# taz.de -- Kongo wirft FDLR-Kämpfer raus: Zurück nach Ruanda | |
> Die UN-Mission im Kongo schließt Lager mit Kämpfern der ruandischen | |
> FDLR-Miliz. Die mussten sie in den vergangenen Jahren durchfüttern. | |
Bild: „Demobilisierte“ FDLR-Kämpfer im Lager von Kanyabayonga, 2015 | |
KAMPALA taz | Sie müssen nach Hause, um der UNO Geld zu sparen: 746 | |
Mitglieder der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) – die in | |
der Demokratischen Republik Kongo kämpfende ruandische Hutu-Miliz, die | |
teils von flüchtigen Tätern des ruandischen Völkermordes geführt wird – | |
wurden in der vergangenen zwei Wochen aus Lagern im Kongo in ihre Heimat | |
Ruanda zurückgebracht, die manche von ihnen seit Jahrzehnten nicht mehr | |
gesehen haben. | |
Die Mehrheit von ihnen sind Frauen und Kinder. Unter den Repatriierten | |
Männern waren die wenigsten taugliche Kämpfer, die meisten Alte und | |
Invaliden. | |
Die Rückführungsaktion war überfällig. Eigentlich hätten die vier Lager in | |
Kanyabayonga und Walungu im Ostkongo, in der Stadt Kisangani und in der | |
Provinz Équateur längst geschlossen werden müssen. Bei einem Gipfel 2017 | |
hatten die Staatschefs der Region entschieden, bis 20. Oktober 2018 die | |
Kämpfer und ihre Angehörigen nach Hause zu schicken. | |
Die FDLR-Führung hatte sich 2014 unter militärischem Druck bereiterklärt, | |
[1][einen Teil ihrer Truppen zu entwaffnen] und ihre Kämpfer freiwillig zur | |
Heimreise nach Ruanda zu bewegen, wenn sie internationale Rückendeckung | |
erhalte, um mit Ruandas Regierung zu verhandeln. Diese Forderung hatte | |
Ruanda, dessen Regierung die FDLR als Terrororganisation bekämpft, | |
abgelehnt. | |
So kam es, dass die entwaffneten Kämpfer und ihre Familien zwar in von der | |
UN-Mission im Kongo (Monusco) errichteten Lagern untergebracht wurden, sich | |
aber kollektiv weigerten, nach Ruanda repatriiert zu werden. | |
Der Monusco sowie Kongos Regierung waren die Hände gebunden: Sie konnten | |
die Demobilisierten nicht zurück in den Dschungel schicken, sie aber auch | |
nicht gegen ihren Willen nach Ruanda bringen. Sie mussten die Exilkämpfer | |
und ihre Familien vier Jahre lang durchfüttern – [2][ein teures | |
Unterfangen]. | |
Nach Recherchen der taz behielt die FDLR-Führung, die im Ostkongo weiterhin | |
aktive Kampfverbände unterhält, derweil [3][die Kontrolle über ihre Leute] | |
in diesen Lagern. | |
## Die Anwohner wollten die Milizionäre nicht | |
Die eingesperrten Kämpfer waren eine Gefahr für die lokale Bevölkerung. | |
„Sie dürfen das Lager verlassen, um in der Umgebung nach Nahrungsmitteln zu | |
suchen, wo sich auch anderen bewaffnete Gruppen aufhalten“, klagte jüngst | |
Alfred Kambale, Chef der Zivilgesellschaft von Kanyabayonga in Nord-Kivu. | |
Die Zelte der FDLR-Familien standen direkt neben einer Grundschule. | |
Die FDLR ist berüchtigt für systematische Vergewaltigungen, Entführungen | |
und Tötungen. | |
FDLR-Sprecher Laforge Bazeye dramatisiert die Rückführung: Kongos Armee | |
habe das Lager Kanyabayonga am 17. November „systematisch geplündert, | |
belagert und besetzt“, die Ruander „wurden ohne Nahrung oder Wasser und | |
ohne Hilfe für die Kranken in einen Graben geworfen“, behauptet eine | |
FDLR-Pressemeldung: „Viele Kinder und dehydrierte Frauen sind ins Koma | |
gefallen.“ Nach drei Tagen hätten kongolesische Soldaten sie „in Container | |
geworfen“, um sie nach Ruanda zu bringen. | |
Nach ruandischen Angaben kam es bei der Schließung von Kanyabayonga zu | |
keinerlei Gewalt. Das UN-finanzierte kongolesische „Radio Okapi“ meldet, | |
die lokale Bevölkerung habe das Lager nach dem Abzug der Kämpfer zerstört. | |
Ruandas Regierung spricht in einer Erklärung von weiteren 800 | |
FDLR-Mitgliedern, die bald erwartet würden. Die Frauen und Kinder werden in | |
Ruanda in einem Flüchtlingslager medizinisch versorgt, die Kinder geimpft. | |
Die Männer werden im Demobilisierungszentrum [4][Mutobo] im Nordwesten | |
Ruandas untergebracht. Dort durchlaufen sie ein 3-monatiges | |
Wiedereingliederungsseminar, bevor sie in Ruandas Reservearmee integriert | |
und in ein ziviles Leben entlassen werden. | |
In den vergangenen Jahren war das große Camp in Mutobo, das mehr als 400 | |
Betten hat, fast leer. Im vergangenen Quartal hatten lediglich 33 | |
Ex-Kämpfer das Seminar durchlaufen. Jetzt ist es wieder voll. | |
29 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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