# taz.de -- Obdachlose in Hamburg: Türen auf für junge Leute | |
> Sozialbehörde eröffnet am Montag Unterkunft für junge Obdachlose mit 40 | |
> Plätzen in Harburg. Es gebe eine Warteliste, aber auch noch freie Plätze | |
Bild: Hamburg will was dagegen tun, dass junge Menschen auf der Straße landen | |
Hamburg taz | Auch junge Leute geraten in Obdachlosigkeit, das zeigen die | |
Zahlen des Winternotprogramms. Über 700 Personen, die dort im vergangen | |
Winter unterkamen, waren 18 bis 25 Jahre alt. Und auch im Dezember 2018 | |
waren es bereits 193 junge Erwachsene, die über Nacht in diesem Provisorium | |
vor der Kälte Schutz suchten. „Junge Menschen sollten nicht auf er Straße | |
landen“, findet Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). „Hamburg tut etwas | |
dagegen.“ | |
Donnerstag früh im Schneegriesel durfte die Presse nun sehen, was, und eine | |
neue Unterkunft in Harburg inspizieren, die am Montag ihre Tür für junge | |
Obdachlose öffnet. Es handelt sich um einen großen Backsteinbau, die | |
ehemalige Polizeiwache an der Nöldekestraße, vis à vis der alten | |
Phönix-Werke, die auch schon mal Freizeitzentrum und Flüchtlingsunterkunft | |
war. | |
„Die Handwerker sind gerade raus“, berichtet Leonhards Sprecher Martin | |
Helfrich. Die Räume seien riesig und mit bunten Farben gestrichen. Über | |
vier Etagen verteilen sich die Unterkünfte. Vorgesehen sind Einzelzimmer | |
für 40 junge Männer, die etwa WG-Zimmer-Größe haben. | |
## Abschließbare Eisschränke | |
Es gebe aber auch Zimmer mit zwei Betten als vorauseilendes Provisorium, | |
„für den Fall, dass man Spitzen ausgleichen muss“, sagt Helfrich. Auf jeder | |
Etage gibt es eine Küche, die sogar abschließbare Gefrierfächer für jeden | |
einzelnen hat, damit es keinen Streit um die Tiefkühlpizza gibt. | |
Für Betreuung durch Sozialarbeiter sei gesorgt, auch nachts sei jemand da. | |
Ziel des „Jungerwachsenenprojekts“, kurz JEP, das gemeinsam von Fördern & | |
Wohnen und dem Landesbetrieb Erziehung (LEB) betrieben wird, sei es, die | |
jungen Leute in eine eigne Wohnung oder eine Folgeeinrichtung zu vermitteln | |
und auch ihre Lebenssituation zu verbessern, wozu die Aufnahme einer | |
Schulausbildung oder einer Beschäftigung gehöre. | |
## In der U-Bahn statt im Bett | |
Ein erstes JEP mit 19 Plätzen gibt es bereits seit zehn Jahren an der | |
Hinrichsenstraße im zentral gelegenen Hohenfelde. Im Schnitt wohnen die | |
jungen Männer dort sieben Monate. Von den 19 zuletzt dort Untergebrachten | |
seien vier jetzt in Wohnungen vermittelt worden, einer sogar wieder zu den | |
Eltern gezogen, berichtet Helfrich. Die 15 übrigen ziehen am Montag nach | |
Harburg in die alte Wache. Die freien Zimmer in der Hinrichsenstraße sollen | |
für junge Frauen ohne Bleibe bereit stehen. | |
Es gebe schon eine Warteliste, räumt Helfrich ein, aber auch noch freie | |
Plätze. Wer ins JEP will, muss sich bei einer der sieben bezirklichen | |
„Fachstellen für Wohnungsnotfälle“ melden, die zuerst den Anspruch auf ei… | |
öffentliche Unterbringung „prüfen“, wie es heißt. Die Aufnahme in das | |
Projekt geschehe dann in Absprache mit dem stadteigenen Träger Fördern & | |
Wohnen. | |
Sozialsenatorin Leonhard sieht im JEP-Konzept, das bei weiter anhaltenden | |
Bedarf im Herbst um eine dritten Standort ergänzt werden soll, die Antwort | |
auf das Problem junger Obdachloser. Doch es gibt Kritik daran, weil das JEP | |
nicht jederzeit für jeden offen ist. | |
Seit 15 Jahren schon fordern die im „Arbeitskreis Wohnraum für junge | |
Menschen“ zusammengeschlossen Sozialarbeiter eine eigene Notschlafstelle | |
für diese Altersgruppe, am besten dezentral in kleinen Einheiten in den | |
Bezirken. „Wir haben hier die jungen Menschen sitzen, die von zu Hause | |
rausfliegen, und können denen nichts anbieten“, klagt Sozialarbeiterin | |
Heike Lütkehus vom Projekt Hude für wohnungslose Jugendliche im Bezirk | |
Nord. Die führen dann den ganzen Tag Bahn, um es wenigstens warm zu haben. | |
Im Sommer verteilten die Sozialarbeiter Zelte. | |
Auch Streetlife in Rahlstedt berichtet „von jungen Menschen, die nicht | |
wissen, wo sie schlafen sollen, und die Nacht in U- und S-Bahn verbringen“. | |
Die Notschlafstelle sei wichtig, um die jungen Leute überhaupt erst mal zu | |
erreichen. Das über eine Warteliste gesteuerte JEP, in dem die jungen Leute | |
zudem drogenfrei sein müssen, sei zu „hochschwellig“, kritisieren jedoch | |
die Streetworker. | |
1 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Melanie Leonhard | |
Hamburg | |
Obdachlosigkeit | |
Sozialpolitik | |
Fremd und befremdlich | |
Obdachlosigkeit | |
Obdachlosigkeit in Hamburg | |
Melanie Leonhard | |
Obdachlosigkeit in Hamburg | |
Sozialarbeit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Junge bettelnde Männer in der S-Bahn: Am Ende | |
Mir ist die Begegnung mit jungen Bettlern in der S-Bahn oft unangenehm. Es | |
ist nicht nur der Umstand, dass sie betteln, es ist, wie sie es tun. | |
Diskussion über Wohnungsnot: Hamburg lässt Volljährige allein | |
Im August zählten Sozialarbeiter in der Stadt über 300 junge Wohnungslose. | |
Die Dunkelziffer sei höher, warnen Fachleute und haben konkrete | |
Forderungen. | |
Obdachlose in Hamburg: Neue Hilfe auf der Straße | |
Das stadteigene Unternehmen Fördern & Wohnen beschäftigt jetzt auch | |
Straßensozialarbeiter. Dadurch sollen mehr Obdachlose Beratung erhalten. | |
Obdachlose in Hamburg: Doppelt so viele wie vor neun Jahren | |
Wohlfahrtsverbände und die Sozialsenatorin deuten die Ergebnisse der | |
jüngsten Obdachlosen-Befragung in weiten Teilen sehr unterschiedlich. | |
Kältebus-Fahrer über seine Erlebnisse: „Da ist jemand, der guckt“ | |
Seit Samstag fährt der Kältebus der Alimaus und kümmert sich um Obdachlose | |
in Hamburg. Ein Gespräch mit einem der Fahrer über seine nächtlichen | |
Erlebnisse. | |
Umgang mit Jugendlichen ohne Bleibe: Notfalls untergebracht | |
Für junge Erwachsene ohne Bleibe gibt es keine spezielle | |
Übernachtungsstätte. Die Sozialbehörde verweist auf das Pik As für | |
obdachlose Männer. Sozialarbeiter warnen. |