| # taz.de -- Koalitionsvertrag in Niedersachsen: Mehr Klimaschutz, kaum Begeiste… | |
| > Fridays for Future, Grüne Jugend, Polizeigewerkschaft und | |
| > Steuerzahlerbund: Am Koalitionsvertrag in Niedersachsen findet jeder ein | |
| > bisschen zu mäkeln. | |
| Bild: Stephan Weil (SPD) und Julia Willie Hamburg (Grüne) bei der Präsentatio… | |
| Hannover taz | Es ist wie immer nach der [1][Präsentation eines neuen | |
| Koalitionsvertrags]: In den Tagen danach beugen sich die Verbände über das | |
| Vertragswerk und formulieren ihr Lob oder ihre Kritik. | |
| Am deutlichsten meckern bisher Fridays for Future, Grüne Jugend – und der | |
| Bund der Steuerzahler, der eine Umgehung und Aufweichung der Schuldenbremse | |
| fürchtet. | |
| Ansonsten sind die Reaktionen eher verhalten, ein bisschen Lob gibt es von | |
| Gewerkschaften und Sozialverbänden, die sich endlich gehört fühlen. | |
| Die allgemeine Zurückhaltung ist kein Wunder: Der neue [2][rot-grüne | |
| Koalitionsvertrag ist] einigermaßen detailverliebt, formuliert an vielen | |
| Stellen aber auch nur Prüfaufträge und eher vage Absichtserklärungen. | |
| Trotzdem werden ein paar große Linien erkennbar. | |
| Klimaschutz und Energiewende erhalten ein deutlich größeres Gewicht. Vor | |
| allem die Grünen haben aus der Opposition heraus und im Wahlkampf auf mehr | |
| Tempo und konkretere Zielvorgaben gedrängt. Nun sollen grundsätzlich alle | |
| haushaltswirksamen Maßnahmen einem Klimacheck unterzogen werden, das | |
| niedersächsische Klimaschutzgesetz wird noch einmal überarbeitet. | |
| ## Kein Autobahnstopp | |
| Bis zum Jahr 2040 soll Niedersachsen klimaneutral werden – mit einem | |
| weiteren massiven Ausbau der Wind- und Solarenergie, aber auch mit dem | |
| Import von grünem Wasserstoff. | |
| Vor allem bei der Ausweisung der Windenergieflächen hat man einen | |
| Kompromiss geschmiedet: Die Grünen wollten 2,5 Prozent der Landesfläche | |
| festschreiben, die SPD fand 2,2 Prozent ausreichend: Gelandet ist man nun | |
| bei 2,2 Prozent. | |
| Wenn sich bei der jährlichen Überprüfung der Ausbauziele spätestens 2026 | |
| allerdings herausstellt, dass Niedersachsen die Zielmarke reißt, wird das | |
| Flächenziel auf 2,5 Prozent angehoben. | |
| ## Dritte Kraft in Kitas bleibt | |
| Der Koalitionsvertrag verzichtet allerdings darauf, den Kommunen und | |
| Kreisen die Zuständigkeit für die Ausweisung der Flächen aus der Hand zu | |
| nehmen, wie es etwa der SPD-Umweltminister in Mecklenburg-Vorpommern plant. | |
| Stattdessen ist viel von besserer Beratung, einer gemeinsamen „Taskforce | |
| Energiewende“, Mediation in Streitfällen und einer Pflicht für | |
| Anlagenbetreiber, Kommunen, Bürger*innen und lokale | |
| Energiegenossenschaften finanziell zu beteiligen, die Rede. | |
| Fridays for Future kritisieren hier vor allem, dass die Klimaschutzziele zu | |
| kleinschrittig seien. Sie hätten sich vor allem ein deutliches Aus für den | |
| umstrittenen Südschnellweg oder die A20 gewünscht – aber da verweist die | |
| künftige Landesregierung auf den Bund. Eine ähnliche Kritik formulierte der | |
| Naturschutzbund (Nabu), dem A20 und A39 ebenfalls ein Dorn im Auge sind. | |
| Mit großer Erleichterung hat die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien | |
| Wohlfahrtspflege darauf reagiert, dass Rot-Grün an der Einführung der | |
| dritten Fachkraft in Kitas festhält. Zuletzt hatten die kommunalen | |
| Spitzenverbände gefordert, die Einführung auszusetzen – sie kämpfen schon | |
| jetzt mit einem erheblichen Fachkräftemangel und befürchten, eine dritte | |
| Kraft nicht stemmen zu können. | |
| Die Einführung soll allerdings weiterhin [3][schrittweise über einen | |
| langgestreckten Stufenplan erfolgen] – wann die dritte Kraft tatsächlich | |
| zur Pflicht wird, ist dabei nicht einmal abzusehen – in dieser | |
| Legislaturperiode jedenfalls nicht. | |
| Zur Gewinnung von Fachkräften setzt man vor allem auf eine weitere | |
| Aufstockung der Ausbildungskapazitäten, aber auch Anwerbungen aus dem | |
| Ausland, von Quereinsteigern und Männern. Außerdem lautet hier (wie an den | |
| Schulen auch) das Zauberwort „multiprofessionelle Teams“, die pädagogischen | |
| Kräfte sollen von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. | |
| Als ähnliche Wunderwaffen werden die Querschnittsthemen Vereinfachung und | |
| Digitalisierung gehandelt. Für fast jeden nur denkbaren Bereich werden | |
| zusätzliche IT-Kräfte, digitale Plattformen und Monitoring-Tools gefordert | |
| – ein Rätsel bleibt, woher all diese Fachkräfte kommen sollen. | |
| ## Keine Polizeireform | |
| Die Grüne Jugend hätte sich außerdem ein paar mehr Fortschritte im Bereich | |
| Polizei und Recht gewünscht: „Wir sind enttäuscht darüber, dass es keine | |
| umfassende Reform der Polizei, kein Ticket-System gegen Racial-Profiling | |
| und auch keine tiefgreifende Überarbeitung des bestehenden Polizeigesetzes | |
| geben soll“, sagt Sprecherin Pia Scholten. | |
| Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte dagegen die geplante | |
| individualisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeikräfte mit ihrem | |
| Standardargument: „Generalverdacht“. | |
| 3 Nov 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rot-Gruen-in-Niedersachsen/!5888847 | |
| [2] https://www.spdnds.de/unser-koalitionsvertrag-sicher-in-zeiten-des-wandels/ | |
| [3] https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/ku… | |
| ## AUTOREN | |
| Nadine Conti | |
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