| # taz.de -- Klimapolitik im Nachbarland: Österreich wird Klimaziele reißen | |
| > Österreich hat seine CO2-Emissionen bisher kaum gesenkt. Seine | |
| > Umweltbehörde zeichnet nun für die Zukunft ein trübes Bild. | |
| Bild: Lachtal in der Steiermark: Österreich hat viel Ökostrom, wenn auch vor … | |
| Wien taz | [1][Österreich verschläft die Klimaziele]. Wenn sich in der | |
| Klimapolitik der konservativ-grünen Regierung in Wien nichts dramatisch | |
| ändert, leistet Österreich beim Klimaschutz bei Weitem nicht, was auf | |
| EU-Ebene vereinbart ist. Das geht aus dem Bericht „Treibhausgasemissionen | |
| Österreichs bis 2050“ des österreichischen Umweltbundesamtes (UBA) hervor, | |
| der bei der EU eingereicht, aber bisher nicht veröffentlicht wurde. Erst | |
| durch Medienberichte wurde er am Dienstag bekannt. | |
| Konkret geht es um den Teil der Emissionen, der nicht durch den | |
| Europäischen Emissionshandel reguliert wird. Der betrifft bislang | |
| Kraftwerke und Industrieanlagen. Andere Bereiche wie das Verkehrswesen oder | |
| das Heizen liegen in nationaler Verantwortung. Jedes einzelne Land hat auf | |
| EU-Ebene Vorgaben zur Reduktion dieser Emissionen. Wie stark diese sinken | |
| müssen, hängt vor allem von der Wirtschaftskraft ab. Wer mehr Geld hat, | |
| muss beim Klimaschutz schneller sein. | |
| Für Österreich heißt das: Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen in den | |
| fraglichen Bereichen auf 29 Millionen Tonnen sinken. Danach sieht es aber | |
| bisher nicht aus, zeigt der Bericht des Umweltbundesamts. Realistisch sind | |
| aus heutiger Sicht 41,69 Millionen Tonnen. Insgesamt sind die | |
| Treibhausgasemissionen in Österreich seit 1990 kaum gesunken. | |
| Die Fakten stehen also in krassem Widerspruch zum Regierungsabkommen | |
| zwischen ÖVP und Grünen aus dem Jahr 2020. Da ist von Klimaneutralität | |
| schon im Jahre 2040 die Rede. Das ist im europäischen Vergleich ein | |
| besonders ambitioniertes Ziel. Deutschland will 5 Jahre später klimaneutral | |
| sein, die EU als Ganzes erst 2050. Nicht einmal Letzteres wird Österreich | |
| aber aus heutiger Sicht schaffen, wenn die Regierung nicht weitere | |
| Maßnahmen beschließt. | |
| ## „Desaströses Szenario“ | |
| Im Bericht des als GmbH organisierten Bundesamtes, in dem Expertinnen und | |
| Experten auf Grundlage von Zahlen und Fakten Szenarien entwickeln, geht man | |
| vom WEM-Szenario („with existing measures“ – mit bestehenden Maßnahmen) | |
| aus. Da sind alle Gesetze und Maßnahmen erfasst, die bis Januar 2022 in | |
| Kraft oder beschlossen waren. Ein WAM-Szenario („with additional measures“ | |
| – mit zusätzlichen Maßnahmen) ist noch in Ausarbeitung, wie Ingeborg | |
| Zechmann, Pressesprecherin des UBA, erklärt. Das liefert dann Ideen für die | |
| Politik. | |
| Jasmin Duregger von Greenpeace Österreich sieht die konservative ÖVP als | |
| Teil der Regierung in der Pflicht. „Dieses desaströse Szenario zeigt die | |
| Klimaschutzblockade der ÖVP auf“, sagt sie. Tatsächlich werden | |
| Klimaschutzgesetze, die zum Teil seit Monaten beschlussfertig auf dem Tisch | |
| liegen, durch den größeren Koalitionspartner aufgehalten. Da ist allen | |
| voran das neue Klimaschutzgesetz, das ein altes, schon vor zwei Jahren | |
| abgelaufenes ersetzen muss. Es soll einen Pfad vorgeben, wie die | |
| Treibhausgase in einzelnen Sektoren sinken sollen und wie sich Bund, Länder | |
| und Gemeinden die Verantwortung aufteilen. Sanktionen sollen dafür sorgen, | |
| dass alle ihre Verantwortung ernst nehmen. | |
| Die ÖVP begründet ihre Blockadehaltung mit der Erzählung, Österreich tue | |
| schon genug, dieses Gesetz sei nicht notwendig. Ein besonderes Anliegen ist | |
| den Grünen das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz, das den Umstieg von alten fossile | |
| Heizungen auf moderne, klimafreundliche Alternativen regelt. Das ist im | |
| Kabinett schon beschlossen, doch für den Beschluss im Nationalrat bedarf es | |
| einer Zweidrittelmehrheit. Da muss also eine große Oppositionspartei | |
| gewonnen werden. Realistischerweise wird das die sozialdemokratische SPÖ | |
| sein, da die rechtsextreme FPÖ Klimaschutz für Hysterie hält. | |
| ## Etliche Problemzonen | |
| Von der ÖVP ist in Zukunft wenig Initiative zu erwarten. Getrieben von | |
| desaströsen Umfragewerten setzt sie lieber auf Technologie statt Verbote. | |
| Bundeskanzler Karl Nehammer hat jüngst mit Seitenhieb auf die Grünen in | |
| einer Rede gesagt, er halte nichts vom „Untergangsgerede“. Er macht sich | |
| lieber für die Zukunft des Verbrennungsmotors stark. Auf den Bericht des | |
| UBA gibt es nur eine schriftliche Reaktion: die ÖVP setze „auf Optimismus | |
| und und Fortschritt.“ Ministerin Leonore Gewessler von den Grünen verwies | |
| in einer schriftlichen Stellungnahme auf die Erfolge der letzten Jahre, die | |
| zum Teil im Bericht noch nicht berücksichtigt seien. Etwa die | |
| CO2-Bepreisung und Förderungen für Kesseltausch sowie Solaranlagen und | |
| Windräder. | |
| In Österreich stammt mit rund 75 Prozent jetzt schon ein hoher [2][Anteil | |
| des Stroms] aus erneuerbaren Quellen. Die Problemzonen liegen im Verkehr, | |
| der Industrie, der Landwirtschaft und in den Privathaushalten. Speziell in | |
| Wien wird vor allem mit Gas, in Einfamilienhäusern auf dem Land oft noch | |
| mit Öl geheizt. | |
| 25 Apr 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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