| # taz.de -- Kammerpräsidentin über Ärzte-Ausbildung: „Es geht um Grundvers… | |
| > Die Bremer Ärztekammerpräsidentin Heidrun Gitter regt an, einen | |
| > Medizinstudiengang zu gründen, der die Ausbildung von Pflegekräften und | |
| > Hebammen integriert. | |
| Bild: Geteilter Ansicht kann man darüber sein, ob Bremen einen neuen Medizinst… | |
| taz: Frau Gitter, braucht Bremen einen Medizinstudiengang? | |
| Heidrun Gitter: Ja, dringend – und zwar rede ich da jetzt vom Bundesland | |
| Bremen: Wir haben bundesweit zu wenige Medizinstudienplätze und der Bedarf | |
| steigt – auch, weil die jungen Ärzt*innen zu Recht die Möglichkeit eines | |
| Privatlebens neben ihrem Beruf einfordern. Die Zeiten, in denen es noch 24- | |
| und 36-Stunden-Dienste gab, sind vorbei. Eine Folge ist aber, dass wir | |
| weniger ärztliche Arbeitszeit zur Verfügung haben. | |
| Aber ließe sich diese Versorgungslücke nicht besser von etablierten | |
| Fakultäten füllen? | |
| Wir möchten durch einen Studiengang natürlich auch Mediziner*innen für | |
| Bremen gewinnen. Bislang hat uns der Ärztemangel noch einigermaßen | |
| verschont. Aber er kommt an, besonders an schwieriger zu besetzenden | |
| Standorten wie Bremerhaven. Vor allem haben wir hier aber bereits ein sehr | |
| gutes akademisches Know-how in verschiedenen Bereichen, auf die ein | |
| Medizinstudiengang zurückgreifen müsste, eine gute Klinik-Infrastruktur und | |
| die Möglichkeit, innovativ zu sein, indem wir den ambulanten Sektor in die | |
| Ausbildung einbinden und indem wir interprofessionell qualifizieren. | |
| Das heißt? | |
| Bremen muss sich ja auch in der Ausbildung für andere Gesundheitsberufe | |
| anstrengen. | |
| Also ein Medizinstudiengang sollte, wie die Linke fordert, auch Pflegende | |
| ausbilden? | |
| Das ist keine exklusive Idee der Linken. Es ist aber, unabhängig davon, wer | |
| ihn macht, ein sinnvoller Vorschlag. Die Ärztekammer hatte ihn schon bei | |
| der Zukunftskommission 2035 eingebracht. | |
| Und warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt für die Studienganggründung? | |
| Bremen muss die Pflegeausbildung neu aufstellen, auch um die | |
| Durchlässigkeit zu einem dualen Studium hinzukriegen, Bremen muss die | |
| Hebammenausbildung neu aufstellen, um sie dem EU-Recht anzupassen. Also | |
| wäre es einleuchtend, zu schauen, wie bekommt man dann auch die | |
| Mediziner*innenausbildung integriert. | |
| Und ein Geno-Krankenhaus würde Uni-Klinik? | |
| Bei der Geno muss man sich sowieso überlegen, wie man das eigene | |
| Medizinkonzept zukunftssicher aufstellen will. Es ist wirtschaftlich, aber | |
| auch von den bundesgesetzlichen Vorgaben her unausweichlich, | |
| hochspezialisierte Bereiche zu konzentrieren. | |
| Ein Beispiel? | |
| Gerne! Damit die Notaufnahme am Klinikum Bremen-Mitte weiter als | |
| Notaufnahme der Maximalversorgung von den Kostenträgern finanziert werden | |
| darf, brauchen wir dort eine Herz-Notfallversorgung. Das verlangt das | |
| Gesetz. Die gibt’s aber nur links der Weser. Man muss sich also überlegen: | |
| Wie setzt man die wenigen Mittel, die zur Verfügung stehen, sinnvoll ein … | |
| … und transferiert alles nach Mitte? | |
| Bremen hat sich vor vielen Jahren entschieden, den Standort Mitte | |
| auszubauen. Deshalb bietet sich an, die hochspezialisierten Leistungen dort | |
