# taz.de -- Kommentar Landtagswahl in MV: Entwarnung sieht anders aus | |
> Für eine Große Koalition sollte es in Schwerin reichen. Doch es muss für | |
> mehr Toleranz gekämpft werden – auch AfD-Wählern gegenüber. | |
Bild: Zweistelliges Ergebnis für die AfD in Mecklenburg-Vorpommern | |
Die Versuchung ist groß, nach der [1][Wahl vom Sonntag] ein ganzes | |
Bundesland in die rechtsextreme Schublade zu packen. Das wäre falsch. Es | |
ist nicht das ganze Bundesland. Es sind, unabhängig von Flüchtlingen, | |
Terroranschlägen oder wirtschaftlicher Lage, rund zehn Prozent. Dieser | |
braune Bodensatz ist seit vielen Jahren bereit, menschenverachtende, | |
rassistische Parteien zu wählen, ganz gleich, ob sie im Gewand der NPD oder | |
AfD daherkommen. Wenn nun also die Rede davon ist, den Menschen zuzuhören, | |
die die AfD so stark gemacht haben, dann kann es nicht um diese rund zehn | |
Prozent gehen, die über ein in vielen Jahren gefestigtes rechtsextremes | |
Weltbild verfügen. | |
So entschieden, wie es gilt, die Grenze nach ganz rechts zu ziehen, muss | |
aber der Diskurs mit den anderen 10 Prozent der Wähler stattfinden – jenen, | |
die [2][am Sonntag erstmals AfD gewählt haben], weil sie den Eindruck | |
haben, in diesem Land stimme etwas nicht. Denn auch, wenn es wieder zur | |
Großen Koalition reichen sollte: Entwarnung sieht anders aus. In | |
Mecklenburg-Vorpommern hat ein Countdown bis zur Bundestagswahl begonnen. | |
Es gilt, darum zu ringen, dass unsere Gesellschaft eine offene bleibt. | |
Dazu gehört die klare Abgrenzung zu rechtsextremen Positionen, zu Rassismus | |
und Homophobie. Diese Offenheit heißt zudem mindestens, dass in einem | |
modernen Land unterschiedliche Kulturen in einer Toleranzgesellschaft neben | |
und miteinander leben können. Nicht jedem fällt es leicht, islamische | |
Verhüllungstraditionen zu akzeptieren, die Präsenz von diversen Religionen | |
oder auch gewissen Formen des Feinripps als Ausdruck soziokultureller | |
Herkunft. Aber tolerieren, das muss schon sein. Das Werben um diese | |
Toleranz ist die dringendste Aufgabe in den kommenden Monaten, und es muss | |
lauter und leidenschaftlicher sein als die Melodie des Hasses. | |
In Mecklenburg-Vorpommern beklagen viele Menschen, die nun AfD gewählt | |
haben, man habe sie vergessen. Das Geld ginge immer nur zu anderen, Straßen | |
bröckelten, die Jugend sei ohne Perspektive. Es ist die Aufgabe von | |
Politik, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Die | |
Aufmerksamkeit für Probleme vor Ort, das Lösen von Konflikten im Kleinen, | |
das ist neben dem Werben um Toleranz jetzt dringend nötig. | |
Die parlamentarische Politik ist dazu allein nicht in der Lage. Es sind | |
Bürgerinitiativen, Kulturzentren und Antifa-Schülergruppen, kurz: die | |
Engagierten, die einen verdammt wichtigen Anteil daran tragen. Die zweite, | |
überragende Lehre von Sonntag ist deshalb diese: Die Frage, wohin dieses | |
Land steuert, ist zu groß, um sie zu delegieren. | |
4 Sep 2016 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Junge | |
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