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# taz.de -- Gesundheits-Ökonom über Ärzte-Studium: „Für Bremen nicht zu m…
> Der Gesundheitsökonom Norbert Schmacke rät, Bremens Fantasien von einem
> Medizin-Studiengang fallen zu lassen. Es gebe Alternativen.
Bild: Gemeinsame Geschichte: Geburtshilfe- und Medizin-Lehre
taz: Braucht Bremen einen Medizinstudiengang, Herr Schmacke?
Norbert Schmacke: In dieser Diskussion sollte man erst einmal in den Fokus
rücken, was wir wollen: Die einen glauben, mit der Einrichtung einer
[1][Ärzte-Fakultät in Bremen, Leuchttürme] in der klinischen Medizin
schaffen zu können. Da kann ich nur sagen: Erbarmen! Die Geno hat genug
damit zu tun, zu überleben. Die kann nicht Leuchtturm spielen. Die muss
selbst erst einmal die Klippen umschiffen. Die anderen sagen, wir brauchen
Ärzt*innen in den schwieriger zu besetzenden Regionen. Das ist eine eigene
Debatte.
Droht denn ein Ärztemangel?
Man darf sich in dieser Frage nicht ins [2][Bockshorn] jagen lassen. Wir
haben im jetzigen System Schwierigkeiten, bestimmte Sitze an bestimmten
Standorten wieder zu besetzen. Davon sind aber Städte wie Bremen noch kaum
betroffen. Das zeigt sich eher in Flächenländern wie
Mecklenburg-Vorpommern…
Bremerhaven gilt aber schon auch als schwierig?
Schwieriger als die Stadt Bremen, das trifft zu. Und in manchen Bremer
Stadtteilen ist es ähnlich: Weil jüngere Leute da nicht so gerne hin
wollen. Die knubbeln sich regelrecht in den Innenstadtbereichen. Insofern,
wenn man über vermeintlichen Ärztemangel in Bremen spricht, sollte man
überlegen, was sich unternehmen lässt, damit jüngere Leute motiviert werden
können, sich an solchen primär nicht beliebten Standorten niederzulassen.
Was ist Ihr Vorschlag?
Wir müssen um die werben. Man kann ja niemanden gewaltsam nach Bremerhaven
zerren oder nach Gröpelingen.
Mit Prämien?
Die gucken nicht nur aufs Geld. Ich glaube, man müsste mit den Ärzt*innen,
die in der Weiterbildung sind oder im Betrieb eines der Lehrkrankenhäuser
Kontakt aufnehmen und gemeinsam überlegen: Was kann die Arbeit in diesen
ach!, so schwierigen Stadtteilen attraktiver machen? Das mag anstrengend
sein, aber diese Mühe muss man auf sich nehmen.
Manche glauben, ein Studiengang Medizin wäre die richtige Lösung: Heidrun
Gitter, die Präsidentin der Ärztekammer, regt an, ihn auf Allgemeinmedizin
fokussiert zu konzipieren…
Das ist prinzipiell eine vernünftige Idee. Man muss aber fragen: Wie viel
Aufwand müsste Bremen betreiben, um da hin zu kommen? Und den halte ich für
viel zu groß. Denn die Geno-Kliniken sind nicht darauf ausgerichtet,
Allgemeinmediziner*innen auszubilden. Da sollte man meiner Ansicht nach
eher gucken, wie man mit [3][Hannover] oder [4][Göttingen] ins Geschäft
kommt, die exzellente Allgemeinmedizinische Lehrstühle haben, und die
Zusammenarbeit verbessern.
Warum ist das leichter, als hier Hausärzte auszubilden?
Ein Fokus Hausarztmedizin setzt ja ein entsprechendes Curriculum voraus.
Bei dem müssten hier die Geno-Chefärzte mitmachen. Die haben aber von
Hausarztmedizin meist keine Ahnung.
Und das ist so kompliziert?
Schon allein die Studierenden mit dem Thema Kommunikation und Techniken der
Gesprächsführung vertraut zu machen, das elementar ist für den
Hausarztbereich – das müsste hier alles sehr mühsam aufgebaut werden, von
Null. Das ist ein unglaublicher Aufwand. Das ist am Ende des Tages nicht
sinnvoll.
Auch weil die begrenzte Ressource Geld in anderen Bereichen sinnvoller
angelegt wäre?
Bremen hat wirklich keinen Euro zu verschenken. Wenn ich mich entscheide,
in den Bereich medizinischer Versorgung zu investieren, ist die Pflege
mindestens so wichtig, wie auf die Ärzte zu gucken: Wie schaffen wir es,
dass Bremen im heftigen Konkurrenzkampf zwischen den Kliniken genügend
motivierte und qualifizierte Pflegekräfte rekrutieren kann – die Frage
spielt in der Diskussion höchstens eine untergeordnete Rolle. Sobald aber
dieser Begriff Ärztemangel auftaucht, erstarren viele regelrecht – wie
schockgefrostet. Von dieser Panikreaktion muss man sich lösen.
Um stärker das Gesamtbild in den Blick zu bekommen?
Ja, genau. Gute medizinische Versorgung hängt nicht nur davon ab, wie viele
Doktoren man hat.
Auch deshalb hatte Ärztepräsidentin Gitter ja angeregt, einen Studiengang
ausgehend von [5][der erforderlichen] Akademisierung der Pflege- und
Hebammenausbildung zu entwickeln: Klingt das nicht charmant?
Doch, das klingt total verlockend. Man muss aber wissen, dass es in
Deutschland und weit darüber hinaus noch kein Modell einer solchen
multiprofessionellen Ausbildung gibt. Das müsste Bremen völlig neu
schöpfen. Und da sage ich, auch als überzeugter Bremer: Kümmern wir uns
doch lieber um Sachen, die wir stemmen können. Stemmen kann man eine
bessere Strukturierung der [6][Weiterbildung], stemmen kann man die
[7][Akademisierung] der Pflege. Das ist ein wichtiger Beitrag. Aber ein
solcher interdisziplinärer, multiprofessioneller Studien- und
Ausbildungsgang, das ist so anspruchsvoll, da braucht man so viel Personal
– das ist für Bremen nicht zu machen.
Und beim Ärztenachwuchs vertrauen wir darauf, dass es schon gut gehen wird?
Nein. Das wäre falsch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses System
der Einzelpraxen gerade in Stadtteilen, die sehr bunt sind, noch lange
funktioniert. Ich denke, hier müssten die Ärzt*innen künftig stärker
eingebunden sein in ein Netzwerk, von dem sie wissen: Es trägt sie. Sonst
haben sie das Gefühl, sie gehen in diesen Anforderungen unter, die eine
Praxis in einem Stadtteil mit vielfältigen Sozial- und Gesundheitslagen mit
sich bringt. Über so etwas wird in Bremen aber gar nicht diskutiert.
14 Dec 2018
## LINKS
[1] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-cdu-will-medizinst…
[2] https://www.xn--hausrztemangel-8hb.info/%C3%A4rztemangel-fakt-oder-fiktion/
[3] https://www.mh-hannover.de/allgemeinmedizin.html
[4] http://www.allgemeinmedizin.med.uni-goettingen.de/
[5] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv%3AOJ.L_.2013.35…
[6] https://www.gesundheitnord.de/medizin-pflege/facharzt-allgemeinmedizin.html
[7] https://www.hebammenverband.de/beruf-hebamme/akademisierung/
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
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