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# taz.de -- Kulturkampf um „El Hotzo“: Wer cancelt hier wen?
> Satire oder Grenzüberschreitung? Die Debatte um El Hotzos Trump-Tweet
> dient Rechten als willkommenes Argument, um gegen den ÖRR zu hetzen.
Bild: Tweeten darf El Hotzo weiterhin
Satire darf alles. Sie beantwortet aber offensichtlich nicht die Frage
danach, wo die Grenzen zwischen Meinung, schlechtem Witz und Relativierung
von Gewalt liegen. Zu diesem Schluss kommt man zumindest, wenn man die
[1][Debatte um El Hotzo], bürgerlich Sebastian Hotz, und seinen
mittlerweile gelöschten Tweet zum Attentat auf Trump betrachtet. Und es
zeigt sich: Um weiteren Hass auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu
schüren, übergehen Reichelt und Co. gerne ihre eigenen Prinzipien der
Sagbarmachung des Unsagbaren.
Hotz, Satiriker und Buchautor, postete am 14. Juli „den letzten Bus“, dazu
zwei verschränkte Hände, „Donald Trump“ und darunter „leider knapp
verpasst“. Ein weiterer Tweet lautete: „Ich finde es absolut fantastisch,
wenn Faschisten sterben.“ Schnell wurde Kritik laut, Hotz löschte den
Tweet, Screenshots des Posts wurden geteilt, Politiker wie [2][Wolfgang
Kubicki zeigten sich empört]. So weit, so Internet.
Auch Julian Reichelt, Ex-Bild-Chef und Nius-Gründer, sprang auf die
Empörungswelle auf. Aus der Kritik wurde schnell eine Kampagne,
vorangetrieben von Reichelts Plattform Nius und Reichelt selbst. Die
zwangsfinanzierten ARD und ZDF duldeten Gewaltaufrufe gegen Politiker und
verstärkten diese, so die These Reichelts.
Die Konsequenz: Die ARD entband Hotz von seinen Aufgaben als Moderator bei
[3][„Theoretisch cool“ auf dem RBB-Sender Radio Fritz]. Der Vorwurf, den
sich Sebastian Hotz gefallen lassen musste: Menschenverachtung und das
Abfeiern eines versuchten Attentats.
## Rechter Kulturkampf
Es ist valide, Hotz' Äußerungen in Frage zu stellen, sie zu kritisieren und
Konsequenzen zu fordern. Es bleibt die Frage: Ist ausgerechnet
Berufshumanist, Frauenförderer und Wächter differenzierten Diskurses Julian
Reichelt der beste Mann, wenn es darum geht, deutsche Medienethik zu
wahren? Dies bleibt zumindest im Angesicht seiner Umtriebe bei Nius
zweifelhaft.
Nicht das erste Mal versuchte man bei Nius anhand von Aussagen auf Social
Media, jemanden an den Pranger zu stellen. Zuletzt den BR-Journalisten
Alexander Nabert, dessen vor Jahren getwitterte antideutsche Floskel
„Deutschland du mieses Stück Scheiße“ man ausgrub. Der rechte Kulturkampf,
er ist mithin auch eine rechte Medienstrategie. Der falsche Post an
falscher Stelle: ein gefundenes Fressen, der Auftakt zu einem erneuten
Schlag gegen den verhassten öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Lediglich zu fragen, welche Werte man als öffentlich-rechtlicher Rundfunk
vertreten will – und diese sollten zweifelsohne universalistisch sein –
ohne auch die Frage zu stellen, von wem man sich das Maß ihrer Durchsetzung
diktieren lässt und welche Zwecke damit verfolgt werden sollen, wird einer
pluralistischen und öffentlich finanzierten Medienanstalt nicht gerecht.
## Übernimmt Musk Anwaltskosten?
Immerhin: Julian Reichelt könnte wissen, dass der Verlust eines Jobs wegen
groben Fehlverhaltens nicht das Ende der Fahnenstange ist. So auch nicht
für El Hotzo, der twittert munter weiter und hat weiterhin [4][seinen
Podcast].
Auch Elon Musk – ihm gehört der Nachrichtendienst X, somit macht er seit
geraumer Zeit auch irgendwas mit Medien – hat sich in die Debatte
eingeschaltet. Der Trump-Unterstützer [5][schrieb kürzlich auf X]: „Jemand,
der Donald Trump und mir den Tod wünscht, wird von der deutschen Regierung
bezahlt?“
Abgesehen davon, dass das Konstrukt öffentlich-rechtlicher Rundfunk für
Musk etwas völlig Neues zu sein scheint, denn dieser wird durch
Gebührengelder und nicht direkt aus Scholz’ Hand bezahlt, könnte man Musk
an dieser Stelle an [6][seinen Tweet vom 6. August 23] erinnern: „Wenn Sie
von Ihrem Arbeitgeber ungerecht behandelt wurden, weil Sie etwas auf dieser
Plattform gepostet oder gelikt haben, werden wir Ihre Anwaltskosten
übernehmen.“
17 Jul 2024
## LINKS
[1] /Nach-Satire-Tweet-zu-Trump/!6024324
[2] https://x.com/KubickiWo/status/1812414477968498715
[3] https://www.fritz.de/programm/podcasts/theoretisch-cool.html
[4] https://hotz-houmsi.podigee.io/
[5] https://x.com/elonmusk/status/1813230478658576748
[6] https://x.com/elonmusk/status/1688022163574439937
## AUTOREN
Jessica Ramczik
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