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# taz.de -- Konflikt um Bergkarabach: Nächster Anlauf
> Armenien und Aserbaidschan vereinbaren einen Waffenstillstand. Den sollen
> russische Truppen sichern. In Jerewan kommt es zu Ausschreitungen.
Bild: Aserbaidschan, Ganja am Dienstag: Ein Soldat feiert den Waffenstillstand
jerewan ap/dpa | Armenien und Aserbaidschan haben eine Vereinbarung über
einen Waffenstillstand in der Region [1][Bergkarabach] bekanntgegeben. Der
armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan teilte die Unterzeichnung der
Vereinbarung mit Aserbaidschans Präsidenten İlham Əliyev und dem russischen
Staatschef Wladimir Putin am Montagabend (MEZ) auf Facebook mit. Die
Entscheidung sei „für mich persönlich und für unser Volk extrem
schmerzhaft“, schrieb Paschinjan weiter. In der Krisenregion blieb es am
Dienstagmorgen zunächst ruhig. Weder das armenische
Verteidigungsministerium noch das von Aserbaidschan meldeten Gefechte um
die Region.
Der mit Russland vereinbarte Pakt sieht die Entsendung von 1.960 russischen
Friedenssoldaten und territoriale Zugeständnisse vor. Bereits in der Nacht
zu Dienstag begannen russische Truppen mit ihrem Friedenseinsatz. Die
ersten vier Flugzeuge vom Typ Iljuschin Il-76 seien in der Nacht zum
Dienstag mit Soldaten und gepanzerten Fahrzeugen in die Krisenregion
geflogen, teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau der
Agentur Interfax zufolge mit.
Kurz vor seiner Bekanntgabe hatten aserbaidschanische Truppen in
Bergkarabach den strategisch wichtigen Ort Schuschi (aserbaidschanisch:
Şuşa) eingenommen und rückten in Richtung Stepanakert – der
Regionalhauptstadt von Bergkarabach – vor, wie ein Sprecher der örtlichen
Separatistenregierung bestätigte. Aserbaidschan teilte mit, dass es über
Armenien weit entfernt von den Kämpfen einen russischen Militärhubschrauber
abgeschossen habe. Dabei wurden zwei russische Militärangehörige getötet.
Der aserbaidschanische Präsident İlham Əliyev hatte schon am Sonntag die
Einnahme Schuschis vermeldet. Sie ist die bedeutendste militärische
Entwicklung, seit der Konflikt um Bergkarabach am 27. September aufgeflammt
ist. Schuschi befindet sich zehn Kilometer von Stepanakert entfernt an der
Hauptverbindungsstraße nach Armenien, sodass die Konfliktpartei, die
Kontrolle über den Ort hat, einen strategischen Vorteil hat.
## Tausende Tote
Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, steht aber unter der
Kontrolle ethnisch armenischer Truppen, die von Armenien unterstützt
werden. Hunderte oder Tausende Menschen sind in den vergangenen Wochen bei
den Kämpfen, die Ende September ausgebrochen waren, ums Leben gekommen.
[2][Mehrere Waffenstillstände] sind seitdem ausgerufen, aber nicht
eingehalten worden. Die am Dienstag verkündete Waffenruhe schien größere
Erfolgsaussichten zu haben, da Aserbaidschan bedeutsam vorgerückt ist.
„Leider müssen wir zugeben, dass eine Serie von Misserfolgen uns weiter
verfolgt und die Stadt Schuschi vollständig außerhalb unserer Kontrolle
ist“, schrieb Wagram Pogossjan, ein Sprecher des Anführers von
Bergkarabach, am Montag auf Facebook. „Der Feind ist am Stadtrand von
Stepanakert.“ Auf der Hauptstraße des Gebiets bildeten sich am Sonntag
lange Autoschlangen, Bewohner Bergkarabachs flohen vor den Kämpfen nach
Armenien.
In der armenischen Hauptstadt Eriwan strömten kurz nach der Verkündung
Tausende Menschen auf den zentralen Platz der Republik, um dagegen zu
protestieren. Viele riefen: „Wir werden unser Land nicht aufgeben!“
Einige drangen in das Hauptregierungsgebäude ein, um nach Regierungschef
Paschinjan zu suchen. Zuvor hatte dieser darauf beharrt, dass der Kampf um
Schuschi anhalte. Zudem hatte er angedeutet, dass armenische Truppen
entweder versuchten, den Ort zurückzuerobern oder ein Vorrücken in Richtung
Stepanakert zu verhindern.
## Kontrolle übergeben
Armenien verpflichtet sich laut Vereinbarung, die Kontrolle über einige
Gebiete außerhalb der Grenzen von Bergkarabach zu übergeben, darunter auch
den Ostteil der Provinz Ağdam. Für Aserbaidschan hat der Ort großes
symbolisches Gewicht, weil die gleichnamige Hauptstadt stark geplündert
worden ist und das einzige noch intakte Gebäude die Moschee der Stadt ist.
Armenien soll auch die Region Laçın übergeben, auf der die Hauptstraße von
Bergkarabach nach Armenien verläuft. Die Straße soll laut Vereinbarung
offen und von russischen Friedenssoldaten geschützt werden.
10 Nov 2020
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