# taz.de -- Schulöffnung in Berlin: Abiprüfung trotz Corona | |
> Am Montag starten in Berlin die Abiturprüfungen, am 4. Mai öffnen die | |
> Schulen für manche Klassen. Für Hygiene sei gesorgt, so die | |
> Bildungssenatorin. | |
Bild: Hoffentlich genug gelernt? Am Montag winkt die Lateinprüfung! | |
BERLIN taz/dpa | Corona hin oder her: Für Berlins SchülerInnen starten am | |
Montag die Abiturprüfungen – und zwar gleich mit Latein. Zwei weitere | |
Prüfungen sollen im Laufe der kommenden Woche folgen. Das sagte | |
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Donnerstag Nachmittag in der | |
Presskonferenz des Senats. Das Festhalten an den Prüfungen sei wichtig für | |
die Anerkennung der Abschlüsse, „damit auch unsere Jugendlichen an den | |
Hochschulen in ganz Deutschland studieren können“. | |
[1][Am Mittwoch hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die | |
Landesregierungen per Videokonferenz über die Fortführung der | |
Corona-Maßnahmen beraten]. Die Kultusminister hatten dabei beschlossen, | |
Abiturprüfungen und MSA-Prüfungen durchzuführen und die Schulen ab 4. Mai | |
wieder schrittweise zu öffnen, wobei vorher schon Prüfungsvorbereitungen | |
anfangen dürfen. | |
In Berlin geht es [2][laut Scheeres] los am 27. April mit den 10. Klassen. | |
„Das ist uns sehr, sehr wichtig, damit die jungen Menschen genügend Zeit | |
haben, sich auf den Mittleren Schulabschluss (MSA) vorzubereiten“, so | |
Scheeres. Aus Zeitgründen werde eine MSA-Prüfung verlegt: die für Deutsch | |
werde statt am 13. Mai am 3. Juni stattfinden, so Scheeres. | |
Ab 4. Mai werde der Schulbetrieb dann für die 11. Klassen der Gymnasien, | |
die 9. und 12. Klassen an Sekundarschulen sowie die 6. Klassen der | |
Grundschulen wieder aufgenommen, so die Bildungssenatorin. Bis dahin würden | |
Schulträger und Bezirke sicherstellen, dass die Schulen hygienisch für den | |
Infektionsschutz aufgerüstet werden mit ausreichend Seife und | |
Seifenspendern, Desinfektionsmitteln etc. Zudem würden die Tische in den | |
klassen so umgestellt, dass das Abstandsgebot von 1,5 Metern eingehalten | |
werden könne. „Schulträger und Bezirke haben gesagt, dass sie dies leisten | |
können“, so Scheeres. Sie betonte aber auch, dass „chronisch kranke | |
Menschen“, also LehrerInnen oder Kinder mit Vorerkrankungen, „nicht | |
gezwungen werden am Unterricht teilzunehmen“. | |
Der Berliner Landeselternausschuss findet die geplante schrittweise | |
Wiedereröffnung der Schulen im Grundsatz richtig, sieht aber viele offene | |
Fragen: „Natürlich werden viele Familien froh darüber sein, dass sie | |
endlich ihren Alltag wieder anders als bisher gestalten und Eltern wieder | |
arbeiten gehen können“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Norman Heise. | |
„Aber da gibt es auch Eltern, die Ansteckungsgefahr fürchten und sich | |
fragen, wie soll das funktionieren mit den hygienischen Bedingungen an den | |
Schulen.“ | |
Geklärt werden müssen nach Heises Einschätzung räumliche und | |
organisatorische Fragen, da Klassen wegen des Abstandsgebots wohl nicht | |
mehr komplett unterrichtet werden können. Und: „Auch die Jahrgänge, die | |
zunächst noch nicht starten, brauchen eine Perspektive.“ | |
## Kritik an Durchführung der Prüfungen | |
Die Berliner Schülervertretung, die sich für eine Aussetzung der | |
diesjährigen Abitur-Prüfungen eingesetzt hatte, kündigte am Donnerstag | |
Proteste an. „Diese Entscheidung ist gesundheitsgefährdend und ungerecht“, | |
sagte Landesschülersprecher Miguel Góngora. „Die Senatorin muss zur | |
Rechenschaft gezogen werden.“ Die SchülerInnen argumentieren, die | |
Prüfungsvorbreitung sei für viele SchülerInnen nicht möglich gewesen, zudem | |
seien durch den Unterrichtsausfall sozial benachteiligte SchülerInnen, die | |
Zuhause kaum oder keine Lernmöglichkeiten haben, noch mehr benachteiligt | |
als ohnehin schon. In welcher Form die SchülerInnen protestieren wollen, | |
ist noch unklar. Demonstrationen seien nicht geplant, so der | |
Landesschülersprecher. Möglich sei zum Beispiel, dass Schülerinnen und | |
Schüler sich mit einem Protestschild vor ihrer Wohnungpostieren. | |
Gegen Abi-Prüfungen hatte sich am Mittwoch vor der „Kanzlerinnenrunde“ auch | |
die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, | |
Regina Kittler, geäußert. Entsprechend enttäuscht zeigte sie sich am | |
Donnerstag im Gespräch mit der taz. Kittler sagte zudem, es sei nicht | |
nachvollziehbar, dass auch die Sechstklässler ab 4. Mai wieder beschult | |
werden sollen. Ein Einhalten von Abstandsregeln sei in diesem Alter kaum | |
durchzusetzen, selbst bei halbierten Klassen – „zumal die Kinder ja seit | |
Wochen kaum rauskonnten“. Auch das Festhalten der KMK an den MSA-Prüfungen | |
sieht sie kritisch. Hier könne, anders als beim Abitur, Berlin auch einen | |
anderen Weg gehen. Darüber werde in der Koalition noch zu reden sein. | |
Auch die Berliner GEW-Vorsitzende Doreen Siebernik erklärte: „Wenn man | |
dieses Jahr auf die MSA-Prüfungen verzichten würde, geht die Welt nicht | |
unter.“ Stattdessen könnten Durchschnittsnoten auf Basis der vergangenen | |
zwei Schuljahre gebildet werden. | |
SPD-Bildungsexpertin Maja Lasic verteidigte gegenüber der taz die | |
Beschlüsse. Da die 10. Klassen ab Ende April wieder unterrichtet werden, | |
bliebe genügend Zeit sich auf den MSA vorzubereiten. Für viele Schülerinnen | |
seien die Prüfungen wichtig, um sich für die Oberstufe zu qualifizieren | |
oder ihren Notenschnitt zu verbessern. Zu den angekündigten Protesten der | |
Schülerinnen sagte sie: „Ein einheitliches Vorgehen der KMK hat für uns | |
Priorität. Da können wir als Berlin nicht ausscheren.“ | |
16 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Kampf-gegen-Corona-Epidemie/!5676349/ | |
[2] https://twitter.com/SenBJF/status/1245634341264216064 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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