| zusammenzulegen. Das ist sinnvoll, denn für moderne Medizin, für die | |
| Behandlung komplizierter Krankheitsbilder, braucht man eine | |
| Strukturqualität. Man braucht Teams mit Erfahrung und Fachleuten aus | |
| mehreren Gebieten. Und man braucht Geräte. Beides kann man nicht an jedem | |
| Baumstamm vorhalten. Diese Konzentration muss man also vorantreiben. Wenn | |
| man das aber täte, hätte man auch eine Art Universitäts-Klinikum. Zugleich | |
| sollte man aber ein Konzept entwickeln, das Vertragsärzt*innen und die | |
| anderen Kliniken, die ja schon Lehrkrankenhäuser sind, in die Ausbildung | |
| einbezieht. Denn wir brauchen nicht nur hochspezialisierte | |
| Uni-Mediziner*innen. Wir brauchen normale Hausärzt*innen. Es geht um | |
| Grundversorgung. | |
| Die Senatorin will einen Medizinstudiengang, aber ohne Vorklinikum: Das | |
| senkt Kosten und Abbrecherquote und erhöht die Chance, Absolvent*innen | |
| abzuschöpfen: Ein guter Plan? | |
| Es ist ein total sinnvoller Vorschlag, zunächst mit dem klinischen Teil an | |
| den Start zu gehen – und möglichst bald. Denn noch gibt es | |
| Überhangzulassungen im Medizinstudium, also Studierende, die nur bis zur | |
| ersten Hauptprüfung, einen Studienplatz haben, danach aber nicht mehr. In | |
| die Lücke könnte Bremen noch schnell mit diesem Modell reinstoßen, das | |
| kostengünstig in kürzester Zeit umsetzbar wäre. Dann könnte man in Ruhe | |
| gemeinsam mit den einschlägigen Studiengängen an der Uni und den | |
| Hochschulen schauen, was können wir als moderne Vorklinik entwickeln. | |
| Jacobs University (JUB) und Geno schlagen den umgekehrten Weg vor. Die | |
| wollen von unten aufbauen … | |
| Ich habe davon gehört und wundere mich: Man müsste ja sehr, sehr | |
| leistungsfähig unterwegs sein, um das so aus dem Boden zu stampfen. Ich | |
| halte das für extrem ambitioniert. | |
| Na, die wollen doch schon 2020 loslegen. | |
| Ich setze da meine Fragezeichen. Grundsätzlich glaube ich aber ohnehin, | |
| dass die Ausbildung von angehenden Ärzt*innen einen breiten | |
| gesellschaftlichen Rückhalt braucht. Politik darf so etwas nicht aus Angst | |
| vor Problemen an eine private Hochschule mit wechselnden | |
| Geschäftsführer*innen abschieben. | |
| Allerdings klingt der Kostenentwurf von JUB und Geno verführerisch: Nur 18 | |
| Millionen Euro jährlich für den Betrieb! Darf sich Bremen so ein | |
| Schnäppchen entgehen lassen? | |
| Ich halte das mit einem solchen Budget für völlig utopisch, und wenn die | |
| Bürger*innen auf etwas keine Lust mehr haben, dann sind das solche Spiele | |
| mit Zahlen, die nicht ehrlich sind. Man muss den Leuten vorrechnen: Das | |
| kostet es, und das bekommt ihr dafür. Das ist ein fairer Weg. Anders | |
| riskiert man, zu scheitern. Das sieht man an Oldenburg: Dort wurde | |
| versucht, den Investitionsbedarf kleinzurechnen. Die Folge ist, dass sie | |
| immer noch Schwierigkeiten haben. Wir in Bremen haben deutlich bessere | |
| Voraussetzungen, um einen klinischen Studiengang zu initiieren. Es wäre aus | |
| meiner Sicht schwachsinnig, die nicht zu nutzen. Wir hätten hier das Zeug, | |
| richtig gute Mediziner*innen auszubilden. | |
| 26 Nov 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Benno Schirrmeister | |
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