# taz.de -- Kolumne Macht: Auf der chinesischen Eisenbahn | |
> China betreibt in Afrika eine Politik des Neokolonialismus – mit süßen | |
> Verlockungen. Doch eine Bahnlinie für Kenia ist niemals umsonst. | |
Bild: Endstation Nairobi: Ein von der chinesischen Regierung finanzierter Zug f… | |
Die Eisenbahn ist hübsch. Und auch komfortabel. Das haben die Chinesen | |
schon gut gemacht. | |
Ganz Kenia stieß einen kollektiven Seufzer der Erleichterung aus, als vor | |
zwei Jahren endlich die Verbindung zwischen der Hauptstadt Nairobi und der | |
knapp 500 Kilometer entfernten Küstenstadt Mombasa fertiggestellt war. | |
Verständlicherweise. Seit die alte, marode Bahnstrecke vor einigen Jahren | |
stillgelegt worden war, wurden auch sämtliche Frachtgüter vom größten Hafen | |
Ostafrikas auf der Straße transportiert. Die nicht nur für Kenia bestimmt | |
sind, sondern auch für Uganda, den Südsudan, Ruanda, Burundi, Äthiopien, | |
sogar für Teile des Kongo. Da kommt ganz schön viel Fracht zusammen. Seit | |
die in Teilen auf die Schiene verlagert wurde, ist alles viel entspannter. | |
Wie gut, dass es die netten Chinesen gibt. | |
Die haben die Eisenbahn den Kenianern hingestellt. Nicht geschenkt | |
allerdings. Sondern auf Pump. Insgesamt schuldet Kenia der Volksrepublik | |
China für Investitionen in die Verbesserung der Infrastruktur bereits mehr | |
als 5 Milliarden US-Dollar. Und wenn das Land die Kredite nicht | |
zurückzahlen kann? Ach was, das sind Sorgen für übermorgen. Wenn überhaupt. | |
Schließlich sind die Chinesen richtig freundlich und meinen es gut mit | |
Kenia. Sie sind nicht so arrogant wie die blöden Europäer. Anders als die | |
mischen sie sich nicht ständig in innere Angelegenheiten ein und kommen | |
sogar mit Diktatoren gut aus. | |
Ich kann verstehen, dass viele Leute in Afrika – auch solche, die | |
Diktatoren verabscheuen – die ständigen Ermahnungen europäischer Geldgeber | |
satthaben. Als ob es bei uns keine Korruption und | |
Menschenrechtsverletzungen gäbe. Aber was ist, wenn aus dem Übermorgen das | |
Heute wird? Und Kenia die Schulden eben wirklich nicht bedienen kann? Die | |
Hinweise mehren sich, dass die kenianische Regierung, die übrigens den | |
Chinesen den Auftrag zum Bau der Eisenbahn ohne Ausschreibung erteilt hat, | |
für diesen Fall den Hafen von Mombasa verpfändet hat. Sollte das stimmen, | |
dann wäre das nicht mit dem Verscherbeln von Tafelsilber vergleichbar. | |
Sondern mit dem Verschenken des gesamten Schlosses. | |
Wie gut es China tatsächlich meint, haben der kenianische Präsident Uhuru | |
Kenyatta und sein langjähriger Gegenspieler Raila Odinga vor zwei Wochen | |
erfahren dürfen. Gemeinsam waren sie nach Beijing gereist, um demonstrativ | |
die guten binationalen Beziehungen zu feiern. Sie waren noch auf dem | |
Rückflug, als die Bombe platzte: Eine bereits konkret geplante | |
Eisenbahnverbindung nach Kisumu am Victoriasee wird nun doch nicht gebaut. | |
Lohnt nicht, befanden die Chinesen. | |
Ich war gerade auf einer Geburtstagsfeier in Nairobi, als die Nachricht | |
kam. Flammende Empörung. Die fand und finde ich naiv. China lässt doch gar | |
keinen Zweifel an seinen Interessen: Das Land wünscht Rohstoffe – und | |
verbessert entsprechend diesem Wunsch die Infrastruktur. Kenia ist in | |
dieser Hinsicht nur und ausschließlich als geografisch günstig gelegener | |
Partner von Bedeutung. | |
Eine Stadt, die an einem riesigen See liegt, ist geografisch nicht günstig | |
gelegen. Die Eisenbahnverbindung von Nairobi nach Uganda soll übrigens | |
gebaut werden. Wen wundert’s. Das verkürzt die Transportwege zu Ländern, | |
die reicher mit Rohstoffen gesegnet sind als Kenia. China betreibt in | |
Afrika eine Politik des Neokolonialismus. Aber nicht mit Gewalt, sondern | |
mit süßen Verlockungen. Denen, zumindest bislang, niemand widersteht. „Nur | |
die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.“ Tja. So ist es wohl. | |
In Afrika bereitet sich gerade eine Tragödie vor. Die ist – dieses Mal – | |
selbst verschuldet. | |
12 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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