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# taz.de -- Kommentar Staat und Kirche in Bayern: Das Kreuz mit dem Kruzifix
> Bayerns Ministerpräsident Markus Söder macht Wahlkampf mit Jesus
> Christus. In jeder Behörde soll ein Kreuz hängen. Wie armselig!
Bild: Soll bald über jede bayerische Behörde wachen: Jesus Christus
Es ist ein Kreuz mit der CSU. Sie ist von gestern. An den Franz Josef
Strauß, den Mensch gewesenen Gott der Partei, können sich immer weniger
Leute erinnern. Mit ihm allein ist kein Staat mehr zu machen. Wie gut, dass
es noch einen anderen Messias gibt, den aus dem Neuen Testament. Der soll
es jetzt richten. Er soll der Spitzenkandidat der CSU werden.
Das Bild des gekreuzigten Heilands soll bald schon in allen öffentlichen
Einrichtungen gut sichtbar im Eingangsbereich hängen. Mit ihm als Zugpferd
möchte Ministerpräsident Markus Söder, der selbsternannte Stellvertreter
Strauß’ auf Erden, die absolute Mehrheit für die CSU bei der Wahl zum
Bayerischen Landtag im Herbst erringen. Oh Gott!
Die bayerische Identität mit dem christlichen Glauben zu verknüpfen, so wie
es Markus Söder mit seiner Kruzifix-Aktion getan hat, geht an der Realität
im so genannten Freistaat mittlerweile meilenweit vorbei. In den
bayerischen Städten, wird immer weniger an den christlichen Gott geglaubt.
## Bayern sind doch nicht von gestern
Und selbst die gläubigsten Christen verzeihen den Menschen, wenn sie leben,
wie Menschen eben leben. Ein verheirateter Katholik, der lange in führender
Position im Freistaat gearbeitet hat, bevor er beruflich nach Berlin
gewechselt ist, kann ein treuer Ehemann und gleichzeitig der liebende Vater
eines unehelichen Kindes sein. Was soll’s?
Im Gegensatz zur CSU sind die meisten Bayern eben nicht von gestern. Ein
bayerischer Kabarettist kann türkeistämmig sein, sich Django Asül nennen
und wird gefeiert. Auf sonnigen Wiesen auf elterlichem Grund unweit des
Dorfs blüht der Hanf auf den Feldern. Die Dax-Konzerne, von denen es in
München so viele gibt, schreiben ihre Stellen weltweit aus und fragen beim
Vorstellungsgespräch gewiss nicht das „Vater unser“ ab.
Wenn dann all die Neubayern, ohne die kein Pflegeheim, kein Krankenhaus
funktionieren würde, in ihrer frisch erworbenen Tracht auf’s Oktoberfest
gehen, werden sie bestimmt kein Tischgebet anstimmen, bevor sie ihren Krug
gegen andere Krüge stoßen. Das Kreuz gehört eben doch nicht immer zu
Bayern.
Und weil es die CSU dann doch nicht verhindern konnte, gibt es heutzutage
sogar ein ernstzunehmendes Kindergartenangebot in Bayern. Dort werden
kleine Menschen zu neuen Bayern geformt. Sie heißen vielleicht Tarik, Sibel
oder auch Mohamed. Und wenn sie groß sind, tragen sie ihr erstes selbst
verdientes Geld in die Biergärten, wo sie vielleicht mit einem alten Mann
anstoßen werden, der tatsächlich Sepp heißt oder Franz. Und allen wird es
egal sein, ob er sonntags in die Kirche geht oder nicht.
Sollte dann immer noch ein Kreuz in allen staatlichen Einrichtungen hängen,
man wird es nicht mehr wahrnehmen. Die meisten Bayern werden es so ernst
nehmen, wie DDR-Bürger einst die unvermeidlichen Portraits des Genossen
Honecker. Es wird ihnen am Allerwertesten vorbeigehen. Amen.
24 Apr 2018
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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