassen sollen bald folgen. Erst dann wird sich zeigen, ob das Konzept | |
aufgeht. | |
Kein Verschieben der Abi-Prüfungen: Politische Versäumnisse bloßgelegt | |
Ein Berliner Gericht weist den Eilantrag einer Schülerin auf Verschiebung | |
der Abi-Klausuren ab. Ein richtiges Urteil, auch wenn es hart wirkt. | |
Fehlende Betreuung in Corona-Zeiten: Eltern kriegen Hortgebühren zurück | |
Seit Mitte März werden auch Grundschulkinder nicht mehr betreut. Die | |
Gebühren dafür bekommen die Eltern ab April zurück. | |
Klage gegen Prüfungen in Berlin: Abitur ist gerichtsfest | |
Kein Computer, kleine Wohnung, kein Austausch mit MitschülerInnen: Dennoch | |
muss eine Berlinerin das Abi schreiben, sagt das Verwaltungsgericht. | |
MSA-Prüfungen in Corona-Zeiten: Es gibt grad Wichtigeres | |
So richtig das Festhalten am Abitur ist, so falsch ist es, Zehntklässler | |
jetzt in nicht systemrelevante Prüfungen zu schicken. | |
Abiturprüfungen in Berlin ab Montag: Gericht: Schüler müssen schreiben | |
Eine Schülerin wollte der Abiprüfung wegen des Corona-Infektionsrisikos | |
fernbleiben. Sie muss kommen, sagt das Verwaltungsgericht. | |
Lockerung der Corona-Maßnahmen: Vernünftig, aber widersprüchlich | |
Der deutsche Föderalismus ist der Krise gewachsen. Die Liste der | |
Ungereimtheiten ist jedoch lang – besonders was die Schulen angeht. | |
Einschränkungen wegen Corona: Ein trauriger Sommer in Berlin | |
Kein CSD, keine Konzerte, kaum Touristen und auch Demos wird es in diesem | |
Sommer nicht geben. Immerhin die Zoos machen nächste Woche wieder auf. | |
Schulöffnung in Berlin: Abiprüfung trotz Corona | |
Am Montag starten in Berlin die Abiturprüfungen, am 4. Mai öffnen die | |
Schulen für manche Klassen. Für Hygiene sei gesorgt, so die | |
Bildungssenatorin. | |
Forderung Berliner Politiker: Kippt das Demo-Verbot? | |
Bislang wurde wegen Corona jeder Protest pauschal unterbunden. Jetzt | |
fordern Berlins Koalitionspolitiker das Versammlungsverbot nachzujustieren. |