# taz.de -- Kältebus-Fahrer über seine Erlebnisse: „Da ist jemand, der guck… | |
> Seit Samstag fährt der Kältebus der Alimaus und kümmert sich um | |
> Obdachlose in Hamburg. Ein Gespräch mit einem der Fahrer über seine | |
> nächtlichen Erlebnisse. | |
Bild: Auf „schwammig“ festgelegten Routen unterwegs: Joachim Behrens im Kä… | |
taz: Herr Behrens, Sie fahren seit Samstag den Kältebus – kann den jeder | |
anrufen? | |
Joachim Behrens: Ja. Es funktioniert so: Wir werden angerufen. Jemand | |
berichtet, dass zum Beispiel an der Sternschanze jemand liegt und sich | |
nicht mehr rührt. Dann fahren wir dahin und schauen, was mit ihm oder ihr | |
ist. Wenn er oder sie nicht mehr ansprechbar ist, rufen wir den | |
Rettungswagen. Wenn er oder sie ansprechbar ist, können wir klären, ob ihm | |
kalt ist oder wir etwas für ihn tun können, beispielsweise ins | |
Winternotprogramm fahren, ihm einen Schlafsack, eine Isomatte oder „nur“ | |
einen heißen Tee geben. | |
Was genau macht der Kältebus? | |
Der Kältebus fährt eine mehr oder weniger vorgefertigte Tour. Aber wir | |
haben ein Telefon an Bord, die Nummer steht auf dem Kältebus drauf und ist | |
im Internet zu finden, da kann angerufen werden. Wir verteilen auch Flyer, | |
wo die Kältebusnummer drauf steht, wir haben die Nummer den Infoschaltern | |
der Bahn, der S-Bahn-Security am Hauptbahnhof und an der Sternschanze | |
gegeben. Und das verteilt sich wie ein Schneeballeffekt, es läuft also | |
wunderbar! | |
Fährt man immer wieder zu den gleichen Stellen? | |
Wir fahren ja eine schwammig festgelegte Route, wir werden durch Anrufe und | |
Hinweise ja auch zu neuen Orten geschickt, aber da wir schon jetzt ein paar | |
Mal zu den gleichen Orten gefahren sind, sehen das auch die Obdachlosen. | |
Die finden das ganz toll, da ist jemand, der guckt jeden Tag nach. | |
Warum gibt es den Bus gerade jetzt? | |
Der Kältebus ist eine Initiative von der Alimaus, dem Hamburger Gabenzaun, | |
den Bergedorfer Engeln, dem Johanniter Gesundheitsmobil und einigen anderen | |
und wurde aufgrund dessen, dass in diesem Winter schon vier Obdachlose | |
erfroren sind, ins Leben gerufen. Ronald Kelm, unter anderem einer der | |
Organisatoren des Johanniter Gesundheitsmobils, hat mit Christiane | |
Hartkopf, der Leiterin der Obdachlosenhilfe Alimaus, zusammen gearbeitet | |
und die zwei haben relativ schnell die Mittel bekommen und ein Team | |
zusammengestellt. | |
Welche Mittel? | |
Den Bus zum Beispiel, der Bus ist von Auto Wichert günstiger zur Verfügung | |
gestellt worden. Initiator ist die Alimaus, die sammeln Spenden für die | |
Versorgung des Busses. | |
Sie waren jetzt drei Nächte unterwegs, haben Sie auch negative Erfahrungen | |
gemacht? | |
Nein. Wir hatten bisher wirklich positive Erfahrungen. Da meine Frau am | |
Samstag hinten saß, hat sie auch öfter gesehen, wie vorbeifahrende Autos | |
uns einen Daumen hoch gegeben haben. Gut, eine kleine negative Erfahrung | |
haben wir gemacht: Wir sind in Schneckentempo durch die Lange Reihe | |
gefahren, um zu schauen ob bei den Eingängen jemand liegt, und dann hat | |
sich beim Halten an einer Ampel ein wildgewordener Taxifahrer hinter uns | |
aufgeregt. | |
Gibt es Voraussetzungen für die „Behandlung“ oder Mitnahme eines | |
Obdachlosen? | |
Das muss man von Fall zu Fall selbst entscheiden. Deshalb ist die Besetzung | |
des Busses auch entweder erfahren in der Obdachlosenhilfe oder medizinisch | |
erfahren. In der ersten Nacht bin ich mit meiner Frau und einer | |
Krankenschwester gefahren, die dann schon gut wussten, was zu machen ist. | |
Wir sehen: Müssen wir einen Arzt anrufen? Müssen wir ihn ins | |
Winternotprogramm fahren? Oder ist er „nur“ betrunken? Kann sich aber | |
selbst helfen? Aber es gilt immer: Wenn er nicht will, will er nicht, man | |
kann niemanden zwingen. | |
Man kann sich auch einfach weigern? | |
Ja, natürlich! Wir greifen niemanden auf und fahren ihn gegen seinen Willen | |
irgendwohin. | |
Macht es einen Unterschied, wenn jemand volltrunken ist? | |
Ein Obdachloser, der volltrunken ist, ist ja kein anderer Mensch nur weil | |
er getrunken hat. Eher ist aber die Schwierigkeit: Spricht er deutsch? | |
Können wir irgendwie kommunizieren? Relativ viele Osteuropäer sprechen ihre | |
Sprache und mehr nicht. Und wenn dann noch jemand volltrunken ist, wird’s | |
echt schwierig. | |
Ist das eine nachhaltige Lösung? | |
Der Kältebus ist sicherlich nicht genug für Hamburg. Die Veröffentlichungen | |
der Stadt sagen, es gibt offiziell über 2.000 Obdachlose in Hamburg, wie | |
immer ist die Dunkelziffer natürlich wesentlich größer. Es muss viel mehr | |
für die Obdachlosen getan werden. | |
Was wären für Sie Lösungsansätze? | |
Dass sich der Hamburger Senat vielleicht mal mit den ganzen großen | |
Vereinigungen zusammensetzt und sagt „Hey, ihr seid doch die Leute von der | |
Basis. Was kann man tun? Was schlagt ihr vor?“ | |
9 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Frieda Ahrens | |
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