| # taz.de -- Kämpfe in Libyen: Erdoğans neuer Kriegsschauplatz | |
| > Die Türkei will dem Vorrücken von General Haftar in Libyen nicht länger | |
| > zusehen. Erdoğan will nun auch Kampfpanzer in das Land schicken. | |
| Bild: Verbündete: Sarradsch und Erdoğan | |
| Istanbul taz | Am Samstagabend hat das türkische Parlament einem | |
| Militärabkommen mit Libyen zugestimmt, das es der Regierung erlaubt, | |
| Militärberater, Ausbilder und Waffen aller Art nach Libyen zu schicken. Die | |
| Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan will damit die international | |
| anerkannte libysche Regierung von Ministerpräsident Fajis Sarradsch gegen | |
| den Warlord General Chalifa Haftar unterstützen, der seit Monaten versucht, | |
| die libysche Hauptstadt Tripolis zu erobern. | |
| Mehrfach hatte Haftar bereits den [1][Sturm auf Tripolis] angekündigt, war | |
| aber immer spätestens in den Vororten an den mit der Regierung verbündeten | |
| Milizen gescheitert. Erst seit russische Söldner an Haftars Seite | |
| auftauchten und Ägypten und die Arabischen Emirate ihre Unterstützung | |
| intensivierten, rückte ein Erfolg in greifbare Nähe. | |
| Verhindert wurde ein weiteres Vorrücken Haftars bereits in den vergangenen | |
| Monaten durch türkische Waffenlieferungen an das Sarradsch-Lager. Nun will | |
| Erdoğan seine Unterstützung massiv erhöhen. „Wir können nicht länger | |
| zuschauen, während von Moskau gesponserte Söldner Haftar unterstützen“, | |
| sagte er am Samstag. Letzten Donnerstag hatte die Sarradsch-Regierung die | |
| Türkei und vier weitere Länder, darunter Italien, um Unterstützung gebeten. | |
| Ankara hat bislang schon gepanzerte Fahrzeuge, Drohnen und panzerbrechende | |
| Raketen an Sarradsch geliefert; jetzt sollen auch Kampfpanzer dazukommen. | |
| Außerdem will Erdoğan mehr Soldaten nach Tripolis schicken, die dort als | |
| Berater und Ausbilder die regierungstreuen islamistischen Milizen zu einer | |
| kampfstarken Truppe machen sollen. „Wir können auch eigene Kampftruppen | |
| schicken“, sagte er. Dem müsste das Parlament allerdings gesondert | |
| zustimmen. | |
| ## Opposition gegen „Libyen-Abenteuer“ | |
| Anders als den [2][Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien] im Oktober | |
| dieses Jahres unterstützt die türkische Opposition das „Libyen-Abenteuer“, | |
| wie Oppositionsführer Kılıçdaroğlu sagte, nicht. „Was haben wir in Libyen | |
| zu suchen?“, wollte er von Erdoğan am Samstag im Parlament wissen. | |
| Doch Erdoğan hat verschiedene Gründe, sich in Libyen zu engagieren. Zum | |
| einen steht seine Regierung der islamisch geprägten Sarradsch-Regierung in | |
| Tripolis ideologisch nahe. Wichtiger aber ist das Kräftegleichgewicht im | |
| östlichen Mittelmeer: Zur Ausbeutung der Öl- und Gasvorräte im Mittelmeer | |
| haben sich Ägypten, Israel, Zypern und Griechenland zu einer Allianz | |
| zusammen geschlossen, die die Türkei ausdrücklich ausschließt. | |
| Als Preis für die militärische Unterstützung hat die Sarradsch-Regierung | |
| Ende November ein weiteres Abkommen mit der Türkei unterzeichnet, in dem | |
| beide Länder exklusive Wirtschaftszonen im östlichen Mittelmeer für sich | |
| abstecken, von denen wiederum Griechenland, Zypern, Israel und Ägypten | |
| ausgeschlossen sind. | |
| Griechenland hat dagegen umgehend bei den Vereinten Nationen protestiert | |
| und wird dabei von der EU unterstützt. Auch die deutsche | |
| Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die in der vergangenen | |
| Woche Zypern besuchte, versicherte den griechischen Zyprioten ausdrücklich | |
| ihre Unterstützung. | |
| ## Gegenspieler Putin | |
| Doch das stört Erdoğan wenig. Entscheidender für ihn ist, dass Russland – | |
| wie zunächst auch in Syrien – wieder auf der Gegenseite steht und General | |
| Haftar unterstützt. Letzte Woche war bereits eine türkische Delegation in | |
| Moskau, um mit Putin nach einer gemeinsamen Lösung in Libyen zu suchen – | |
| bislang ohne Erfolg, sonst hätte Erdoğan nicht öffentlich den Einsatz | |
| russischer Söldner in Libyen beklagt. | |
| Doch die Gespräche zwischen Moskau und Ankara laufen weiter: Am 8. Januar | |
| kommt Putin ohnehin nach Ankara, um eine russisch-türkische Öl-Pipeline, | |
| die durch das Schwarze Meer verläuft, einzuweihen. | |
| Unterdessen eskaliert der Konflikt vor Ort. Am Sonntag haben Truppen von | |
| General Haftar vor der Küste Libyens einen Frachter gestoppt und | |
| abgeschleppt, der zwar unter der Flagge von Grenada fuhr, aber eine | |
| türkische Besatzung hat und möglicherweise Waffen für Tripolis | |
| transportiert – ein Grund mehr für Erdoğan, sein militärisches Engagement | |
| zu intensivieren. | |
| 22 Dec 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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