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# taz.de -- Kommentar Massenprotest in Hongkong: Regierung ohne Vernunft
> Die Hongkonger Regierung scheint das ungeliebte Gesetz mit Polizeigewalt
> durchpeitschen zu wollen. Politik mit Rücksicht auf Stimmungen ist das
> nicht.
Bild: Sturheit der schlecht beratenen Regierung: Polizisten feuern Tränengas ab
Die beeindruckenden Proteste in Hongkong, wo am Sonntag bis zu einer
Million Menschen – ein Siebtel der Bevölkerung – über Stunden weitgehend
friedlich gegen das umstrittene Auslieferungsgesetz demonstriert haben,
gingen am Mittwoch weiter. Auch jetzt überraschend zahlreich. [1][Doch war
der Charakter militanter]. Mehrere Zehntausend Menschen, darunter sehr
viele erst um die 20 Jahre alt, haben seit dem Morgen das Parlament der
Sonderzone blockiert. Es sollte in zweiter Lesung das Gesetz beraten, um es
nach dem Willen der Regierung am 20. Juni zu verabschieden.
Im nicht demokratisch gewählten Hongkonger Legislativrat haben Pekings
Unterstützer eine klare Mehrheit. Dass die entschlossen agierenden
Demonstranten trotz massiven Polizeiaufgebots das Parlamentsgebäude wirksam
blockieren und so eine Verschiebung der Lesung auf unbestimmte Zeit
erreichen konnten, ist ein Erfolg.
Doch damit ist noch nichts entschieden. Bei den späteren gewaltsamen
Auseinandersetzungen auf den Straßen schien es der Polizei darum zu gehen,
die Demonstranten zu vertreiben und großflächige Straßenblockaden und
-besetzungen zu verhindern. Diese hatte es 2014 mit der Regenschirmbewegung
über Wochen gegeben. Damals waren Regierung, Behörden und Polizei gut
beraten, meist nicht die direkte Konfrontation zu suchen. Sie saßen den
Protest vielmehr aus.
Doch jetzt scheint die Regierung mit aller Kraft das ungeliebte Gesetz
durchpeitschen zu wollen. Die Macht dazu hätte sie zweifellos. Doch eine
vernünftige Regierung und Politik, die Rücksicht auf die Bevölkerung und
ihre Stimmungen nimmt, sieht anders aus. Bleibt die Regierung jetzt stur,
verhält sie sich schon heute so, wie viele es für die Zukunft befürchten,
sollte sich Peking noch stärker in Hongkong einmischen oder dort die
Kontrolle übernehmen.
Die Demonstranten kämpfen dafür, dass Hongkongs rechtliche, politische und
kulturelle Unterschiede zur Volksrepublik bestehen bleiben. Diese
Unterschiede machen nicht nur Hongkongs Identität, sondern auch seine
Erfolge und Attraktivität aus. Auch dass dort Konflikte bisher meist mit
Kompromissen gelöst wurden. Dies gefährdet jetzt die Sturheit der schlecht
beratenen Regierung. Sollte sie sich jetzt mittels Polizeigewalt
durchsetzen, dürften viele Menschen die Stadt verlassen. Im vergangenen
Jahr hatten erstmals zwei Aktivisten aus Hongkong in Deutschland Asyl
erhalten. Findet Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam nicht bald zum
gesunden Menschenverstand zurück, dürften es hier bald mehr Flüchtlinge aus
Hongkong geben.
12 Jun 2019
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[1] /Traenengas-gegen-Massenprotest/!5602702
## AUTOREN
Sven Hansen
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Peking
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