# taz.de -- Linke Medien: Indymedia vor Gericht gescheitert | |
> Die letzte Klage gegen das Verbot der linken Medienplattform Indymedia | |
> ist abgelehnt worden. Weiter geht’s vielleicht trotzdem. | |
Bild: Gedrucktes Internet? Das Logo von Indymedia auf einem Ordner im Gerichts | |
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Beschwerden von fünf | |
Freiburger*innen nicht zur Entscheidung angenommen, die das | |
Bundesinnenministerium (BMI) zu den Betreiber*innen der im August 2017 | |
verbotenen Internetplattform Indymedia-Linksunten zählt. Damit ist der | |
juristische Kampf gegen das Verbot an sein Ende gelangt. Die zentrale Frage | |
der Pressefreiheit im Netz bleibt unbeantwortet. | |
Für die deutschen Sicherheitsbehörden handelte es sich bei | |
Indymedia-Linksunten um das einflussreichste Medium der | |
linksextremistischen Szene in Deutschland und um ein Forum für | |
gewaltbereite Autonome. 2017 hatte das BMI unter Thomas de Maizière (CDU) | |
[1][nach militanten Protesten am Rande des G20-Gipfels in Hamburg] die | |
Plattform verboten und vom Netz nehmen lassen. Auf das Verbot reagierte die | |
linke Szene verhalten. Die größte Protestaktion war eine bundesweite | |
Demonstration mit etwa 1.600 Teilnehmer*innen am 25. Januar 2020 in | |
Leipzig. | |
Wenige Tage später wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die | |
Klage der 5 Personen verhandelt, die die Behörden als Mitglieder eines | |
Vereins bezeichnet hatte, der das linke Online-Portal betrieben haben soll. | |
Die Beschuldigten bestritten, dass dieser Verein überhaupt existiert hat. | |
Deswegen wiesen die Richter*innen des BVerwG die Klage als zulässig, | |
aber unbegründet zurück. Die Beschwerdeführer*innen hätten nicht im | |
eigenen Namen gegen das Verbot vorgehen dürfen, da sich nur der „Verein“ | |
linksunten.indymedia.org gerichtlich gegen das Verbot wenden dürfe. Dagegen | |
hatte sich die Beschwerde gerichtet, die jetzt vom BVerfG nicht angenommen | |
wurde. Der juristische Kommentator Markus Sehl nennt die Nichtannahme der | |
Beschwerde auf dem Internet-Portal Legal Tribune Online (LTO) „eine vertane | |
Chance“, die Frage der Pressefreiheit im Netz zu klären. | |
## Schutz der Pressefreiheit? | |
Dieser Kritik haben sich die Rechtsanwält*innen Lukas Theune, Sven Adam | |
und Angela Furmaniak angeschlossen. „Bei linksunten.indymedia.org handelte | |
es sich um ein Nachrichten- und Kommunikationsportal, für welches der durch | |
das Grundgesetz gewährleistete Schutz der Pressefreiheit gilt. Das Verbot | |
wurde ausschließlich mit Medieninhalten begründet“, heißt es in einer | |
Pressemitteilung der drei Jurist*innen, die die Freiburger Kläger*innen | |
anwaltlich vertreten haben. | |
„Das Bundesverwaltungsgericht ist selbst überhaupt nicht auf die Verletzung | |
der Pressefreiheit eingegangen, weil sie den Rechtsweg abgeschnitten haben | |
mit der Argumentation, dass nur der Verein hätte klagen dürfen, aber nicht | |
die Betroffenen“, moniert Theune. „Einen Gang vor den Europäischen | |
Gerichtshof, der juristisch möglich wäre, werden die Betroffenen wohl nicht | |
gehen“, erklärt Rechtsanwalt Lukas Theune gegenüber der taz. | |
Auch der Anwalt David Werdermann bekräftigt nach der Ablehnung der | |
Beschwerde durch das BverfG seine Kritik: „Statt gegen einzelne Beiträge | |
vorzugehen, wurde ein Medium vollständig abgeschaltet – ein krasser Verstoß | |
gegen die Pressefreiheit.“ Werdermann erinnert mit Verweis auf die jüngsten | |
Durchsuchungen bei dem Freien Sender Rado Dreyeckland ([2][siehe taz vom | |
20. 1. 2022]) an die juristischen Folgen der Abschaltung des linken | |
Online-Portals. „Erst wird das Vereinsrecht missbraucht, um ein Medium zu | |
verbieten. Jetzt wird die Kritik daran kriminalisiert.“ | |
Die Bloggerin Detlef Georgia Schulze, die sich gegen das Verbot der linken | |
Plattform einsetzte, sieht im Gespräch mit der taz keine juristischen | |
Hindernisse, mit einem neuen Herausgeber*innenkreis | |
Indymedia-Linksunten wieder zu reaktivieren. „Dass dies noch nicht | |
geschehen ist, ist vorrangig ein praktisches oder politisches Problem und | |
nur nachrangig ein juristisches“, betont Schulze. | |
Das dürfte daran liegen, dass in Zeiten von Facebook und Twitter und | |
Telegram linke Onlineplattformen massiv an Bedeutung verloren haben. | |
Allerdings ist ein Teil der Texte, die auf linksunten.indymedia | |
veröffentlicht waren, mittlerweile in einem Archiv unter | |
[3][https://linksunten.indymedia.org] wieder einsehbar. | |
21 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Podcaster-ueber-G20-Gipfel-in-Hamburg/!5862697 | |
[2] /Razzia-bei-Freiburger-Alternativradio/!5906653 | |
[3] https://linksunten.indymedia.org/ | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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