# taz.de -- Landtagswahl in MV: SPD gewinnt, AfD auf Platz zwei | |
> Laut Hochrechnung bleibt die SPD trotz Verlusten mit 30 Prozent stärkste | |
> Kraft in Schwerin, gefolgt von der AfD. Die Rechten erhalten 21,5 | |
> Prozent. | |
Bild: Wer kommt da rein? Und wenn ja, wie viele? Der Landtag von Mecklenburg-Vo… | |
BERLIN taz | Ein großer Erfolg für die rechtspopulistische AfD, herbe | |
Verluste sowohl für die beiden Regierungsparteien SPD und CDU als auch für | |
die Linkspartei, die bislang die größte Opposition im Landtag war – das | |
sind die zentralen Ergebnisse der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern. | |
Die NPD verpasst nach der ersten Hochrechnung der Forschungsgruppe Wahlen | |
deutlich den Wiedereinzug in das Schweriner Parlament und ist damit in | |
keinem deutschen Landtag mehr vertreten. Mit knapp 61 Prozent lag die | |
Wahlbeteiligung um fast 10 Prozentpunkte höher als vor fünf Jahren. | |
Die SPD rutscht auf etwa 30 Prozent ab. Damit verliert sie zwar deutlich im | |
Vergleich zur Wahl 2011, als sie noch auf 35,6 Prozent kam. Trotzdem ist | |
sie noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Es hätte für die | |
Sozialdemokraten jedoch noch schlimmer kommen können: Noch Ende Juni | |
rangierten sie bei den Demoskopen mit knapp über 20 Prozent hinter der CDU. | |
Die Trendwende zugunsten der Genossen dürfte vor allem ihrem | |
Spitzenkandidaten Erwin Sellering zu verdanken sein. Die Personalisierung | |
des Wahlkampfs auf ihn scheint sich ausgezahlt zu haben. Der 66-Jährige, | |
der seit 2008 die Regierungsgeschäfte in Mecklenburg-Vorpommern führt, ist | |
im Land weitaus beliebter als seine Konkurrenten von den anderen Parteien. | |
Jetzt spricht alles dafür, dass der alte auch der neue Ministerpräsident | |
sein wird. Er sei „sehr zufrieden“, kommentierte Sellering das Abschneiden | |
seiner Partei. „Das ist ein tolles Ergebnis.“ | |
Sein Schweriner Parteifreund habe gezeigt, „was es bedeutet, wenn | |
Sozialdemokraten erstens gute Politik machen und zweitens kämpfen“, sagte | |
SPD-Chef Sigmar Gabriel in Berlin. Sellering habe „im Wahlkampf Kurs | |
gehalten, obwohl manche Kommentatoren die SPD schon abgeschrieben hatten“. | |
Die AfD kommt mit ihrem Spitzenkandidaten Leif-Erik Holm laut Hochrechnung | |
auf mehr als 21 Prozent der Stimmen und zieht als zweitstärkste Fraktion in | |
den Landtag ein. Die Rechtspopulisten profitierten offenkundig auch vom | |
Absturz der NPD, die von 6 Prozent auf etwa 3 Prozent abdriftet. Auch von | |
der SPD und der CDU wechselten viele WählerInnen zur AfD. Holm sprach von | |
einem „stolzen Ergebnis“. | |
Wie schon die NPD dürfte die AfD, die jetzt deutschlandweit in 9 von 16 | |
Landesparlamenten vertreten ist, im Schweriner Landtag isoliert bleiben: | |
Alle übrigen Parteien haben bereits im Vorfeld eine Zusammenarbeit | |
abgelehnt. | |
Als Reaktion auf den Aufschwung der AfD setzten im Wahlkampf sowohl die CDU | |
als auch die Linkspartei auf Heimattümelei. Während die CDU mit dem Slogan | |
„Heimat in guten Händen“ für sich warb, ging die Linkspartei mit dem Motto | |
„Aus Liebe zu M-V“ auf Stimmenfang – für beide hat es sich nicht | |
ausgezahlt. So erlebten die CDU und ihr Spitzenkandidat Lorenz Caffier | |
einen schwarzen Wahlabend: Die Christdemokraten landen mit knapp unter 20 | |
Prozent sogar hinter der AfD nur auf dem dritten Platz. | |
Auf der CDU-Wahlparty im Restaurant Wallenstein nahe dem Schweriner Schloss | |
zeigte sich Caffier zerknirscht. Es gebe „angenehmere Anlässe als diese | |
Zahlen“, sagte er. Seine CDU habe alles versucht. „Aber man war nicht für | |
Argumente offen, wir mussten uns um Emotionen kümmern.“ Alles | |
überschattendes Thema im Wahlkampf sei die Flüchtlingspolitik gewesen, | |
„auch wenn Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern keine Rolle spielen, weil | |
wir uns um sie gekümmert haben“. Die Politik müsse deshalb auch künftig auf | |
bestehende Verunsicherungen in der Bevölkerung eingehen. Wer für das | |
Abschneiden seiner Landes-CDU die Verantwortung trägt, daran ließ Caffier | |
keinen Zweifel: die Berliner Debatten. | |
Immerhin dürfte es für die CDU aber wohl zur Fortsetzung ihrer Koalition | |
mit der SPD reichen. Seit zehn Jahren wird Mecklenburg-Vorpommern von | |
Rot-Schwarz regiert. Denkbar ist allerdings ebenfalls ein rot-rot-grünes | |
Bündnis oder, falls die Grünen doch noch den Parlamentseinzug verpassen | |
sollten, möglicherweise auch eine rot-rote Koalition. | |
Geradezu ein Desaster bescherten die WählerInnen der Linkspartei. Mit | |
weniger als 13 Prozent fährt sie das schlechteste Ergebnis für die | |
SED-Nachfolgepartei seit der Wiedervereinigung ein. Schon die 18,4 Prozent | |
vor fünf Jahren lagen weit unter den Spitzenwerten von bis zu 24,4 Prozent, | |
die die Partei – damals noch als PDS – Mitte bis Ende der 1990er Jahre | |
einfahren konnte. Im Wahlkampf hatte ihr Spitzenkandidat Helmut Holter für | |
eine Wiederauflage von Rot-Rot geworben. | |
„Wir hatten auf eine Wechselstimmung, auf landespolitische Themen gesetzt“, | |
sagte Holter. Eigene Fehler räumte er nicht ein. In Berlin kündigte | |
Linkspartei-Chefin Katja Kipping an: „Wir als Linke müssen und werden jetzt | |
in der sozialen Frage angriffslustiger sein.“ | |
Die Grünen traten mit einer Doppelspitze zur Wahl an. Silke Gajek und | |
Jürgen Suhr könnten es knapp geschafft haben, die Partei erneut in den | |
Landtag zu führen – wenn auch mit Verlusten. Laut erster Hochrechnung | |
schaffen die Grünen hauchdünn die Fünfprozenthürde. Vor fünf Jahren | |
landeten sie noch bei 8,7 Prozent. Wie schon 2011 verfehlt die FDP hingegen | |
erneut mit etwa 3 Prozent deutlich den Sprung in den Landtag. | |
4 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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